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Offensive für schnelles Laden

Energieversorger, Autobauer und Handelsunternehmen investieren in den Ausbau des Schnellladenetzes, um sich neue Geschäftsfelder zu erschließen und die E-Mobilität voranzubringen. Sie setzen hierbei auf Skalierbarkeit und setzen zur lokalen Stromnetzverstärkung auch Pufferspeicher ein.

29.12.2017 – Die Ladeinfrastruktur gilt als das Rückgrat der Elektromobilität. All diejenigen, die ihr batteriebetriebenes Elektroauto nicht zu Hause laden können oder weitere Strecken fahren sind hierbei auf öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur angewiesen. Rund 11.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte gibt es laut einer Erhebung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in Deutschland. Knapp 600 davon sind Gleichstrom-Schnellladepunkte. Diese ermöglichen nach jetzigem Stand der Technik ein Aufladen eines E-Autos innerhalb von circa 30 Minuten bis zu einer Stunde. An einer üblichen Ladesäule mit Wechselstrom dauert dies, abhängig vom Fahrzeugtyp und dem Ladestand der Batterie, derzeit bis zu vier Stunden.

Skalierbarkeit im Blick

Doch Energieversorger und Autobauer preschen nun vor, um die Infrastruktur für das schnelle Laden voranzubringen. Einer der Vorreiter ist die EnBW. Das Unternehmen startete jüngst eine Investitionsoffensive, um die Zahl der Schnelllade-Standorte bis 2020 von derzeit 120 auf 1.000 auszubauen. Dies entspricht mindestens 2.000 Schnelladepunkten. „Wir setzen hierbei auf Skalierbarkeit und verlegen beispielsweise direkt Kabel, die für höhere Leistungen ausgelegt sind, sowie zusätzliche Leerrohre“, sagt Amadeus Regerbis, Leiter Ladeinfrastruktur der EnBW. So können die Gleichstrom-Ladesäulen von einer derzeitigen Ladeleistung von 50 Kilowatt (kW) auf 150 kW oder mehr nachgerüstet oder ausgetauscht werden.

Pufferspeicher können sich rechnen

Um wenn nötig das Stromverteilnetz zu verstärken setzt der Versorger auch auf Pufferspeicher, wie sie beispielsweise ADS-Tec anbietet. So stellte das Nürtinger Unternehmen jüngst zusammen mit der Porsche Engineering Group einen „High-Power-Charging (HPC) Booster“ vor, der im Kombipack mit geeigneten Schnellladesäulen ein Aufladen von Elektroautos mit bis zu 320 kW ermöglicht. „An manchen Standorten kann sich ein Pufferspeicher zur lokalen Netzverstärkung heute schon rechnen“, sagt Regerbis. Denn dort wo das Stromnetz lokal ausgebaut werden muss, kann der Investitionsbedarf für die Installation einer Schnellladesäule schon mal über 100.000 Euro betragen. Die Kosten einer einzelnen Säule belaufen sich im Durchschnitt auf rund 30.000 Euro. Derzeit betreibt EnBW in Kooperation mit Tank & Rast 34 Autobahnstandorte mit 68 Ladesäulen in Baden-Württemberg.

Kein Nadelöhr bei erneuerbarem Strom

„Am kostengünstigsten wäre natürlich, wenn wir die Ladestationen immer möglichst in Nähe zum Netzanschluss bauen würden, doch dies ist oft zu weit weg von den Nutzern und damit nicht bedarfsgerecht“, sagt Regerbis. Deshalb hält er es für umso wichtiger, dass der Ausbau intelligenter Stromverteilnetze Hand in Hand mit dem Ausbau der E-Mobilität und der Ladeinfrastruktur geht. Doch warnt er hierbei vor Panikmache. „Man muss erst einmal schauen, wo wirklich ein Bedarf hierfür besteht“. Kein Nadelöhr sieht er auf absehbare Zeit bei der Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom für das Laden von Elektrofahrzeugen, wie dies bei der EnBW und praktisch allen anderen Betreibern Standard ist. Eine Million Elektroautos mit einer durchschnittlichen Fahrleistung von 15.000 Kilometern benötigten gerade einmal rund 0,5 Prozent der jährlich erzeugten Strommenge in Deutschland, rechnet er vor.

Enge Zusammenarbeit mit Kommunen

„Wir sehen die E-Mobilität als Teil der Energiewende und in der Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen für E-Fahrzeuge den richtigen Ansatz, auch um Feinstaub und Lärm in den Innenstädten zu minimieren“, unterstreicht Regerbis. Deshalb setze man auch auf eine enge Zusammenarbeit mit Städten und Gemeinden. Gerade liefen Gespräche mit acht Kommunen in Baden-Württemberg zum Aufbau einer stadtnahen Schnellladeinfrastruktur. Als weitere Schritte sieht Regerbis neben dem Laden an Rastplätzen oder Einkaufszenten auch den Aufbau von Schnelllade“hubs“ in Innenstädten, wo die Kunden Ihr Fahrzeug laden und „auch noch etwas anderes machen“ können.

Einkaufen und gleichzeitig das Auto laden. Unter diesem Motto bauen auch etliche Handelskonzerne die Ladeinfrastruktur für ihre Kunden aus. Kaufland beispielsweise plant innerhalb der kommenden zwei Jahre 100 Schnellladestationen zu errichten, die mit Ökostrom betrieben werden.

Autobauer gründen Gemeinschaftsunternehmen

In die Offensive gehen auch BMW, Daimler, Ford und Volkswagen. Bis 2020 wollen sie in Europa ein Netz von 400 Schnellladestationen entlang den europäischen Hauptverkehrsachsen aufbauen und betreiben. Hierzu gründeten sie im November das gemeinsame Unternehmen „Ionity“. Jede Station soll mehrere Ladesäulen haben, an der verschiedene Fahrzeugtypen aufgeladen werden können. Verwendet wird der europäische Ladestandard CCS (Combined Charging System). Mit High-Power-Charging sollen sich künftig die Akkus binnen weniger Minuten zu 80 Prozent aufladen lassen. Hans-Christoph Neidlein


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