Menü öffnen

EnergiewendeDie Vorteile von grünem Wasserstoff aus Deutschland

Mann steht auf einem Windkraftrad und schaut in die Ferne, wo weitere Windräder stehen.
Windkraft aus Deutschland könnte die grüne Wasserstoffproduktion im Land vorantreiben. (Foto: Frank Wiedemeier, CC BY 2.0)  

Hunderttausende neue Arbeitsplätze und bis zu 30 Milliarden Euro Wertschöpfung – die Vorteile der heimischen Produktion von grünem Wasserstoff liegen laut einer neuen Studie auf der Hand. Doch die Bundesregierung setzt auf langfristig teure Importe.

04.11.2020 – Wird grüner Wasserstoff aus Erneuerbaren Energien Anlagen in Deutschland produziert, so könnten über die gesamte Wertschöpfungskette bis 2050 ca. 800.000 Arbeitsplätze entstehen und bis zu 30 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung erwirtschaftet werden. Das zeigt eine neue Studie vom Wuppertal Institut und DIW Econ im Auftrag vom Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) und vom Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW).

Seitdem die Bundesregierung im Juni 2020 eine nationale Wasserstoffstrategie verkündete, mit dem Ziel die Industrie und Teile des Verkehrs umzurüsten, wird über die Umsetzung hart debattiert. Zwar liegt der Fokus der Bundesregierung auf grünem Wasserstoff, aus Erneuerbaren Energien hergestellt, doch gerade in der Anfangszeit wird grauer Wasserstoff aus fossilem Erdgas nicht ausgeschlossen. So kritisiert Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energien, dass das Bundeswirtschaftsministerium möglicherweise nicht nur grünen Wasserstoff von der EEG-Umlage befreien will, sondern auch grauen Wasserstoff.

Und wie der graue, soll auch der grüne Wasserstoff vorwiegend importiert werden. Die Bundesregierung geht von einem Bedarf von 90 bis 110 Terrawattstunden (TWh) für das Jahr 2030 aus. Doch in Deutschland erzeugte Energie könnte bis dahin nur 14 TWh ausmachen, so der Bund. 90 Prozent des benötigten Wasserstoffs müsste importiert werden. Sonnen-, wind- und wasserreiche Gebiete in Entwicklungs- und Schwellenländern sollen dafür herhalten, so der Plan der Regierung. Vorteile seien die günstige Erzeugung und Umwandlung regenerativer Energie in Wasserstoff.

Negative Effekte drohen

In der Demokratischen Republik Kongo etwa will die Bundesregierung den Bau eines riesigen Staudamms unterstützen, um die dort produzierte Energie aus Wasserkraft für Wasserstoff in Deutschland zu nutzen. Doch dabei würde nur wenig Strom in die lokale Nutzung fließen, Mehrere zehntausend Menschen müssten umgesiedelt werden und schwere ökonomische und ökologische Schaden wären die Folge, kritisiert unter anderem die Stiftung Brot für die Welt.

Die Forscher von Wuppertal Institut und DIW Econ nahmen in ihrer Studie Potenziale und Risiken des Wasserstoffexports aus Marokko in den Fokus. So zeigen sie auf, dass in Marokko fossile Energieträger rund 90% des Primärenergiemix ausmachen und auch 2030 noch tragende Rollen einnehmen werden. In solchen Regionen berge eine stark exportorientierte Wasserstoffwirtschaft das Risiko, die Energiewende vor Ort zu verschleppen, mit negativen Effekten für den Klimaschutz, so die Wissenschaftler.

Zwar sei die Erzeugung grünen Wasserstoffs in Marokko billiger als in Deutschland, doch unter Einberechnung der Transportkosten revidiere sich dieser Effekt. Der Import von grünem Wasserstoff aus Nordafrika sei im Endeffekt nicht günstiger als die heimische Produktion, sagte Frank Merten vom Wuppertal Institut bei der Vorstellung der Studie.

Ob per Schiff oder per Pipeline, Risiken und Kosten des Transports von Wasserstoff würden in den Überlegungen der Bundesregierung eine untergeordnete Rolle spielen, kritisieren die Forscher. Vor allem der Transport mit Schiffen sei durch die benötigte Verflüssigung des Wasserstoffs energieintensiv und teuer. Pipelines würden sich indes nur bis zu einer Entfernung von 4.000 km lohnen und währen ebenfalls mit hohen Kosten verbunden. Dazu kommen noch weitere mögliche Exportkosten der Produktionsländer, die für Deutschland schwierig vorauszusehen sind.  

Wertschöpfung und Beschäftigung könnten steigen

Yann Girard, Co-Autor der Studie und Manager beim DIW Econ, betonte, dass Wertschöpfung und Beschäftigung bei der Entscheidung, wie viel Wasserstoff aus dem Ausland importiert wird, nicht außer Acht gelassen werde dürfe. Unter der Annahme, dass bis 2050 eine Nachfrage von über 900 TWh an synthetischen Brennstoffen besteht, könnten die angesprochenen 800.000 Arbeitsplätze und 30 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung entstehen, wenn die Produktion grünen Wasserstoffs zu 100 Prozent in Deutschland stattfinden würde. Insbesondere durch Errichtung und den Betrieb von Windkraft- sowie Solaranlagen würden sich positive Effekte ergeben.

Und schon heute könnten ungenutzte heimische Potenziale genutzt werden. In Schleswig-Holstein etwa gibt es regelmäßig ein Überangebot an Windstrom, der durch den schlechten Netzausbau ungenutzt verloren geht. Dort könnten Elektrolyseanlagen bereits grünen Wasserstoff produzieren, ohne in Konkurrenz zu treten. Gleichzeitig jedoch befinden sich viele potenzielle Abnehmer von Wasserstoff im Süden Deutschlands. Auch dort muss entsprechende Infrastruktur mit Erneuerbaren-Energien-Anlagen aufgebaut werden.

Unter den aktuellen Ausbaubedingungen steuert Deutschland auf eine riesige Ökostromlücke zu, warnte der BEE bereits vor einem Jahr. Mit dem Fokus auf heimischer Wasserstoffproduktion würden Ausbauerfordernisse Erneuerbarer Energien hinzukommen. Doch statt benötigte Energie auf den Import zu verlagern, gelte es die wirtschaftlichen Potenziale für den Ausbau von regenerativen Energien zu nutzen, fordert BEE-Präsidentin Peter. mf


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Gregor Gast 10.11.2020, 22:35:22

Ich möchte eine Aussage aus dem Artikel kommentieren: "So zeigen sie auf, dass in Marokko fossile Energieträger rund 90 % des Primärenergiemix ausmachen und auch 2030 noch tragende Rollen einnehmen werden. In solchen Regionen berge eine stark exportorientierte Wasserstoffwirtschaft das Risiko, die Energiewende vor Ort zu verschleppen, mit negativen Effekten für den Klimaschutz, so die Wissenschaftler."

Wenn die Aussage stimmt, kann Deutschland relativ viel gegen die Klimaerwärmung tun, wenn dort (in Marokko) die Produktion von Solarstrom gefördert wird. Da der CO2-Gehalt der Luft ein globales Problem ist, ist es egal, wo Emissionen eingespart werden. Ziel muss es sein, mit den begrenzten finanziellen Mittel einen möglichst großen Effekt zu erzielen. Egoistisches Denken hilft hier wenig. Unabhängig davon muss es ein Ziel sein, den Wohlstand in Afrika zu erhöhen und das, ohne dass mehr fossile Energieträger eingesetzt werden.


Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft