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Wertschöpfungskette im Wandel

Den Prototypen eines „Intelligent Simple Electric Logistic Vehicle“ präsentiert das Leutenbacher Ingenieurbüro Greening in Hannover. (Quelle: Greening)
Den Prototypen eines „Intelligent Simple Electric Logistic Vehicle“ präsentiert das Leutenbacher Ingenieurbüro Greening in Hannover. (Quelle: Greening)

Wie erste Schritte zur Umstellung der Wertschöpfungskette weg vom Verbrennungsmotor hin zur E-Mobilität aussehen können zeigt Baden-Württemberg auf der Hannover Messe. Über 40, meist mittelständische Unternehmen sowie Forschungsinstitute präsentieren ihre Produkte und Ideen auf der Sonderschau MobiliTec.

14.04.2016 – „Elektrifizierung ist der zukünftige Jobmotor“. So lautete das Fazit der Strukturstudie Mobil BW 2015, die das Ministerium für Wirtschaft und Finanzen Baden-Württemberg im vergangenen Juni vorstellte. Die baden-württembergische Automobil- und Zulieferindustrie habe gute Chancen zum Leitanbieter für Elektromobilität zu werden und bis zum Jahr 2025 18.000 neue Arbeitsplätze zu schaffen. Prof. Will Diez, Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft in Geislingen geht davon aus, dass die baden-württembergischen Autohersteller ihre Modellpalette erweitern und bis in zehn Jahren 20 Prozent ihres Umsatzes mit Fahrzeugen mit Batterie- oder Brennstoffzellenantrieb und mit Plug-In-Hybridfahrzeugen machen.

Voraussetzung ist allerdings dass der „Schritt vom technischen Wissen in die Produktion“ schneller geht als bisher. Auch müsse die Industrie herstellerübergreifend noch enger zusammenarbeiten, um der asiatischen und US-Konkurrenz Paroli zu bieten. „Wir müssen aufpassen, dass wir vor allem bei der Batteriezellproduktion nicht zu abhängig von Ostasien werden und damit ein wichtiger Teil der Wertschöpfung verloren geht“, unterstreicht Diez. Denn momentan gibt es in Baden-Württemberg und in ganz Europa keinen namhaften Hersteller von Batteriezellen mehr.

Als positives Signal sieht Diez jedoch die Ankündigung von Porsche ab 2019 den ersten rein elektrisch betriebenen „Mission-E“ am Stammwerk in Zuffenhausen zu produzieren und dort 1.000 neue Arbeitsplätze zu schaffen. Auf dem Baden-Württemberg Pavillon der Hannover Messe vom 25. bis 29. April präsentiert der Autobauer einen Prototyp. Das Motto der Gemeinschaftsschau unter Federführung der Landesagentur E-Mobil BW lautet „Automatisiert, vernetzt, elektrisch“. Im Mittelpunkt stehen Mobilitätstechnologien, Infrastrukturthemen, Speicherlösungen sowie Logistikkonzepte.

Ein Beispiel sind optimierte Lösungen für Hochstromkontaktierung für die Antriebe von Hybrid- und Elektrofahrzeugen, wie sie der Pforzheimer Präzisionsteilehersteller Kleiner anbietet. Aufgrund des Fertigungsverfahrens mit Stanztechnik und ihrer speziellen Metallbeschichtung hätten die Kontaktteile eine besonders hohe elektrische Leitfähigkeit und könnten zudem vergleichsweise kostengünstig produziert werden, so Vertriebsleiter Oliver Stieler. Das Unternehmen beschäftigt 280 Mitarbeiter und beliefert namhafte Autozulieferer wie Bosch oder Hersteller wie Porsche oder Audi. „Die E-Mobilität ist Schwerpunkt unserer Entwicklungsarbeit“, sagt Stieler. Hierbei setze man auf eine enge Kooperation mit regionalen Vorlieferanten, beispielsweise im Bereich der Galvanik.

Das Maschinenbauunternehmen Lauffer aus Horb produziert hydraulische Pressen, unter anderem für Zulieferer der Automobilindustrie. Vertriebsingenieur Florian Sachse sieht die Elektromobilität als eine weitere Chance neue Absatzmärkte zu erschließen. So beispielsweise für die Fertigung von Batteriegehäusen oder den Leichtbau.

Einen elektrischen, modularen Antrieb für fahrerlose Transportsysteme in industriellen Fertigungsstraßen haben die Fischer Elektromotoren (Billigheim) und der Getriebehersteller ASG Allweier Systeme (Überlingen) entwickelt. Zudem produziert ASG Spezialgetriebe für elektrisch betriebene Arbeitsbühnen für den Obstbau und lieferte die Antriebseinheit für Bonirob, einen fahrerlosen, vierrädrigen Roboter für den Einsatz in der Landwirtschaft von Bosch. Einen wichtigen künftigen Absatzmarkt sieht Hager zudem bei Radnabenantrieben für E-Fahrzeuge im Bereich der Kommunalreinigung. Er ist zuversichtlich den Umsatzanteil der E-Mobilität bei ASG innerhalb der kommenden drei Jahre von derzeit unter fünf Prozent auf zehn Prozent steigern zu können.

Radnabenmotor für E-Logistikfahrzeuge (Quelle: ASG)

Auch Unternehmen wie der traditionsreiche Textilhersteller Gerster, die auf den ersten Blick wenig mit Elektromobilität zu tun haben, möchten auf diesem Markt mitspielen. Neben Heimtextilien werden im Stammwerk im oberschwäbischen Biberach technische Textilien produziert. Diese gelten als besonders leicht und stabil und werden beispielsweise bei Rotorblättern von Windkraftanlagen verwendet. Einen Anwendungsbereich für die E-Mobility sieht Firmenchef Martin Gerster auch bei Heiztextilien. Die Idee ist, in den Halterungskasten der Batterie eines Elektroautos eine textile Heizung zu integrieren. Die integrierte Heizung nutzt effizient die Restleistung der Batterie und wärmt diese bei niedrigen Temperaturen. Hierdurch soll die Reichweite im Winter erhöht werden.

Den Prototypen eines „Intelligent Simple Electric Logistic Vehicle“ präsentiert das Leutenbacher Ingenieurbüro Greening in Hannover. Den Einsatzbereich des ultraleichten Kleintransporters sieht Projektleiter Tim Schember vor allem im innerstädtischen Lieferverkehr. Als Einsitzer ist er nur 90 Zentimeter breit, kann auch durch Türen fahren und soll damit auch in der innerbetrieblichen Logistik einsetzbar sein. Die Elektrifizierung von Flotten und die Cloud-basierte Vernetzung von E-Fahrzeugen sieht das Beratungsunternehmen Bridging IT, das drei Standorte in Baden-Württemberg hat, als wachsenden Geschäftsbereich. Batteriesysteme der Nürtinger ADS-Tec unterstützen als skalierbare Speichersysteme das intelligente Energiemanagement in vernetzten Energie- und Mobilitätsangeboten. Eine neue Ladesäule mit Einzelplatzreservierung für Großgaragen und ein Parkleitsystem haben Swarco Traffic und die Parkraumbewirtschaftung BW entwickelt. In Kooperation mit mehreren Stadtwerken rüstet die EnBW Energie Baden-Württemberg derzeit die öffentliche Ladeinfrastruktur auf und entwickelt mobile Zugangssysteme weiter. Über eine App und das europaweite Partnernetzwerk der EnBW können Stadtwerkekunden so künftig auch in anderen Regionen eine freie Ladesäule für ihr E-Auto finden und dieses betanken oder ein Fahrzeug buchen und bezahlen. Hans-Christoph Neidlein


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