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E-MobilitätKritik an Regierungsplänen für Ladeinfrastruktur

Solaranlage mit Ladestationen für Elektroautos von Naturstrom.
Der Aufbau von Lade- und Leitungsinfrastruktur für E-Autos auf Stellplätzen größerer Gebäude ist dringend notwendig, um die E-Mobilität voranzubringen. Am besten mit dem eigenen Solardach. (Foto: © NATURSTROM AG)

Der Aufbau von Lade- und Leitungsinfrastruktur für E-Autos auf Stellplätzen größerer Gebäude soll künftig vorgeschrieben werden. Dies sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor. Die Regelung gehe längst nicht weit genug, sagen Kritiker.

03.04.2020 – Sieben bis zehn Millionen Elektrofahrzeuge sollen in Deutschland bis im Jahr 2030 zugelassen sein. Um dieses Ziel des Klimaschutzprogramms zu erreichen, braucht es eine ausreichende Zahl an Ladestationen. Laut dem neuen Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) müssen künftig auf den Parkplätzen größerer Neubauten mehr Lademöglichkeiten für E-Autos vorgesehen werden. Einen entsprechenden Gesetzentwurf verabschiedete das Bundeskabinett in der ersten Märzwoche. Werden Wohngebäude mit mehr als zehn Stellplätzen gebaut oder umfassend renoviert, müssen künftig alle Stellplätze mit Schutzrohren für Elektrokabel ausgestattet werden. Bei Nicht-Wohngebäuden muss mindestens jeder fünfte Stellplatz entsprechend ausgerüstet und mindestens ein Ladepunkt errichtet werden.

Ab 2025 muss jedes nicht zum Wohnen genutzte Gebäude mit mehr als zwanzig Stellplätzen mit mindestens einem Ladepunkt ausgestattet werden. Ausnahmen sind unter anderem für Gebäude vorgesehen, die kleinen und mittleren Unternehmen gehören und überwiegend von ihnen selbst genutzt werden. Das GEIG soll 2021 in Kraft treten, wobei die Umsetzungsfristen bis Anfang 2025 laufen.

Die von der Bundesregierung vorgesehene Regelung setzt EU-Vorgaben, genauer die EU Gebäude-Richtlinie 2018/844 1:1 in nationales Recht um. Und hier setzt denn auch die Kritik von Bundesländern, Verbänden und der Opposition an.

„Um den Aufbau privater Ladestationen anzukurbeln, reicht es bei Weitem nicht aus, nur die Mindestvorgaben der EU-Richtlinie umzusetzen", sagt Stephan Kühn, Sprecher für Verkehrspolitik der Grünen-Bundestagsfraktion. „Die Weigerung der Bundesregierung, bei neuen Gebäuden deutlich mehr Lademöglichkeiten vorzugeben, wird die Elektromobilität in Deutschland langfristig ausbremsen. Der Schwellenwert von derzeit zehn Parkplätzen muss gesenkt werden, damit die Regelung nicht nur bei großen Neubauprojekten greift. Auch die pauschale Ausnahme von unternehmenseigenen Gebäuden hemmt den Durchbruch der Elektromobilität." Jetzt liege es am Parlament, diesen gänzlich ambitionslosen Gesetzentwurf zu retten, so Kühn, „denn der Hochlauf der Elektromobilität erfordert mehr als nur Leerrohre und vereinzelte Ladestationen."

Auch der neue Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) Ingbert Liebing kritisiert:

„Leider hat die Bunderegierung hier die Möglichkeit verpasst, über eine reine Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie hinauszugehen. Aus VKU-Sicht wären mehr vorgeschriebene Ladepunkte für Bestandsgebäude oder kürzere Umsetzungsfristen notwendig. Wenn wir die Klimaziele auch im Verkehrssektor erreichen wollen, brauchen wir ein ambitionierteres Vorgehen beim Ausbau der Ladeinfrastruktur.“   

„In Anbetracht der Gebäudelebensdauern und der Nähe des Zieljahrs 2030 mit sieben bis zehn Millionen Elektrofahrzeugen wird der vorliegende Gesetzesentwurf den Zielen der Bundesregierung zum Hochlauf der Elektromobilität nicht gerecht. Durch den Schwellenwert von mehr als zehn Stellplätzen bei Gebäuden sind zum Beispiel Ein- und Zweifamilienhäuser nicht einmal bei der preisgünstigen Ausstattung mit Kabeln bzw. Leerrohren erfasst. Hier könnten durch das verbindliche Mitplanen von Leitungsinfrastruktur für Ladeeinrichtungen von vorneherein spätere und dann höhere Nachrüstkosten vermieden werden. Das gilt gleichermaßen auch für Nicht- Wohngebäude“, heißt es in einem Schreiben von Uwe Lahl, Amtschef des Baden-Württembergischen Verkehrsministeriums, an Staatssekretär Andreas Feicht im zuständigen Bundeswirtschaftsministerium (BMWi).

Zudem verweist Lahl darauf, dass durch die unzureichende Regelung des Bundes weitergehende Regelungen der Länder rechtlich ausgebremst würden. So plane Baden-Württemberg in einer novellierten Garagenverordnung für jeden notwendigen Kfz-Stellplatz von Wohngebäuden Schutzrohre vorzuschreiben. Bei notwendigen Stellplätzen für Nicht-Wohngebäude soll dies für jeden zweiten Stellplatz gelten. In Garagen von Nicht-Wohngebäuden soll zukünftig mindestens jeder zehnte notwendige Stellplatz über einen Ladepunkt für E-Fahrzeuge verfügen.

Die Ausschüsse des Bundesrates empfehlen ebenfalls ambitioniertere Regelungen sowie eine Länderöffnungsklausel im GEIG, um Ländern zu ermöglichen, weitergehende Vorschriften zum Aufbau einer gebäudeintegrierten Ladeinfrastruktur für Elektromobilität zu erlassen. Bereits am 27. März sollte sich der Bundesrat mit dem Gesetzentwurf befassen, er wurde jedoch kurzfristig von der Tagesordnung genommen. Laut einem internen Fahrplan soll sich nun der Bundesrat am 15. Mai 2020 dazu äußern, am 20. Mai soll die Bundesregierung dazu Stellung nehmen. Die erste Lesung des neuen Gesetzes im Bundestag ist für den 28. Mai 2020 angesetzt, die zweite und dritte Lesung im Bundestag für den 2. Juli. hcn

 


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