Elektrizitätswirtschaftsgesetz: Grundlegende Reform des österreichischen Energiemarktes angekündigt

Hohe Energiepreise machen den Österreichern zu schaffen. Das neue Dreier-Regierungsbündnis kündigte diese Woche eine Energiereform an. Die Menschen sollen vor hohen Preisen geschützt werden und mehr Möglichkeiten bekommen selbst Energie zu erzeugen.
12.06.2025 – Es war ein steiniger Weg zum neuen österreichischen Regierungsbündnis. Nachdem die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS Anfang des Jahres gescheitert waren und sich zwischendurch ÖVP und die rechtsextreme FPÖ zu Gesprächen zusammenfanden, kamen schließlich doch Konservative, Sozialdemokraten und Liberale zusammen.
Seit inzwischen etwas mehr als 100 Tagen regiert das Dreier-Bündnis gemeinsam und hat nun eine grundlegende Reform des Energiemarktes in Form eines neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (EIWG) angekündigt, dass das bisherige Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) ablösen soll. Die alte Regierung aus ÖVP und Grünen hatte eine entsprechende Reform bereits angekündigt, es aber nicht mehr geschafft diese umzusetzen.
Kernpunkte der Reform: „mehr Fairness, weniger Bürokratie und günstigeren Strom“, so das österreichische Bundeskanzleramt in einer Pressemitteilung. Insbesondere die Strompreise für Privathaushalte kennen in der Tendenz nur den Blick nach oben. Laut österreichischer Energieagentur steigt der Großhandelspreisindex für Strom im Juni 2025 gegenüber dem Vormonat um 10,4 Prozent. Im Vorjahresvergleich (Juni 2024) liegt der Index um 8,2 Prozent höher. Immerhin: die Energiepreise für Haushalte insgesamt steigen im Jahresvergleich nur leicht – um 0,7 Prozent (Vergleich April 2024 zu 2025). Grund sind günstigere Preise für Öl und Gas.
Energie-Krisenmechanismus
„Wenn die Großhandelspreise sinken, müssen die Versorger das künftig auch rechtlich verpflichtend an die Kundinnen und Kunden weitergeben“, erklärt die Bundesregierung zur angekündigten Reform. Ein sogenannter „Energie-Krisenmechanismus“ zur Vermeidung von exorbitanten Preisanstiegen, soll auch Unternehmen entlasten. Haushalte und Betriebe sollen zudem mehr Möglichkeiten bekommen, Strom selbst zu erzeugen, zu teilen oder direkt zu handeln. Damit würden auch die Netzkosten gesenkt.
Schon jetzt ist Österreich beim sogenannten Energy Sharing weiter als etwa Deutschland. Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften – kurz EEG genannt – dürfen Strom, Wärme oder Gas aus erneuerbaren Quellen erzeugen, speichern, verbrauchen sowie verkaufen und dabei das Stromnetz nutzen. Zudem gibt es ein zweites Modell der Bürgerenergiegemeinschaften. Sie darf nur elektrische Energie erzeugen, ist nicht auf erneuerbare Quellen beschränkt und kann lokal tätig werden oder über mehrere Netzgebiete in ganz Österreich erstrecken. Die Gemeinschaften entlasten das Netz, indem sie lokal erzeugte Energie auch lokal nutzen.
Die nun angekündigte Reform steht unter der Prämisse der Umsetzung von EU-Vorgaben im Rahmen der sogenannten RED III-Richtlinie, insbesondere in Bezug auf die Festsetzung des Ausbaus Erneuerbarer Energien als überragendes öffentliches Interesse und weiteren Abbaus Bürokratischer Hemmnisse, um Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und beschleunigen.
Denn der Ausbau Erneuerbarer Energien stockt, wie eine Analyse des Klimaschutzministerium – noch unter alter Führung – für das Jahr 2024 zeigte. Das Ausbaupotenzial bei der Wasserkraft sei erschöpft, Bei der Biomasse seien Anpassungen mit deutlich höheren Ausschreibungs- und Vergabevolumen nötig und die Windkraft erlebe aktuell eine Flaute. Demnach gebe es langsame Genehmigungsprozesse, fehlende Kapazitäten im Übertragungsnetz, Akzeptanzprobleme in der Bevölkerung und am Ende fehlende Flächen. Auch hier schreibt die RED III-Richtlinie die Zuweisung von Flächen für Erneuerbare Projekte vor.
Stockender Kurs bei der Solarenergie
Lediglich die Solarenergie sei auf Kurs ihren Anteil zu leisten, Österreich bei der Stromversorgung bis 2030 bilanziell auf 100 Prozent Erneuerbare Energieträger umzustellen. Von dem Ziel 27 TWh Erneuerbarer Energien bis 2030 soll die Photovoltaik alleine 11 TWh leisten. Vor einem Jahr erklärte der Branchenverband PV Austria, Österreich habe seine PV-Ausbauziele bis 2030 bereits zu rund 30 Prozent erfüllt. Ein weiterer Zubau von ein bis zwei Gigawatt pro Jahr bis 2030 sei notwendig und machbar, das Ziel zu erreichen.
Anfang der Woche aber warnte Herbert Paierl, Vorstandsvorsitzender von PV Austria: „Die neue Bundesregierung ist mit dem Versprechen angetreten, leistbare Energie sicherzustellen und den Wirtschaftsstandort zu stärken. Die konkreten Handlungen der Regierung waren bisher Belastungen und Abgabenerhöhungen in einem Sektor, der für Wachstum und soziale Tarife sorgen könnte.“ So gab es etwa das abrupte Ende der Mehrwertsteuerbefreiung für PV-Kleinanlagen bis 35 Kilowatt-Leistung.
Inwieweit sich das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz auf den Ausbau der Photovoltaik sowie der anderen Erneuerbaren Energieträger auswirkt, bliebt abzuwarten. Konkrete Inhalte wurden noch nicht genannt. Zudem braucht es für die Verabschiedung des Gesetzes eine Zwei-Drittel-Mehrheit im österreichischen Nationalrat. Die Grünen zeigten sich bereits grundsätzlich gesprächsbereit. mg