Menü öffnen

Nachbarn wollen keinen deutschen Strom

Die von Deutschland an die Nachbarländer exportierten Strommengen erreichen von Jahr zu Jahr einen neuen Rekordwert. Doch im Ausland ist diese Energie zunehmend unerwünscht. Immer mehr Nachbarstaaten ergreifen Maßnahmen, um ihren Zufluss zu blockieren.

05.08.2015 – Deutschland hat ein neues Massenexportgut: Strom. Doch bei Nachbarländern wie Frankreich, Tschechien, Polen oder den Niederlanden verursacht die deutsche Ware zunehmend Unmut. Aus Sorge um die Stabilität der eigenen Stromnetze und zum Teil auch, weil die Länder ihre Elektrizität selber herstellen und so ihre heimische Industrie stärken möchten, wollen sie die aus Deutschland in das eigene Stromnetz fließenden Strommengen künftig besser kontrollieren. Polen will noch in diesem Jahr Phasenschieber an den Grenzen fertigstellen. Frankreich, die Niederlande und Belgien haben ebenfalls grenznah zu Deutschland entsprechende Blockaden installiert. Auch Tschechien kündigte an, Maßnahmen ergreifen zu wollen.

Tatsächlich erreichen die in die Nachbarländer exportierten Strommengen von Jahr zu Jahr einen neuen Rekordwert. Im ersten Halbjahr 2015 beispielsweise hat Deutschland 25 Terawattstunden ins Ausland geleitet – das entspricht rund acht Prozent des hierzulande von Januar bis Juni erzeugten Stroms. Im ersten Halbjahr 2014 waren es noch 19 Terawattstunden gewesen, ein Jahr zuvor 15 Terawattstunden. Das zeigt eine Auswertung des Berliner Think Tanks Agora Energiewende.

Der Grund: Immer mehr Ökostrom drängt in das deutsche Netz, der Anteil am deutschen Stromverbrauch wuchs im ersten Halbjahr 2015 aufgrund deutlich gestiegener Windstromproduktion auf den neuen Rekordwert von 31,4 Prozent (von 81 auf 92 Terawattstunden). Gleichzeitig wird der Kohlestrom zunehmend in die Nachbarländer abgegeben – um die Vielzahl an deutschen Kohlekraftwerken weiter am Laufen halten zu können und nicht abschalten zu müssen. „Vor allem die älteren Steinkohlekraftwerke geraten durch die stark gestiegene Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien zunehmend unter Druck und müssen ihre Produktion immer öfter drosseln. Sie suchen ihr Heil aber auch im verstärkten Export“, sagt Dr. Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. „Unglücklicherweise verdrängt der Kohlestrom-Export in unseren Nachbarländern vor allem Strom aus klimafreundlicheren Gaskraftwerken, so in den Niederlanden oder – über die Transitländer Österreich, Frankreich und Schweiz – auch in Italien“, sagt Graichen. Im Vergleich zum Vorjahreshalbjahr ist der Stromexport insbesondere nach Frankreich und in die Schweiz deutlich gestiegen und in Richtung Österreich und Niederlande auf konstant hohem Niveau verblieben.

Dem wollen die Nachbarstaaten nun ein Ende bereiten. Ein maßgebliches Problem sind die Stromtrassen, die in Deutschland weiterhin noch gebaut werden müssen. Die Elektrizität kommt mangels geeigneter Wege nicht bis nach Süddeutschland und fließt stattdessen in das Netz anderer Staaten ab. Der Druck auf Deutschland, seine Nord-Süd-Netze auszubauen, steigt. „Wenn wir mehr Erneuerbare Energie nutzen wollen, müssen wir das Netz ausbauen", sagte Walter Boltz, Vizepräsident der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER), gegenüber POLITICO.

