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EEG-Reform: Bund und Länder treten auf Ökostrom-Bremse

Gut sechs Stunden dauerten die Verhandlungen zwischen Bundesregierung und den Ministerpräsidenten der Bundesländer am Dienstagabend im Kanzleramt. (Foto: Klaas Brumann, flickr.com, Public Domain)
Gut sechs Stunden dauerten die Verhandlungen zwischen Bundesregierung und den Ministerpräsidenten der Bundesländer am Dienstagabend im Kanzleramt. (Foto: Klaas Brumann, flickr.com, Public Domain)

Auf ihrem Sondergipfel haben sich Bundesregierung und Länder in weiten Teilen auf eine EEG-Reform verständigt. Das Ausschreibungssystem kommt, die Windkraft an Land wird stark beschnitten. Seehofer verlässt Gipfel im Streit um Biomasse vorzeitig.

01.06.2016 – Es war offenbar ein zähes Ringen am Dienstagabend und in der Nacht zum Mittwoch. Sechs Stunden verbrachten Bundeskanzlerin Angela Merkel, Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und die Ministerpräsidenten der Länder im Kanzleramt. Zumindest in einem Punkt war der Abend erfolgreich: Sie haben sich weitestgehend auf eine Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) geeinigt. Merkel lobt dann anschließend auch die „intensiven, aber konstruktiven Beratungen“. Sie ergänzte: „Wir sind noch nicht ganz am Abschluss, aber ich glaube, wir haben die größte Wegstrecke zurückgelegt.“ Noch um 23 Uhr hatten Presseagenturen vermeldet, es gebe „verhärtete Fronten“ und „viel Dissens“ zwischen den Teilnehmern.

Der nun erzielten Einigung zufolge, wird die Umstellung der Förderung Erneuerbarer Energien wie geplant zum 1. Januar 2017 erfolgen. Ab diesem Zeitpunkt werden Solaranlagen mit einer Kapazität über 750 Kilowatt und Windkraftanlagen nur noch per Ausschreibung gefördert und gebaut. Die Angebote mit dem niedrigsten Preis erhalten einen Zuschlag, alle anderen gehen leer aus. Eine klare Begünstigung großer Akteure und Investoren, die das große Risiko eines ausbleibenden Zuschlags streuen können. Bürgerprojekten droht das Aus.

Windkraft wird auf 2.800 MW gedrosselt

Umstritten war im Vorfeld vor allem die Deckelung der Ausbaumengen von Wind-, Solar- und Bioenergie. Für die Solarenergie soll die jährliche Zubaugrenze bei 2.500 Megawatt (MW) liegen, 600 MW sollen per Ausschreibungen vergeben werden. Es ist ein kleiner Erfolg der Länder, denn Gabriel wollte nur 500 MW ausschreiben lassen. Der Ausbau der Windkraft an Land soll auf insgesamt 2.800 MW gedrosselt werden – inklusive Repowering, das in Zukunft ebenso ausgeschrieben werden muss. Zuletzt betrug der Windenergieausbau noch 3.700 MW. Im Streit um den Zubau der Biomasse verließ Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer Medienberichten zufolge den Gipfel vorzeitig. Er wollte Ausschreibungen von 250 MW jährlich erreichen, scheiterte damit aber am Widerstand von Merkel und Gabriel.

Das Tempo der Energiewende geht der Bundesregierung und den angeschlagenen Energiekonzernen offenbar zu schnell. Wirtschaftsminister Gabriel verwies bei der Drosselung des Windenergie-Ausbaus auf Netzengpässe besonders in Norddeutschland. Deshalb wurden zwei sogenannte Netzengpassgebiete festgelegt. Die Bundesnetzagentur kann zukünftig den Zubau von Windkraftanlagen zusätzlich ausbremsen, besonders Schleswig-Holstein und Niedersachsen könnten davon betroffen sein.

Dabei seien es gar nicht die Erneuerbaren Energien, die die Netze verstopften, betonte Baden-Württembergs grüner Energieminister Franz Untersteller noch am Dienstag. Ähnlich hatte sich zuvor bereits Schleswig-Holsteins Energieminister Robert Habeck (ebenfalls Grüne) geäußert. Eine neue Greenpeace-Studie gibt ihnen dabei Recht: Nicht die Erneuerbaren Energien, sondern unflexible Kohle- und Atomkraftwerke überlasten demnach die Stromnetze in Deutschland. Aufgrund der großen Stromüberproduktion müssten diese heruntergefahren werden. Dass diese fossilen Kraftwerke weiterlaufen, verursache horrende Kosten und vermeidbare Treibhausemissionen, so die Autoren der Studie.

Deutsche Klimaziele wohl nicht zu erreichen

Umweltverbände und Opposition kritisierten die Einigung zwischen Bund und Ländern scharf. Der stellvertretende Grünen-Fraktionschef Oliver Krischer sprach laut dpa von einem EEG-Gesetz, „das die Klimaschutzziele faktisch aufgibt und den Erneuerbaren-Ausbau ohne Not drastisch reduziert“. Greenpeace nannte die Pläne eine „energiepolitische Irrfahrt“, die das Pariser Klimaabkommen untergrabe.

Ziel der Bundesregierung ist es, bis zum Jahr 2025 einen Ökostromanteil von 40 bis 45 Prozent zu erreichen – ein wenig ehrgeiziges Ziel. Denn der Anteil liegt bereits bei knapp einem Drittel, innerhalb von zehn Jahren wären größere Schritte möglich. Besonders im Hinblick auf die deutschen Klimaziele bis 2020 müsste das Ausbautempo der Erneuerbaren Energien beibehalten werden. Umweltschutzorganisationen und Klimaexperten sind sich einig, dass mit dieser EEG-Reform die Vorgaben wohl nicht zu erreichen sind. cw


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