Bundesberggesetz: Ein Bergrecht für Umwelt und Menschen statt Konzerne
Von der Bundesregierung angekündigt, lässt eine Reform des Bergrechts weiter auf sich warten. Ein neues Gutachten zeigt, wie eine Novelle des Gesetzes Mensch, Klima und Natur besser vor Konzernen wie RWE und Leag schützen kann.
05.05.2023 – Lediglich eine vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung wurde dem Bundesberggesetz 1990 beigefügt. Ansonsten stehen Umwelt- und Klimaschutz in dem Gesetz hinten an. Die im Gesetz enthaltene Rohstoffsicherungsklausel regelt seit 1982, dass die Förderung von Rohstoffen, wie etwa der Braunkohle, durch andere Regelungen möglichst nicht beeinträchtigt wird. So sieht das auch Bergrecht genannte Gesetz sogar Enteignungen von Grundstücken zur Erweiterung des Braunkohleabbaus vor, wenn dies der Energieversorgungssicherheit diene.
Zuletzt fiel der Hof des Lützerather Landwirts Eckardt Heukamp dem Enteignungsparagraphen zum Opfer. Der hatte gegen die Enteignung durch den Energiekonzern RWE geklagt. Doch das Gericht wies die Klage ab. Verwaltungsrechtlich sei die Enteignung im Sinne des Bergrechts richtig. Über klimapolitische und energiewirtschaftliche Fragen müsse die Politik entscheiden. Eine Reform des Bergrechts sieht die Ampelregierung tatsächlich vor.
„Wir wollen unsere Wirtschaft bei der Sicherung einer nachhaltigen Rohstoffversorgung unterstützen, den heimischen Rohstoffabbau erleichtern und ökologisch ausrichten. Wir wollen das Bundesbergrecht modernisieren." – so steht es im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP aus dem vorletzten Jahr. Fachgespräche im Bundeswirtschaftsministerium und mit externen Expert:innen laufen seit Frühjahr 2022.
Auch die Brandenburger Koalitionäre SPD, CDU und Grüne schrieben 2019 in ihrem Koalitionsvertrag fest, auf eine Reform des Bundesberggesetzes zu drängen. Die Fraktion der Grünen im Brandenburger Landtag gaben dazu ein Gutachten in Auftrag, welches diese Woche vorgestellt wurde. Gutachter ist der auf Umwelt- und Bergrecht spezialisierte Rechtsanwalt Dirk Teßmer, der auf Grundlage einer fehlenden Umweltverträglichkeitsprüfung zwischenzeitlich einen Stopp des Braunkohletagebaus Jänschwalde erwirkt hatte.
Kosten für die Allgemeinheit in den Blick nehmen
Teßmer zufolge müsse in einer Novelle der sogenannte Gesetzeszweck dahingehend angepasst werden, „dass ein Abbau von Rohstoffen nur unter besondere Beachtung der Aspekt der Nachhaltigkeit, des Schutzes von Umwelt und Menschen sowie des Ressourcenschutzes erfolgen soll.“ Gegenwärtig würden Umweltbelange lediglich unter dem Aspekt des „sparsame[n] und schonende[n] Umgang[s] mit Grund und Boden“ genannt und insofern nur angedeutet, so Teßmer in dem Gutachten. Hauptzweck sei bislang die Sicherung der Rohstoffversorgung.
Zudem mahnt Teßmer eine Reform der sogenannten „Feldes- und Förderabgaben“ an. Für die Berechtigung zum Abbau von Rohstoffen werden solche Abgaben erhoben. Doch Aspekte des Umweltschutzes oder der Ressourcenschonung würden in diesen Abgaben bislang kaum berücksichtigt. Die Festsetzung der Höhe sollte daher „unter Berücksichtigung der mit Abbau und Verwendung der Rohstoffe einhergehenden Kosten der Allgemeinheit erfolgen“, so Teßmer. Für Bergschäden, die während des Betriebs entstehen, gelte es eine bessere Haftungsregelung der Konzerne zu schaffen.
Auch sollten die mit dem Bergrecht einhergehenden Betriebsplanzulassungen reformiert werden. Es gelte unter anderem Umwelt- und Naturschutz sowie volkswirtschaftliche Bedarfe stärker miteinander abzuwägen. Zudem müsse die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) verpflichtend werden, auch für begonnene Vorhaben vor deren Einführung im Jahr 1990. So dürfen bislang die Betriebspläne vieler älterer Braunkohletagebaue weiterhin ohne UVP-Pflicht zugelassen werden.
Wiedernutzbarmachung sichern
Auch fordert Teßmer einen stärkeren Fokus im Bergrecht auf die Wiedernutzbarmachung nach Beendigung des Rohstoffabbaus. Konzerne, wie RWE im Westen und die Leag im Osten Deutschlands, sind gesetzlich verpflichtet die Braunkohletagebaue nach Beendigung des Abbaus wieder für die Allgemeinheit nutzbar zu machen. Dafür Bedarf es Rückstellungen der Konzerne. Es müsse bessere Sicherheitsleistungen der Konzerne im Bergrecht geben, so Teßmer. Laut Expert:innen stehen die zwischen Politik und Konzernen vereinbarten Rückstellungen im Falle der Leag auf wackeligen Füßen.
Schließlich dürften bestimmte Gründe für eine Enteignung keine Anwendung mehr finden. Dazu gehören nach Ansicht von Teßmer die Enteignungszwecke: „Sicherung des sinnvollen und planmäßigen Abbaus der Lagerstätten“ und „Erhaltung der Arbeitsplätze im Bergbau“ sowie „Bestand oder die Verbesserung der Wirtschaftsstruktur“. Belange des Grundeigentümers gegenüber den wirtschaftlichen Interessen des Bergbauunternehmens sollten stärker Beachtung finden.
Ricarda Budke, Sprecherin für Strukturwandel und Klimaschutz der Grünen-Fraktion im Brandenburger Landtag, sagte bei der Vorstellung des Gutachtens: „Zum Beispiel geht es darum, den Brandenburger*innen, die an ihrem Haus mit Bergschäden zu kämpfen haben, die Verfahrenswege zu erleichtern. Zur Absicherung der Ewigkeitskosten, die uns in der Braunkohle noch Jahrzehnte beschäftigen werden, müssen Sicherheitsleistungen eingefordert und insolvenzfest gemacht werden. Ansonsten bleiben Gewinne bei den Unternehmen, für die entstandenen Schäden aber müssen die Steuerzahler*innen aufkommen.“
Und Kathrin Henneberger, Abgeordnete der Grünen im Bundestag, Mitglied im Ausschuss für Klimaschutz und Energie und dort zuständig für das Bergrecht, erläuterte: „Bei der anstehenden Novelle muss das Bundesbergrecht an die Realität unsere Zeit, an die Klimakrise, angepasst werden. Es bedarf einer grundlegenden Überarbeitung mit dem Ziel, Belange des Klimaschutzes fest im Gesetz zu verankern.“ Laut Henneberger, wird das Wirtschaftsministerium voraussichtlich noch vor der Sommerpause Eckpunkte für eine Novelle des Gesetzes vorlegen, dass dann 2024 den Bundestag passieren soll. mg