KoalitionsverhandlungenGegen einen „Neustart“ der Energiewende

Modernes Bürogebäude mit einer auffälligen Glasfassade und einem spitzen, schiffsbugartigen Dach. Auf dem Dach weht eine orangefarbene Fahne mit dem CDU-Logo. Vor dem Gebäude stehen mehrere Flaggenmasten mit bunten Flaggen. Es handelt sich um das Konrad-Adenauer-Haus, die Bundesgeschäftsstelle der CDU in Berlin, Deutschland. Der Himmel ist klar und blau, Bäume mit herbstlich gefärbtem Laub stehen am Straßenrand.
Konrad-Adenauer-Haus in Berlin: CDU-Bundesgeschäftstelle und Schauplatz der aktuellen Koalitionsverhandlungen (Bild: Ansgar Koreng / CC BY-SA 3.0 (DE), Wikimedia)

Die Einigung für eine Koalition zwischen CDU/CSU und SPD steht kurz bevor. Noch könnte ein von großen Energieunternehmen geforderter „Neustart“ der Energiewende Einzug halten. Dem stellen sich Bürgerenergieakteure aus Gründen entgegen.

09.04.2025 – Die Energiewende brauche einen „Neustart“ titulierten die Energiekonzerne RWE und E.ON in einem gemeinsamen Positionspapier Anfang März. So formulierte es auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Es ist eine Formulierung die sich im geleakten Papier der Arbeitsgruppe Klima und Energie, der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD wiederfand. Auch wenn diese mit einer blauen Klammer versehen ist und damit nach Willen von CDU/CSU teil des Koalitionsvertrages werden soll, während die Verhandler:innen der SPD dies ablehnten.

Es ist unschwer zu erkennen, dass ein „Neustart“ den inhaltlichen Vorstellungen von RWE, E.ON und VKU folgt. In dem Positionspapier von RWE und E.ON ist von „Planverliebtheit“ und „zu viel Regulatorik von oben“ die Rede, die die Energiewende der letzten Jahre gekennzeichnet habe. Eine Nachjustierung mit Fokus auf Kosteneffizienz sei nötig, so der VKU. Ein zentrales Anliegen der Akteure: Die Vergütung nach dem Erneuerbaren Energiegesetz (EEG) abschaffen und durch eigene Vermarktung ersetzen.

Davor warnt jedoch ein breites Bündnis von Bürgerenergieakteuren und -sympathisanten. „Wir brauchen keinen Neustart für die Energiewende“, sagte Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe (DUH), bei einer digitalen Pressekonferenz am heutigen Mittwochvormittag. Die Energiewende sei auf einem guten Weg, es brauche lediglich Verbesserungen in einigen Bereichen, wie dem Energy Sharing und für Mieterstrom. RWE und E.ON dagegen würden aus Eigeninteresse gegen Energie in Bürgerhand lobbyieren, so wie sie es schon in der Vergangenheit getan haben. Wie Metz erklärten auch andere in der Runde der Pressekonferenz einen verbesserten Smart-Meter-Rollout zu einem wichtigen Grundpfeiler der dezentralen Energieerzeugung.

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Insbesondere der Solarzubau erfolgt zu einem Drittel auf privaten Hausdächern. Und das immer öfter verbunden mit einem eigenen Speicher. Tom Janneck, Leiter des Teams Energie und Bauen beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), warnt: „Verbraucherinnen und Verbraucher wollen aktiv an der Energiewende teilhaben. Mit einer Photovoltaik-Anlage können sie einfach die eigene Wärmepumpe oder E-Ladesäule betreiben. Die aktuelle Diskussion über ein Auslaufen der EEG-Förderung für kleine Photovoltaik-Dachanlagen mindert die Planungssicherheit und erschwert die Teilhabe an der Energiewende.“

Wie Janneck, sieht auch Christian Ofenheusle, Vorstand beim Bundesverband Steckersolar (BVSS), Verbesserungen bei den Möglichkeiten von Heimspeichern als Geboten an: „Jetzt gilt es, die bürokratischen Hürden für Heimspeicher endlich zu beseitigen. Denn diese laufen oft bereits vormittags voll und können die Solarspitzen über den Nachmittag gar nicht mehr aufnehmen. Wir setzen uns dafür ein, dass Heimspeicher endlich ökonomisch interessant und gleichzeitig netzdienlich betrieben werden können.“

In einer bis zum morgigen Donnerstag laufenden Petition an den Bundestag fordert der BVSS, dass künftig auch Kleinspeicher zeitvariable Netzentgelte nutzen können, wie es für größere Speicheranlagen bereits der Fall ist. So könnten auch Kleinverbraucher ihren Strom dann nutzen, speichern und abgeben, wenn es sich für sie wirtschaftlich lohnt. Voraussetzung auch hier: Ein Smart Meter. „Kleinspeicher könnten mit bereits 15 GWh installierter Kapazität und starkem Wachstum einen großen Beitrag zur Energiewende leisten“, so das BVSS. Ein solches Vorgehen stabilisiere das Netz und vermeide negative Strompreise.

Wie Heimspeicher selbst mit wenigen Einstellungen bereits heute netzdienlicher arbeiten können, hat die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin kürzlich analysiert. Demnach könnten die Batteriespeicher einiger Hersteller auf ein prognosebasiertes Energiemanagement umgestellt werden, sodass diese prognosebasiert Laden, vorrangig zur Mittagszeit, dann wenn, bei wolkenlosem Himmel, die Solarstromspitzen sind. So entlasten Balkonkraftwerke und Heimspeicher das Netz, anstatt zu diesen Zeiten eine Belastung darzustellen und für negative Preise zu sorgen. So könnten Millionen an Kosten im Haushalt eingespart werden.

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Die neue Bundesregierung müsse den enormen Mehrwert der Bürgerenergie erkennen und sie gezielt fördern statt ausbremsen, fordert Katharina Habersbrunner, Geschäftsführende Vorständin des Bündnis Bürgerenergie, auch mit Blick auf Bürgerbeteiligungen bei größeren Energieprojekten. „Bürgerenergie ist kein Kostentreiber! Sie ist nicht nur ein wichtiger Beschleuniger der Energiewende, sondern auch ein wirtschaftlicher Gewinn für die Gesellschaft. Sie mobilisiert privates Kapital für Wind- und Solarparks und stärkt damit die regionale Wertschöpfung. Von diesen Projekten profitieren die Menschen vor Ort, die kommunalen Haushalte und der Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt.“

Kleine und größere Erneuerbare Energien-Anlagen in Verbindung mit Speichern seien die Lösung und nicht die von RWE, E.ON und VKU geforderten zusätzlichen Gaskraftwerke in einer Größenordnung von 20 Gigawatt, die womöglich eines Tages mit Wasserstoff betrieben werden, so Offenheusle vom BVSS. Mit Blick auf die aktuellen und künftigen Gaspreise seien diese das Gegenteil von Effizienzsteigerung und Kosteneinsparung, so wie es die großen Energieversorger mit ihrer Forderung nach einem „Neustart“ postulieren. Manuel Grisard

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