Ariadne-Bürgerdeliberation: Bürger wollen Planungssicherheit beim Klimaschutz

Ausgewählte Bürger:innen diskutierten vergangenen Sommer Klimaschutzmaßnahmen im Verkehr- und Gebäudesektor. Zielgerichtete Meinungen zu einigen Maßnahmen, stehen Unsicherheiten bei anderen gegenüber.
25.04.2025 – 49 zufällig ausgewählte Bürger:innen kamen im Juni 2024 auf Einladung des Kopernikus-Projekt Ariadne in Fulda zusammen, um über die Verkehrs- und Wärmewende zu diskutieren. Bei der zufälligen Auswahl der Teilnehmer:innen wurde indes auf eine gewisse Repräsentativität und Abbild der deutschen Bevölkerung geachtet. Unterstützt durch Moderator:innen wurde den Teilnehmer:innen viel Raum für Diskussionen gegeben. Dabei gab es immer wieder fachlichen Wissensinput zu verschiedenen Themen.
Die sogenannte Ariadne-Bürgerdeliberation habe das Ziel, einen direkten Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu ermöglichen, so die Veranstalter:innen. Die gewonnenen Erkenntnisse würden dazu beitragen, wissenschaftlich erarbeitete Politikmaßnahmen so weiterzuentwickeln, dass sie gesellschaftlich tragfähig sind. Durch den Dialog könne Desinformation rund um die Energiewende und Klimaschutz besser erkannt und ihr gezielt entgegengewirkt werden. Am gestrigen Donnerstag veröffentlichten die beteiligten Wissenschaftler:innen ihre Erkenntnisse aus der Bürgerdeliberation.
„Verstehe, dass es wichtig ist“
Zum Thema Verkehr zitieren sie unter anderem eine Frau mittleren Alters, die Beispielgebend für die Probleme im Verkehrssektor ist: „Ich verstehe ja, dass die Klimakrise real ist und wir handeln müssen, aber ich fahre mein Leben lang Auto, ich wohne in einer Kleinstadt, ich brauche mein Auto und ich mag es. Es fällt mir extrem schwer, mich auf neue Dinge einzulassen, obwohl ich verstehe, dass es wichtig ist.“ Die Frau wünschte sich, dass die Politik geschlossen auftrete und sage: Wir wissen, der Umstieg wird nicht leicht, aber wir müssen jetzt gemeinsam handeln und dann schaffen wir das auch. Aber solange so eine Entschlossenheit nicht ankomme, habe man immer Angst, man treffe die falsche Entscheidung.
Laut Ariadne-Forscher:innen zeigte sich in den Diskussionen eine erhebliche Skepsis gegenüber E-Mobilität. Demnach wünschen sich die Teilnehmenden grundsätzlich mehr Informationen über Anschaffungspreise, Reichweiten, Ladeinfrastruktur und die Umweltfreundlichkeit von elektrischen Fahrzeugen. Kostentransparenz und eine sozial gerechte Lastenverteilung sind den Diskutierenden wichtig. Beispiele aus anderen Ländern, wie das Bonus-Malus System aus Frankreich und Norwegen, würden zum besseren Verständnis von Möglichkeiten helfen.
Der öffentliche Personennahverkehr müsse im Wettbewerb mit dem Pkw eindeutig günstiger sein, da ansonsten kein Anreiz für einen Umstieg gegeben sei. Dazu sollte der Ausbau von Bus- und Bahnverkehr beispielsweise durch höhere Parkgebühren oder eine City-Maut finanziert und das Deutschlandticket langfristig finanziell abgesichert werden.
Sollte sich die sich anbahnende schwarz-rote Koalition auf Bundesebene konstituieren, scheint zumindest die finanzielle Absicherung des Deutschlandtickets in den kommenden Jahren sichergestellt. Auch für Sanierung und Ausbau des Schienenverkehrs sind die Anzeichen positiv. Eine klare Fokussierung auf die E-Mobilität dagegen lässt der Koalitionsvertrag vermissen. Die Unsicherheit droht bestehen zu bleiben. Immerhin eine Kfz-Steuerbefreiung für Elektroautos und ein Programm für Haushalte mit kleinem und mittlerem Einkommen aus Mitteln des EU-Klimasozialfonds, um den Umstieg auf klimafreundliche Mobilität gezielt zu unterstützen, sollen kommen.
Beim Thema Wärme changierten die Beiträge der Teilnehmenden zwischen viel Vorwissen und Unsicherheiten. „Es fiel auf, dass die Teilnehmenden bereits viel Vorwissen über die Wärmewende hatten und aufgrund eigener Erfahrungen gut über den Heizungsaustausch oder die energetische Sanierung von Häusern diskutieren konnten“, sagt Ariadne-Forscher Noah Kögel vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).
Unsicherheiten zeigten sich dagegen durch die schwierige politische und mediale Kommunikation des Gebäudeenergiegesetzes. Für eine Vielzahl von Menschen war die Novelle des GEG in seiner ganzen Ausgestaltung und Diskussionen um Detailfragen zu komplex. Soziale Fragen wie der Mieterschutz sowie die Frage der Finanzierung des Heizungstauschs durch Förderprogramme wurden, Stand Juni 2024, auf politischer Seite nicht klar kommuniziert. Ein Mangel an finanziellen Mitteln für nötige Investitionen und hohe bürokratische Aufwände für Förderungen wurden beklagt. Grundsätzlich aber standen die meisten Diskutanten hinter einer für den Klimaschutz nötigen Wärmewende und begrüßten Fördermöglichkeiten.
Nach heftigen Debatten trat die Novelle des GEG Anfang 2024 in Kraft, verbunden mit einer kommunalen Wärmeplanung. Von der Union in den Koalitionsvertrag eingebracht wird nun jedoch die Abschaffung des „Heizungsgesetzes“ angekündigt. Gemeint sind damit Teile der Novelle des GEG. Dabei soll nicht mehr die Erneuerbaren-Quote des Heizsystems, sondern die erzielte CO2-Reduktion im Gebäude die zentrale Stellgröße werden. Was genau aber zurückgenommen wird und bestehen bleibt, bleibt unsicher. Planungssicherheit sieht anders aus.
Der CO2-Preis auf den Verkehr- und Gebäudesektor war für die Teilnehmenden der Ariadne-Bürgerdeliberation nicht ausschlaggebend für Investitionsentscheidungen. Auch befürworteten die meisten nicht das von der Ampel-Regierung angedachte Klimageld. Die wohl neue schwarz-rote Koalition will durch die Einnahmen die Strompreise senken. Vielmehr wünschten sich die Bürger:innen eine zweckgebundene Verwendung der CO2-Preiseinnahmen, etwa für den Ausbau Erneuerbarer Energien. mg