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Mit Flugzeugen und Schiffen dem Klimawandel entgegen

Foto eines Containerschiffs vor einer Brücke
Bis zu 20.000 Container, mit einem Volumen von jeweils 33 Kubikmeter, können die größten der heutigen Containerschiffe laden (Foto: © Tom Driggers / flickr.com, CC BY 2.0)

Der Transport großer Warenmengen und Touristen über weite Strecken schädigt das Klima. Wissenschaftler experimentieren mit elektrischen und hybriden Konzepten sowie alternativen Treibstoffen an Lösungen des Problems. Doch bislang fehlt es an politischen Regularien zur Begrenzung der Schadstoffe.

22.01.2018 – Damit wir Bananen essen und Kaffee trinken können, verbrennen bis zu 350 Tonnen Schweröl pro Tag. Auf diesen Treibstoffverbrauch kommen die größten der voll beladenen Containerschiffe, die den globalisierten Warenverkehr bestimmen. Und das Schweröl ist besonders schädlich für die Umwelt. In großen Mengen emittieren Hochseeschiffe Schwefeloxide, Feinstaub, Stickoxide und Ruß in die Luft. Alleine in Europa sterben nach Angaben des NABU jährlich 50.000 Menschen vorzeitig an den Folgen der Schiffsabgase. Doch der alternative Transportweg für unseren täglichen Kaffee erscheint nicht besser. Denn der Transport in Flugzeugen kommt auf einzelne Waren heruntergerechnet noch weitaus umweltschädlicher daher. Pro Kilogramm Lebensmittel entstehen bei einem Flugtransport 170 Mal höhere klimaschädliche Emissionen als bei der Schifffahrt.

Aber ein Kaffeeverzicht scheint für die meisten zu abwegig. Und auch der Urlaubsverkehr in ferne Länder ist kaum einzudämmen. Klimafreundlichere Energiekonzepte für die Schiff- und Luftfahrt könnten zur Lösung des Problems beitragen. Und Wissenschaftler sind bereits fleißig am Tüfteln, auf der Suche nach emissionsarmen bis -freien Lösungen, damit die Banane in unserem Obstkorb nicht mehr als Klimakiller daher kommt.

Auf leisen Sohlen durch die Lüfte

So entstehen seit Jahren immer wieder neue Konzepte für elektronisch betriebene Flugzeuge, bislang vor allem in Segelflugbaureihen, die unter anderem mit Solarpanels angetrieben werden. Seit Anfang des Jahres steht auch ein batteriebetriebenes Elektroflugzeug zum Verkauf bereit. Der kleine Zweisitzer der australischen Firma Electro.Aero erreicht eine Flugzeit von ca. einer Stunde und soll vor allem als Übungsmaschine für die Privatpilotenlizenz eingesetzt werden. Von einem Transport großer Warengüter oder vieler Passagiere ist dieses Projekt, ebenso wie die Segelflugzeuge, aber noch weit entfernt.

Doch es gibt Licht am Ende des Tunnels. Die Fluggesellschaft easyjet kündigte im vergangenen Jahr an, gemeinsam mit dem kalifornischen Unternehmen Wright Electric, Passagierflugzeuge für Kurzstreckenflüge zu entwickeln. Es soll ein Passagierflugzeug entstehen, das Platz für 120 bis 200 Passagiere und eine Reichweite von 540 Kilometern haben wird. Erste Linienflüge könnten laut easyjet ab 2027 stattfinden. Und Norwegen will seine Kurstreckenflüge bis 2040 sogar komplett elektrifizieren. Für Reisen in ferne Länder und Kaffee in unseren Tassen reicht dies jedoch noch nicht.

Neben emissionsfreien- werden auch schadstoffärmere Konzepte für die Luftfahrt erprobt und umgesetzt. Zwar werden Flugzeugantriebe effizienter und stoßen weniger Kerosin aus, doch gleichzeitig wächst der Flugverkehr von Jahr zu Jahr immer weiter an. Und so könnte sogenanntes Bio-Kerosin zur Lösung des Problems beitragen. Treibstoff aus Pflanzen soll Kerosin auf Basis von Erdöl ersetzen. Doch wenn dafür riesige Felder bewirtschaftet werden müssen, ist ein positiver Nutzen zur Bekämpfung von Umweltproblemen fraglich. Algen hingegen stellen keine Nahrungskonkurrenz dar und einen bis zu 70 Prozent höheren Ertrag pro Anbaufläche, stellten Wissenschaftler der Deutschen Luft- und Raumfahrt in einem Essay fest. Darüber hinaus könnten CO2-Emissionen als Futter für die Algen dienen. Die optimale Algenart zur Serienproduktion von entsprechendem Bio-Treibstoff wurde jedoch noch nicht entdeckt oder entwickelt. Es wird weiter fleißig getestet.

