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KohleausstiegEntschädigungen für die Kohle auf dem Prüfstand

Block in den tagbau Welzow-Süd, voller Braunkohlebagger.
Umwelt und Klima werden mit Braunkohleabbau und -verstromung zerstört. Dafür Entschädigungen zu zahlen erscheint irrsinnig. (Foto: Onkel Holz / WikiCommons, CC BY-SA 4.0)

Beim Ausstieg aus der Steinkohle soll es Auktionen für Entschädigungen geben. Das erlaubt die EU. Festgelegte Entschädigungen für die Braunkohle hingegen will die EU-Kommission prüfen. Juristen begrüßen das Prüfverfahren und fordern mehr Transparenz.

26.11.2020 – Geht es nach der Bundesregierung, sollen Kohlekonzerne Milliarden an Entschädigungen für den Kohleausstieg bis 2038 erhalten. Doch die Umweltrechtsorganisation ClientEarth mahnte bereits vor einem Jahr an, dass diese Entschädigungen vor dem EU-Beihilferecht nicht standhalten könnten. Wenn staatliche Mittel zur Begünstigung bestimmter Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, muss dies die Europäische Union prüfen und genehmigen, bevor die Mittel fließen können. Marktverzerrende Vorteile für Unternehmen sollen ausgeschlossen werden.

Vor dem Hintergrund, dass die Kohleverstromung immer unrentabler wird, könne die Notwendigkeit von Entschädigungszahlungen nur schwer begründet werden, so ClientEarth. „Von den 14 EU-Mitgliedstaaten, die bereits aus der Kohle aussteigen, hat bislang kein anderes Land freiwillig Zahlungen an Kohlekonzerne für das Unvermeidliche vorgesehen“, kommentierte vor einem Jahr die ClientEarth-Juristin Ida Westphal.

Bei der Abschaltung von Steinkohlekraftwerken jedoch, hat die für das Beihilferecht zuständige EU-Kommission gestern ihre Genehmigung erteilt. Wie hoch die Entschädigungen seien werden, ist unklar. Kraftwerksbetreiber sollen um die Höhe von Entschädigungszahlungen bieten können. Der Höchstpreis steht Anfangs bei 165.000 Euro pro Megawatt abgeschalteter Leistung. Etwa 23 Gigawatt Steinkohle befinden sich aktuell noch im Netz. Es könnten viele hundert Millionen Euro fließen.

Entschädigung wird auf das erforderliche Minimum begrenzt

Die erste Ausschreibungsrunde wird noch im Dezember dieses Jahres vollzogen. Damit werden vier GW bis Ende 2020 stillgelegt. Die EU-Wettbewerbs-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte gestern, dass die Pläne Deutschlands im Einklang mit den EU-Beihilfevorschriften stehen würden. „Denn mit Ausschreibungen kann wirksam sichergestellt werden, dass die Entschädigung auf das erforderliche Minimum begrenzt wird und somit eine übermäßige Wettbewerbsverzerrung im EU-Binnenmarkt vermieden wird“, so Vestager. Zwar könne nicht abschließend geklärt werden, ob Betreiber von Steinkohlekraftwerken einen Vorteil erlangen, doch der Vorteil für Umwelt- und Klimaschutz überwiege hier, so die EU-Kommission.

Um die Entschädigungen geringer zu halten, zieht die EU die letzten Auktionen um ein Jahr vor. Ursprünglich sollten sie 2027 stattfinden, nun soll dies 2026 der Fall sein. Das könnte bis dahin den Wettbewerb, um günstigere Auktionsangebote zur Abschaltung der Kraftwerke, zu fördern. Denn ab 2027 erfolgt die Stilllegung nach ordnungsrechtlichen Vorgaben. Dann gibt es kein Geld mehr für stillgelegte Steinkohlekraftwerke.

Es bleibt die Befürchtung, dass den Betreibenden für einen viel zu späten Ausstieg aus der Kohle viel zu viel Geld bezahlt wird

ClientEarth sieht auch mit den neuen Regelungen der EU die Gefahr, den deutschen Ausstieg aus der Steinkohle künstlich in die Länge zu ziehen. „Damit bleibt die Befürchtung, dass den Betreibenden für einen viel zu späten Ausstieg aus der Kohle viel zu viel Geld bezahlt wird“, so Westphal nach der gestrigen Entscheidung der EU. Auch sieht ClientEarth dies als schlechtes Zeichen für den Klimaschutz, mit dem die Kommission ihre Entscheidung begründet hat.

Positiv hingegen sieht die Umweltrechtsorganisation die Entscheidung der EU bei den geplanten Beihilfen für die Braunkohle ein förmliches Prüfverfahren einzuleiten. Ein derartiges Verfahren leite die EU-Kommission „nur bei ernsthaften Zweifeln oder fehlenden Informationen zur Prüfung der Vereinbarkeit ein“, macht ClientEarth deutlich. Die Bundesregierung plant RWE und LEAG für den Ausstieg aus der Braunkohle 4,35 Milliarden Euro zu zahlen. In intransparenten Verhandlungen zwischen Regierung und Kohlekonzernen wurden diese Summen festgesetzt. Laut Berechnungen des Ökoinstituts könnten das bis zu zwei Milliarden Euro zu viel sein.

Vor allem bei der LEAG sind die Annahmen über mögliche Einnahmen, die durch den Kohleausstieg wegfallen, wohl viel zu hoch gegriffen. Vor dem gesetzlich beschlossenen Kohleausstieg legten interne Planungen Nahe, dass Braunkohlekraftwerke, wie das in Jänschwalde, wohl schon viel früher vom Netz genommen worden wären. Sie werden zunehmend unrentabel. Mit den festgelegten Abschaltdaten und Entschädigungszahlungen werden die Kraftwerke sogar später stillgelegt.

Erhebliche Zweifel, dass mit den vereinbarten Summen Anreize für Stilllegungen gesetzt werden

Zu den intransparenten Verhandlungen mit den Kohlekonzernen wollte sich das zuständige Bundeswirtschaftsministerium bislang nicht äußern. ClientEarth und andere fordern nun mehr Transparenz seitens der Bundesregierung. „Aus unserer Sicht bestehen hier erhebliche Zweifel daran, dass mit den vereinbarten Summen tatsächlich Anreize für frühere Stilllegungen gesetzt werden“, so Westphal. mf


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