Wahlprogramme: Dafür stehen Union, Grüne und SPD bei Verkehr, Landwirtschaft und Naturschutz
Auch bei der Verkehrswende propagiert die Union in ihrem Wahlprogramm Technologieoffenheit, bei der Landwirtschaft mehr Freiheiten. Grüne und SPD haben andere Ansichten und konkrete Vorschläge.
19.12.2024 – Bei der Ausrichtung in der künftigen Energiepolitik zeigen sich in den Wahlprogrammen von Union, SPD und Grünen große Unterschiede, aber auch ein paar Gemeinsamkeiten, auf denen sich aufbauen lässt. Hier geht es zur detaillierten Analyse. Es sind die drei Parteien, die sich voraussichtlich in unterschiedlicher Konstellation nach der Bundestagswahl zusammenraufen müssen, um das Land durch die dringend nötige Transformation zu führen. Dies gilt auch für die Verkehrswende und für die künftige Ausrichtung in der Landwirtschaft und Schutz der Natur.
Pro Verkehrswende?
Die Union sieht „in der individuellen Mobilität den Inbegriff von Freiheit“ und will unterschiedliche Verkehrsmittel nicht gegeneinander ausspielen. „Anti-Auto-Haltung, Fahrverbote für Innenstädte, das Umwidmen von Parkplätzen und ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen“ lehnt die Union ab. Das Verbrennerverbot soll rückgängig gemacht werden, eine Verschärfung der Flottengrenzwerte und Strafzahlungen dürfe es nicht geben. Neben der Elektromobilität sollen alle klimafreundlichen Möglichkeiten für alternative Antriebe und energieeffiziente Kraftstoffe genutzt werden. Dazu gehören „E-Fuels, Wasserstoff und nachhaltige Biokraftstoffe.“ Auch hier das Credo der Technologieoffenheit.
Die Grünen dagegen sagen: „Global ist der Wettbewerb zwischen Verbrenner und E-Autos längst entschieden.“ Daher sei es für Planungssicherheit der deutschen Automobilindustrie entscheidend Planungssicherheit zu erhalten und ab 2035 nur noch klimafreundliche Antriebe neu zuzulassen. Den Hochlauf der Elektromobilität wolle man durch gezielte Förderung für die Ladeinfrastruktur und sozial ausgewogene Kauf- und Leasinganreize beschleunigen. Die SPD bekennt sich ebenfalls voll zur Elektromobilität. Wer suggeriere, dass Verbrenner mit E-Fuels die Lösung seien, mache Autos nur noch für Spitzenverdienende erschwinglich, so die Genossen in ihrem Wahlprogramm. Ankurbeln will die SPD die E-Mobilität unter anderem mit einem zeitlich befristeten Steuerabzugsbetrag für die Anschaffung eines in Deutschland produzierten E-Autos. Allen Parteien gemeinsam ist, deutlich mehr Tempo beim Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur in Deutschland zu schaffen.
Ebenfalls setzen sich alle für Erhalt vor Neubau von Straßenverkehrsprojekten ein. Die Grünen nennen die Erarbeitung eines „integrierten Bundesmobilitätsplan“ der „Basis für eine klimaneutrale und flächenschonende Mobilität bis zum Jahr 2045“ seien soll. Dabei geht es vor allem darum, dass Schienennetz massiv auszubauen, stillgelegte Bahntrassen - gerade in den
ländlichen Räumen – zu reaktivieren und modernisieren und ein bundesweites Netz von
Radschnellwegen zu finanzieren. Auch die SPD nennt einen neuen Bundesmobilitätsplan und hat kongruente Forderungen zu den Grünen. In der Stadt, wie auf dem Land sollen die Alternativen zum privaten Pkw stärker gefördert werden. Auch setzen sich beide Parteien für ein bundesweites Tempolimit auf Autobahnen von 130 km/h ein (die Grünen zusätzlich für die leichtere Anordnung von Tempo 30 in Städten), ebenso für die Fortführung des Deutschlandticket, dass bei CDU/CSU keine Erwähnung findet.
Und während sich die Union für den Erhalt des Luftverkehrsstandort Deutschland ausspricht und dafür die Gesamtkosten des Luftverkehrs auf ein „wettbewerbsfähiges europäisches Niveau“ zurückführen will, sprechen sich die Grünen dafür aus Inlandsflüge durch eine Verbesserung der Bahn überflüssig machen zu wollen. Die SPD will die Luftverkehrssteuer in eine EU-Klimaabgabe umwandeln, die auch von nicht EU-Airlines gezahlt werden soll. Allen drei Parteien ist es ein Anliegen, beim Güterverkehr auf emissionsfreie Alternativen zu setzen.
Landwirtschaft und Naturschutz
Die Union schreibt, dass ihr konventionelle und ökologische Landwirtschaft gleichwichtig seien. Dabei seien Ziele von Wettbewerbsfähigkeit, Ernährungssicherheit, des Umwelt- und Klimaschutzes sowie der ländlichen Entwicklung und Agrarstruktur gleichrangig. Die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU wolle man entbürokratisieren, mit weniger Berichtspflichten. Das könnte aber insbesondere weniger Umweltschutzauflagen bedeuten. Zudem wolle man die Agrardieselrückvergütung vollständig wieder einführen. Das Ausstoßen klima- und umweltschädlicher Emissionen wird damit wieder billiger. Zudem will die Union die Forstwirtschaft stärker unterstützen.
In anderer Hinsicht konkreter werden die Grünen. Das Ziel sei 30 Prozent Ökolandbau bis 2030, danach und dem Schutz natürlicher Grundlagen soll auch die GAP ausgerichtet werden. Zur Unterstützung von Landwirt:innen sollen diese per Verträgen vor Preiskämpfen auf dem Ernährungsmarkt besser geschützt werden. Die Wiedervernässung landwirtschaftlicher Flächen zu Mooren soll wirtschaftlich attraktiver werden (das will im Übrigen auch die Union), ebenso der Ausbau von Agri-PV. Der eingeschlagene Weg beim Tierwohl soll weiter verbessert werden.
Auch die SPD will die GAP „all jene stärker unterstützen, die die Ressourcen Wasser, Boden und Luft schonen, zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen und Maßnahmen zum Klimaschutz und Klimaanpassung durchführen“. Insgesamt aber hat die SPD bei Landwirtschaft und Naturschutz wenig konkrete Forderungen. Für Heike Vesper, Vorständin Transformation und Politik beim WWF Deutschland, beschränkt sich die SPD „weitgehend auf unverbindliche Naturschutzprosa, lässt konkrete gesetzliche Maßnahmen vermissen und blendet die internationale Dimension völlig aus.“
Die Union räume dem Thema zwar etwas Platz ein, lasse den Naturschutz aber überall dort zurücktreten, wo es zu Konflikten mit Landnutzenden kommen könnte. „Statt Kompromisse zu suchen, ordnet die Union konsequent den Naturschutz rein kurzfristigen Wirtschaftsinteressen unter“, so Vesper. Lediglich die Grünen würden bei der Umsetzung internationaler Verpflichtungen wie der EU-Renaturierungsverordnung und der Montrealer Weltnaturschutzkonvention konkret und würden Maßnahmen zur Bereitstellung der notwendigen Flächen nennen. mg