Hybride Lösungen für die Schifffahrt

Bio-Treibstoff aus Algen könnte auch für die Schifffahrt interessant sein, wo rein elektrisch betriebene Lösungen, besonders bei der Kreuzfahrt und großen Frachtschiffen, nicht zur Debatte stehen. Denn aktuelle E-Motoren vermögen noch nicht die riesigen Schiffsmassen fortzubewegen. Bei der Binnenschifffahrt und kleineren Fähren hingegen gibt es bereits erste Erfolge, mit Elektromotoren in der Praxis, wie Beispiele aus Norwegen und China zeigen.

Für die großen Containerschiffe jedoch werden vor allem hybride Lösungen erprobt. Die Firma Siemens ist hierbei Vorreiter in der Entwicklung neuer Antriebstechniken. Während für mittelgroße Frachtschiffe bereits dieselelektrische Antriebe zum Einsatz kommen, entwickelte das Unternehmen für eines der größten Containerschiffe der Welt ein Abwärmesystem, welches die heißen Abgase des Motors recycelt und daraus neue Energie gewinnt, die wieder in den Motor eingespeist wird. Immerhin zehn Prozent an Treibstoff wird dadurch eingespart.

Weitaus größere Ersparnisse erhoffen sich die Ingenieure von einer weiteren hybriden Technik: dem Wasserstoff, der in Verbindung mit Verbrennungsmotoren, aber auch mit einem nachgeschalteten Elektromotor, bei größeren Antrieben zum Einsatz kommen könnte. Namhafte deutsche Schiffsbauer und Forschungseinrichtungen experimentieren bereits mit diesem System. Bislang reicht die Energie jedoch noch nicht für den Antrieb, sondern nur für die alternative Stromgewinnung an Bord und kommt im Vergleich zum herkömmlichen Schweröl etwa 100 Mal teurer daher. Auch bei Flugzeugen reicht die Wasserstoff-Brennstoffzellen-Technologie noch nicht über den Betrieb kleiner Testflugzeuge hinaus.

Vergangenes wieder massentauglich machen

Für große Containerschiffe hingegen bereits jetzt interessant könnte eine Jahrhunderte alte Form der Fortbewegung auf See sein, die in hybrider Form ihre Auferstehung feiern könnte. Mehrere europäische Hochschulen und Firmen experimentieren an dem Konzept „Ecoliner“, bei dem sich vier große blattartige Segel über dem Deck aufspannen, welche bei günstigem Wind die Fortbewegung unterstützen. Bis zu 30 Prozent Treibstoffersparnis soll die Idee bringen. Und marktreif ist sie nach Aussagen der Entwickler bereits. Es fehlt jedoch ein Investor. Auch das Konzept „Vindskip“ eines norwegischen Ingenieurs arbeitet mit Wind. Hier ist es jedoch der Rumpf in Form eines hochkant gestellten Flugzeugflügels, der das Schiff bei günstigem Wind vorantreibt. Nach Aussagen der Entwickler können bis zu 60 Prozent an Treibstoff eingespart werden. Auch hier ist die Marktreife bereits erreicht und sogar schon bei Reedereien im Gespräch.

Zaghafte Schritte der Politik

Doch der Stand der Forschung zeigt, dass eine Entwicklung hin zur emissionsarmen Fortbewegung großer Warenmengen und Touristenmassen über weite Strecken noch am Anfang steht. Daran schuld sind vor allem fehlende Regularien für die Schiff- und Luftfahrt. Während beim Pariser Klimaabkommen für viele Bereiche weitgehende Veränderungen angemahnt wurden, ist die Schiff- und Luftfahrt, auf Betreiben einiger Industriestaaten, explizit aus dem Übereinkommen gestrichen worden. Nur zaghaft gibt es innerhalb der Branchen den Willen zur Veränderung, auch von politischer Seite. Dabei gibt es jedoch international sehr unterschiedliche Ansichten zu dem Thema. Während für Flüge innerhalb Europas bereits CO2 kompensiert werden muss, sind internationale Flüge und außereuropäische Luftfahrtunternehmen davon ausgeschlossen.

Auch bei der Schifffahrt denken die Staaten bislang vor allem an ihre eigene Umwelt, anstatt das globale Klima in den Blick zu nehmen. Die küstennahen Gewässer von Nord- und Ostsee, sowie die amerikanische und kanadischen Küste, sind inzwischen „Emission Control Areas“, in denen die riesigen Frachtschiffe nur noch mit schadstoffärmeren Diesel oder Schwefelstoff-freiem Flüssiggas fahren dürfen. In internationalen Gewässern hingegen treiben die Reedereien ihre Motoren nach wie vor ungehindert mit dem billigeren Schweröl an und verpesten die Atmosphäre mit riesigen Mengen an Schadstoffen. Erst ab 2020 sollen Regularien weltweit greifen, die den besonders schädlichen Schwefelgehalt begrenzen. Es bleibt zu hoffen, dass dies auch wirklich umgesetzt wird und nicht nur den Umstieg auf Dieselantrieb oder Flüssigstoff bedeutet, sondern auch die Entwicklung alternativer Fortbewegungstechniken vorantreibt, damit wir in Zukunft unseren Kaffee ohne große Gewissensbisse genießen können. Manuel Först


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