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Berliner StadtreinigungVorreiter für E-Mobilität

Müllfahrzeug der BSR mit Dieselantrieb und elektrisch betriebenem Aufbau. 2019 soll erstmals ein vollelektrisches Abfallsammelfahrzeug erprobt werden. (Foto: © BSR)
Müllfahrzeug der BSR mit Dieselantrieb und elektrisch betriebenem Aufbau. 2019 soll erstmals ein vollelektrisches Abfallsammelfahrzeug erprobt werden. (Foto: © BSR)

Die BSR macht Tempo bei der Elektromobilität. Die Pkw-Flotte wird komplett elektrifiziert, Multifunktionsfahrzeuge werden auf Batteriebetrieb umgerüstet und ab 2019 soll der erste vollelektrische Müllwagen unterwegs sein. Auch möchte man die E-Fahrzeuge zur Lastverschiebung nutzen.

27.11.2018 – Als größtem kommunalem Unternehmen Deutschlands mit rund 5.400 Beschäftigten kommt der Berliner Stadtreinigung (BSR) eine Pionierrolle für die Weiterentwicklung der Elektromobilität zu, vor allem bei Nutzfahrzeugen. 555 Millionen Euro Umsatz erwirtschafteten die BSR im Jahr 2017, mit einem Jahresüberschuss von circa 33 Millionen Euro. Wobei das Unternehmen neben seiner ökologischen Verantwortung auch die soziale Verantwortung und das „Gewährleisten von niedrigen Gebühren und Tarifstetigkeit“ im Auge hat, so Norbert Pauluweit, Leiter Energie, Umwelt und Innovationen.

Insgesamt 1.680 Fahrzeuge verschiedenster Art hat die BSR im Einsatz. Bereits von 2010-2013 wurde der Brennstoffzellen-Antrieb getestetBereits von 2010 bis 2013 wurde der Brennstoffzellenantrieb bei Abfallsammelfahrzeugen getestet, was damals allerdings noch nicht praxistauglich war. Fast jedes zweite Abfallsammelfahrzeug der BSR, insgesamt mehr als 150, sind jedoch mittlerweile emissionsfrei mit Bio-CNG-Antrieb unterwegs, zumindest bilanziell. Das Biomethan wird in einer unternehmenseigenen Biogasanlage gewonnen, auf Erdgasqualität aufgearbeitet und ins lokale Netz eingespeist (rund 30 Gigawattstunden). Dadurch kann die BSR jährlich rund 2,5 Millionen Liter Diesel einsparen. „Dies ist ein Baustein unserer Mobilitätsstrategie, den wir auf alle Fälle beibehalten wollen“, sagt Pauluweit.

Hersteller hinken hinterher

Engagiert sind die BSR zusammen mit weiteren Partnern wie der BVG, der Gasag, Vattenfall, Siemens oder der Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg seit fünf Jahren auch beim Forschungscampus Mobility2Grid. Ein Fokus ist die Integration elektrifizierter Nutzfahrzeuge und Busse in lokale Smart Grids. Getestet werden sollte das bidirektionale Laden und Entladen größerer Fahrzeugbatterien. „Wir sind ziemlich euphorisch an dieses Projekt herangegangen, doch ich muss Sie leider enttäuschen“, sagte Pauluweit jüngst bei einer Tagung der Berliner Agentur für Elektromobilität. Denn das einzige Fahrzeug, das für bidirektionales Laden taugte, war ein Kleinwagen. Deutsche Hersteller hielten sich leider auch in diesem Zukunftsbereich der E-Mobilität bisher noch sehr zurück, beklagt Pauluweit.

Kooperation mit kleineren Umrüstfirmen

Doch macht die BSR Dampf. Neue Pkw-Flottenfahrzeuge werden grundsätzlich nur noch elektrisch betrieben beschafft, von 130 Pkw hat das kommunale Unternehmen schon 95 Fahrzeuge elektrifiziert. Zudem wurden jüngst die ersten vollelektrischen Kleintransporter sowie Kleinbusse bestellt und in den Einsatz gebracht.

