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AtomenergieFrankreich baut Atomkraft aus

AKW Tricastin, Frankreich
Frankreich will eine Renaissance der Atomkraft. (Bild: INDALOMANIA, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Frankreich kündigt den Bau von bis zu vierzehn Atomkraftwerken an und will Laufzeiten alter Meiler verlängern. Um Stromlücken bis zur Fertigstellung der Reaktoren zu schließen, sollen auch Erneuerbare ausgebaut werden. Verkehrte Welt.

15.02.2022 – Ende letzter Woche kündigte Präsident Macron bis zu vierzehn neue Atomkraftwerke (AKW) für Frankreich an. Sechs Druckwasserreaktoren der neuesten Generation (EPR) sollen bis 2050 fertig gestellt werden, weitere acht Bauvorhaben werden geprüft, berichtete das ZDF. Zusätzlich sollen die Laufzeiten alter Atommeiler über 50 Jahre hinaus verlängert werden.

Für die "Renaissance der Atomkraft" hat Macron zunächst 50 Milliarden Euro angesetzt. Bau und Betrieb der neuen AKW werden mit Milliarden öffentlicher Mittel gefördert und vom staatlichen Versorger EDF übernommen. Mit dem Bau werde 2028 begonnen und die ersten Reaktoren könnten ab 2035 ans Netzt gehen. Um Stromlücken bis dahin zu schließen, sollen auch Erneuerbare ausgebaut werden. 50 Offshore-Windparks und eine Verdopplung der Onshore-Windkraft seien notwendig, so Macron.

Atomenergie versagt auf allen Ebenen

Frankreich hält also nicht nur an der Atomenergie fest, sondern will sie aktiv und großflächig ausbauen. Derweil bereitet seine Atomstrategie dem Land schon heute viele Probleme. Angefangen bei explodierenden Baukosten und -zeiten bis zu wiederholten Abschaltungen. Erst in der vergangenen Woche traten erneut Störungen in französischen AKW auf. Die drei Reaktoren Cattenom 3 in Mosel, Bugey 4 in Ain und Chinon 3 in Indre-et-Loire des französischen Energiekonzern EDF mussten ungeplant vom Netz genommen werden, da möglicherweise Korrosionsprobleme bestehen. Vier weitere Reaktoren sind zurzeit bereits abgeschaltet, da ähnliche Probleme festgestellt oder geprüft werden.

Dies führt dazu, dass die AKW nicht die Strommengen liefern können, für die sie mal ausgelegt waren. In Folge der wiederholten Probleme und Abschaltungen wurde die Prognose für Atomstrom in Frankreich für das laufende Jahr bereits mehrmals nach unten korrigiert. Von ursprünglich erwarteten 330–360 Terawattstunden (TWh) reduzierten sich die zu erwartenden Lieferungen auf 295–315 TWh.

AKW sind kein zuverlässiger Stromlieferant, denn Bau und Betrieb von AKW laufen selten wie geplant. Die massive Gefahr ernsthafter Störungen und Nuklearkatastrophen sowie die ungeklärte Endlagerfrage für radioaktiven Müll kommt noch hinzu. Letztgenannte Probleme verschärfen sich zudem mit der Klimakrise, da äußere Konditionen wie Temperatur und Wetter zunehmend volatiler und instabiler werden. Auch aus systemischer Sicht können AKW keine Brücke in eine klimafreundliche Zukunft sein, da sie nicht flexibel einsetzbar sind.

Klimaschutz auf Französisch

Trotzdem setzt Macron auf Atomenergie als zentrales Element der französischen Klimaschutzstrategie. Auch in der Europäischen Kommission setzte Frankreich sich in den letzten Monaten erfolgreich dafür ein, Atomstrom als grüne Investition zu deklarieren. Frankreich ist Europas größter Fürsprecher für Atomenergie. Bei mehr als zwei Drittel des französischen Energiemixes handelt es sich um Atomstrom. Obwohl in den letzten Jahren auch Erneuerbare Energien wie Windkraft ausgebaut wurden, setzen die Franzosen weiter auf Atomenergie als Hauptstromlieferanten.

Anti-Atomkraft-Initiativen aus NRW und Niedersachsen und des Bundesverbands Bürgerinitiativen Umweltschutz zeigten sich entsetzt über Frankreichs „radioaktiven Albtraum“. Sie kritisierten den teuren und gefährlichen nuklearen Irrweg für die Stromversorgung und wiesen auch auf die nicht zu unterschätzenden militärischen Gefahren hin. Denn Frankreich setze auch deshalb auf nuklearen Ausbau, um seine Atomwaffen zu modernisieren.

Mit dem nuklearen Ausbau begebe sich Frankreich zudem in eine immer tiefere Abhängigkeit mit Russland. Erst kürzlich riefen 126 Klimaschutz- und Anti-Atomorganisationen gegen die geplante Kooperation der Atomkonzerne Framatome und Rosatom bei der Brennelementeherstellung im deutschen Lingen auf. Sie befürchten eine französisch-russischen Atomexpansion – und zunehmenden russischen Einfluss über den Atommarkt.

"Präsident Macron betont gerne den Wunsch nach Unabhängigkeit. Die Realität der Atomkraft ist jedoch eine andere: Das "französische" Uran kommt zum Teil aus der postkolonial ausgebeuteten Uranmine im Niger, zu weiteren Teilen auch aus Kasachstan und Usbekistan im russischen Einflussbereich. Uranmüll entsorgt Frankreich ebenfalls gerne in Russland – erst vor wenigen Tagen fuhr wieder ein Atomschiff von Le Havre nach Ust-Luga bei St. Petersburg. Die sogenannte atomare Energie-Unabhängigkeit ist eine Fata Morgana," so Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen. jb

 


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Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Andreas Jani 08.03.2022, 17:52:33

Atomkraft auszubauen widerspricht allen Gründen, die dagegen stehen wie z.B. Hochrisiko-Technik, nicht erneuerbar, verhindert den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien, hinterläßt radioaktive Stoffe.

Not-wendend ist der Ausbau der Wasserstofftechnologie, der Ausbau von Speichersystemen und anderem.


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