Allerdings ist Deutschland nicht das einzige europäische Land, das seinen Strom den Nachbarn zuschiebt.  Auch Tschechien und Frankreich beispielsweise exportieren große Mengen an Strom – und zwar nach Süddeutschland. Würden sie ihren Export reduzieren, könnte mehr deutscher Strom nach Bayern abfließen – und müsste nicht in solchen Mengen in andere Länder verkauft werden. Die EU jedenfalls wünscht sich im Rahmen der Energieunion ein zusammenwachsendes Stromnetz Europas. Es gilt also zu klären, wie erwünscht ein Stromnetz ohne Grenzen ist. rr


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Dr. Erich Schmitz 05.08.2015, 12:48:07

+1001 Gut Antworten

In dem Artikel werden leider Äpfel und Birnen gemischt. Phasenverschieber wollen die Nachbarländer einbauen, damit deutscher Strom aus regenerativen Energien, der zum Zurückfahren von Kraftwerken im benachbarten Ausland führt und dem kein entsprechender Bedarf gegenübersteht, nicht mehr ungehindert ins Nachbarland fließen und dort die Netzstabilität gefährden kann. Stromexporte aus Kohlekraftewrken in das benachbarte Ausland sind Programmlieferungen an einen Kunden im benachbarten Ausland. Sie werden nur getätigt, wenn der vereinbarte Strompreis mindestens einen Deckungsbeitrag erwirtschaftet. Anderenfalls würde das Kraftwerk nicht laufen. Insofern ist der zwangsweise exportierte regnerativ erzeugt Strom unerwünscht, der Kohlestrom dafür willkommen.

Feststellung 06.08.2015, 07:43:50

+987 Gut Antworten

Es ist der fluktuierende Strom der Probleme in den Netzen bereitet. Normal soll Netz Einspeisung und Entnahme sich die Waage halten, das bedeutet, wenn hohe Netzstabilität erhalten werden soll, darf es keine Überschüsse geben. Bis 2005 war das auch so, dass der jährliche Import und Export von Deutschland ungefähr ausgeglichen waren. Mit der Zunahme der Erneuerbaren kamen durch den fluktuierenden Strom auch die jährlich steigenden Überschüsse die ins Ausland abgeschoben wurden, Überschüsse deshalb weil der unregelmäßig fließende Strom nicht geregelt wurde, dadurch ist er auch nicht grundlastfähig, so dass die Grundlast durch Kohlekraftwerke abgedeckt werden muss. Der Fehler ist nun man lässt die Kohlekraftwerke durchlaufen weil sie sich nicht zum Regeln des fluktuierenden Stroms eignen. Zu Zeiten wo Wind und Sonnenstrom eingespeist wird überdeckt sich der Strom in den Leitungen, wird nun nicht schnell genug der Strom weiter geleitet kann es zum Blackout kommen. Das Problem Netzüberbelastung wird im transeuropäischen Netz also nur weiter gegeben. wenn bei Starkwind der Strom ins Nachbarnetz abgeschoben wird, dann läuft das an der Strombörse über den Spotmarkt, steht nun viel Strom zum Verkauf an so wird der Preis immer günstiger und geht schließlich gegen Null manchmal gibt es sogar Negativpreise. Also Deutschland zahlt wenn der Strom abgenommen wird. Wohl dem der nun Speichermöglichkeiten hat, wie z.B. Österreich mit seinen Pumpspeicherkraftwerken. Österreich unser größter Abnehmer bezog 39 Terawattstunden zu einem wahrscheinlich super günstigen Preis so gegen 0 Cent, im Gegenzug lieferte Österreich 17 Terawattstunden an Deutschland ebenfalls zu einem Superpreis aber diesmal zeigte der Pfeil nach oben. Dass die Kilowattstunde 2014 in Österreich 1/3 günstiger war als in Deutschland, das muss ja irgendeinen Grund haben. Dann sind da die Niederlande, Forts. folgt