Auch bei den Multifunktionsfahrzeugen der Vario/Sprinter-Klasse mit 3,5 bis 5,5 Tonnen möchte die BSR auf batterieelektrische Antriebe umsteigen, doch würden derzeit noch keine Fahrzeuge angeboten. „Wir sprechen auch mit den OEMs, um ihnen klar zu machen, dass ein Bedarf da ist“, so Pauluweit. Eingesetzt wird die Fahrzeugklasse beispielsweise auch für die Straßenreinigung, den Winterdienst oder für die Papierkorbentleerung. Nun beginnt man, sich über eine Kooperation mit kleineren Umrüstfirmen zu helfen, welche die Antriebsstränge der Fahrzeuge auswechseln. Allerdings gebe es auch hier Lieferengpässe. Doch hofft er darauf, dass entsprechende Tests entsprechend den Planungen im kommenden Jahr anlaufen können.

73 Nutzfahrzeuge – 165 Pkw und Transporter vollelektrisch

Eine Großkehrmaschine wurde als Plug-in Hybrid operativ erprobt. Einen weiteren Schritt gehen die BSR mit der Elektrifizierung von Abfallsammelfahrzeugen. Im kommenden Jahr soll ein vollelektrisches Müllfahrzeug im Testbetrieb erprobt werden. Der Slogan steht jedenfalls schon fest: „WATT Ihr VOLT! Elektroantrieb für eine saubere Umwelt“. Wie die Elektrifizierung der Abfallsammelfahrzeuge aussehen kann, ist noch ungewiss, eventuell als Plug-In oder mit einer Brennstoffzelle.

Auch vollelektrische Kleinkehrmaschinen werden erprobt, wie die Tenax Electro 2.0 Neo. Zielmarke der BSR sind 73 elektrische Nutzfahrzeuge und 165 Pkw und Transporter bis zum Jahr 2021.

Systematisch treibt das kommunale Unternehmen auch den Ausbau der Wir hatten einen gewissen Wildwuchs mit SteckdosenLadeinfrastruktur sowie deren intelligente Ausgestaltung voran. „Wir hatten einen gewissen Wildwuchs mit Steckdosen“, räumt Pauluweit ein. Zudem habe sich gezeigt, dass einschichtig genutzte Fahrzeuge meist im Hochlastzeitfenster (zwischen 16 und 20 Uhr) ungesteuert geladen werden, was bei einer Zunahme der E-Fahrzeuge problematisch werden könnte.

Gemeinsam mit Stromnetz Berlin habe man sich dann Gedanken gemacht, die intelligente Ladeinfrastruktur voranzubringen, berichtet Pauluweit. Mittlerweile werden 60 AC-Ladepunkte mit Energiemanagement und Verbrauchssteuerung mit jeweils bis zu 22 Kilowatt an sieben Standorten erprobt. Über die Mitarbeit im vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Schaufensterprojekt WindNode habe man sich auch Gedanken über die Einbindung der elektrifizierten Flotten zur Lastverschiebung gemacht.

Speicherkapazität von 14 Megawattstunden zur Lastverschiebung

Mit der Firma Ökotec wurden bereits entsprechende Simulationen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen am Beispiel einer BSR-Liegenschaft mit Schichtbetrieb, die mit Ladesäulen ausgerüstet ist, durchgeführt. Dabei konzentriere man sich nun auf Optimierungsmöglichkeiten der Flexibilitätsvermarktung am Spotmarkt, beispielsweise im Day-Ahead-Handel. Hierdurch könnten die Netto-Strombezugskosten um bis zu 70 Prozent reduziert werden, so Pauluweit. In einem weiteren Schritt soll nun zusammen mit der Firma ÖKOTEC eine speziell entwickelte Software auf Basis des Systems „Eneffco“ umgesetzt werden, um die Ladeinfrastruktur intelligent zu steuern.

Stromversorger als Partner gesucht

„Momentan suchen wir noch einen Stromversorger als Vertragspartner“, berichtet Pauluweit. Er sieht jedenfalls künftig interessante Möglichkeiten, neue Geschäftsmodelle rund um die Flexibilitätsdienstleistungen elektrifizierter Flotten zu entwickeln, wenn die E-Mobilität fortschreitet. So könnte im Jahr 2021 allein die E-Flotte der BSR eine Speicherkapazität von 14 Megawattstunden zur Verfügung stellen, wenn die Zahl der Fahrzeuge wie vorgesehen hochgefahren wird, hat Pauluweit ausrechnen lassen. Hans-Christoph Neidlein


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