Feststellung 06.08.2015, 07:46:58

+1036 Gut Antworten

Fortsetzung bei Feststellung

Tennet einer der transeuropäischen Netzbetreiber gehört zu 100% dem Niederländischen Staat, die Niederlande sind ein Stromnehmerland ebenso wie Österreich, sie haben viel zu wenig Kraftwerke und sie erhielten von unseren Überschüssen 17,7 TWh und nur 0,1TWh floss zurück nach Deutschland. Die Niederlande haben Gaskraftwerke und auch Gasvorkommen im eigenen Land, Gaskraftwerke können fluktuierenden Strom gut regeln also gibt es da nichts Besseres als dass Windstromsonderangebot aus Deutschland. Nun ist Tennet eben ein niederländisches Unternehmen, das auch eine Offshore Tochter hat. Diese baut in der Nordsee oberhalb der Niederlande einen Windpark „Bor Win“, nun wird der Strom nicht auf dem kürzesten Weg nach Holland geleitet, nein er fließt erst einmal zum Umspannwerk in Deutschland, denn nur dadurch erhält Tennet die EEG-Zulage für Offshore Windstrom, diesen Strom verkaufen wir dann wieder zu einem günstigen Preis an Holland, so war es diesem Staat möglich dank ihres tüchtigen Unternehmens den Strompreis für die kWh noch günstiger als Österreich zu gestalten, nämlich nur 18,2Cent. Also zumindest diese beiden Länder haben ordentlich profitiert durch die deutsche Stromplanung und dürfen nicht jammern. Tschechien hat 7,7 Terawattstunden an Deutschland geliefert und nur 0,8 Terawattstunden gingen von Deutschland nach Tschechien, auch hier darf nicht gejammert werden. Aber Tschechien hat 4 Atomkraftwerke in Planung und möchte nun endlich die Gewissheit, dass die Trassen gebaut werden damit der Atomstrom auch transportiert werden kann, man erhofft sich hier gute Geschäfte vor allem auch mit Deutschland, ebenso ist es mit Polen auch hier sind 2 Kernkraftwerke in Planung und man braucht nun endlich die Gewissheit dass die Trassen gebaut werden. Ohne die Trassen wird es nichts mit den Kernkraftwerken.

Fortsetzung 2 folgt

Feststellung 06.08.2015, 08:01:15

+975 Gut Antworten

Fortsetzung 2 zu Feststellung

Warum macht Deutschland so eine verrückte Planung subventioniert Windstrom an Nord-und Ostsee und schiebt den Strom dann in die Nachbarnetze weil er ungeregelt nicht zu gebrauchen ist. Hätte Deutschland nun die Energiewende ernst genommen, so hätte man von Anfang an die Regelenergie in den Fokus stellen müssen um die Gesetze der Netze einzuhalten, denn der Wind- und PV Strom wird immer einen Partner benötigen wenn er Grundlast deckend sein will, wenn er die konventionellen Kraftwerke ersetzen will.

Für die Netzbetreiber, für die europ. Energiekommission und auch die deutsche Regierung stand aber der transeuropäische Netzausbau im Fokus der dem deutschen Bürger unter dem Deckmantel Energiewende endlich verkauft werden sollte.

Für mich ist das ein klares Bild, dieser unkontrollierte Ausbau von teurer Offshore Windenergie und damit einem Netzproblem wurde absichtlich geschaffen um bei der Bevölkerung den gigantischen Netzausbau durchzusetzen.

Eine Regierung dem das eigene Land so wenig wert ist indem man ganze Landstriche nichtwiederherstellbar ruiniert, die extra eine Institution eingerichtet hat um die Bürger landauf landab zu belügen, da kann ich nur sagen hoffentlich bezahlt sie da einmal tüchtig dafür z.B. indem das Ganze als die größte Lachnummer des Jahrhunderts in die Geschichte eingeht.

Nun sind die erneuerbaren Energien nicht kompatibel mit dem europäischen Strommarkt. Da können sie sich anstrengen wie sie wollen. Das alte System funktioniert nicht mit den Erneuerbaren. Bei den Erneuerbaren handelt es sich um kleine Kraftwerke die auf der idealen Mittelspannungsebene 0-50kV einspeisen, das heißt, ein kurzer Weg zur Niederspannungsebene und zum Haushaltsstrom, aber auch ein kurzer Weg auf die nächsthöhere Spannungsebene zum Industriestrom. Erzeuger nahe am Verbraucher idealer geht es nicht, dafür muss aber das Niederspannungsnetz und Mittelspannungsnetz angepasst werden Forts.3 folgt

Feststellung 06.08.2015, 08:02:50

+1011 Gut Antworten

Fortsetzung 3 zu Feststellung

aber niemals das Höchstspannungsnetz, denn da speisen normal nur Großkraftwerke ein, das sind hauptsächlich AKWs und Kohlekraftwerke. Ständig haben sie eine andere Schnapsidee um das alte System beibehalten zu können, aber es wird alles nur große Verluste bringen und das Ende der Energiewende, aber keine europäische Versorgung mit erneuerbaren Energien.

Energiewender 06.08.2015, 10:53:26

+968 Gut Antworten

Vielen Dank für die ausführliche Feststellung. Die hat ja das Kaliber einer ausgewachsenen Meinung der Woche, Respekt!


Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft