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HiroshimaBeschlüsse zu LNG auf dem G7-Gipfel torpedieren Klimaschutz

Eine Frau und drei Männer laufen nebeneinander her und unterhalten sich
Von links nach rechts die G7-Teilnehmer:innen Ursula von der Leyen (Die EU-Kommission hat einen Beobachterstatus), Großbritanniens Premier Rishi Sunak, US-Präsident Joe Biden und Bundeskanzler Olaf Scholz. (Bild: Number 10, flickr, CC BY 2.0)

Der Ukrainekrieg bestimmte die Agenda des G7-Gipfels in Japan. Zwar war die globale Energiewende ebenfalls Thema, doch eine Abkehr von fossilen Brennstoffen sieht anders aus. Dabei könnte die auch Auswirkungen auf den russischen Angriffskrieg haben.

23.05.2023 – Schon am Samstag veröffentlichten die G7-Staaten, der Zusammenschluss demokratisch agierender Wirtschaftsmächte, ihr Abschluss-Kommuniqué. Der Grund: Wolodymyr Selenskyi nahm am Sonntag am Gipfel teil. Umso mehr bestimmte der russische Angriffskrieg die Agenda des G7-Gipfels im japanischen Hiroshima – dort wo erstmals in der Geschichte eine Nuklearbombe als Waffe eingesetzt wurde. Die Staaten versprachen zusätzliche militärische Hilfen für die Ukraine und kündigten weitere Sanktionen gegenüber Russland an. Sicherheitspolitisch bekam auch China bezüglich ihres Umgangs mit Russland und Taiwan Kritik zu spüren.

Die Abschlusserklärung von Deutschland, Italien, Frankreich, Großbritannien, Japan, Kanada und den USA, enthält zudem einen „G7-Aktionsplan für saubere Energiewirtschaft“, der aber in der medialen Berichterstattung wenig Beachtung fand. Darin erklären die Staats- und Regierungschefs ihr „unerschütterliches Bekenntnis zum Übereinkommen von Paris“. Im Abschluss-Kommuniqué verweisen sie dazu auf das Ziel, die weltweiten Treibhausgasemissionen bis 2030 um ungefähr 43 Prozent und bis 2035 um 60 Prozent, jeweils im Vergleich zu 2019, zu reduzieren. Für die Pariser Klimaziele aber, ist das, laut der Wissenschaft, zu wenig.

Zudem wird in der Abschlusserklärung erklärt, den „schrittweisen Ausstieg aus der Energieerzeugung aus fossilen Brennstoffen ohne CCS zu beschleunigen“. „Schrittweise“ und „beschleunigen“ bedeuten jedoch keine radikale Abkehr von fossilen Brennstoffen. „Die G7-Staaten haben sich nicht auf ein Datum für den Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe geeinigt und bezeichnen öffentliche Investitionen in die fossile Gasinfrastruktur als unter bestimmten Bedingungen erforderlich“, kritisiert Lutz Weischer, Leiter des Berliner Büros der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Germanwatch. Dies stehe im Widerspruch zur Einhaltung des in Paris vereinbarten 1,5 Grad-Limits.

Die „G7-Begeisterung“ für Gas

Die G7-Staaten erklären zwar die saubere Energiewende zur prioritären Notwendigkeit, im selben Satz wird aber die „wichtige Rolle“ umfangreicher Lieferungen von Flüssigerdgas (LNG) genannt. Staatlich unterstützte Investitionen im Gassektor könnten „als vorübergehende Maßnahme und in Abhängigkeit eindeutig festgelegter nationaler Umstände“ daher angemessen sein. Von einer „inkonsistenten G7-Begeisterung für neue fossile Gasinfrastruktur“ spricht die Klimaaktivistin Luisa Neubauer auf Twitter. Aufgrund der langen Bauzeit würden neue feste Terminals und Gasprojekte nicht der kurzfristigen Nachfrage helfen, noch entspreche es den mittel- und langfristig prognostizierten Marktentwicklungen und Klimastrategien.

Neubauer und Germanwatch verweisen zudem darauf, dass es Bundeskanzler Olaf Scholz war, der die vermeintliche Wichtigkeit der Investitionen in LNG-Infrastrukturen maßgeblich vorantrieb. „Anstatt sein politisches Kapital für stärkere Energiewende-Ziele einzusetzen, hat der Bundeskanzler für eine Erweiterung der Schlupflöcher für fossiles Gas gekämpft. Das Signal der G7-Staaten für zusätzliche öffentliche Investitionen in Flüssigerdgas ist hochproblematisch“, so Weischer von Germanwatch. Positiv bewertet die Organisation hingegen die Ankündigung der G7, die Finanzierung von und Zusammenarbeit mit Entwicklungs- und Schwellenländern für die Energiewende zu intensivieren.

Es gibt auch positive Signale

So wurde etwa das Bekenntnis zur Klimafinanzierung betroffener Staaten von 100 Milliarden US-Dollar zwischen 2020 und 2025 bekräftigt sowie zusätzliche Mittel in Aussicht gestellt. Petter Lydén, Leiter des Teams Internationale Klimapolitik bei Germanwatch, sagt: „Neue Finanzierungsquellen, die insbesondere Ländern des Globalen Südens zugutekommen, sind dringend notwendig. Die G7 verpflichtet sich, in diesem Jahr konkrete Fortschritte zu erreichen, unter anderem beim Finanzierungsgipfel in Paris im Juni und den Jahrestagungen von IWF und Weltbank im Oktober. Nun kann eine Dynamik für die notwendigen umfassenden Reformen der internationalen Finanzarchitektur entstehen.“

 Positiv zu bewerten sei auch der neue der neu initiierte „Clean Economy Action Plan“, so Germanwatch. Der beschreibe den Ausbau der Zusammenarbeit mit Entwicklungs- und Schwellenländern für den Übergang in eine klimaneutrale Wirtschaft. Alexandra Goritz, Referentin für Klimaaußenpolitik bei Germanwatch, sagt: „Ohne verstärkte internationale Zusammenarbeit und Partnerschaften wird die grüne Transformation nicht gelingen. Wichtig ist, dass die G7-Staaten Partnerländer dabei unterstützen, lokale Wertschöpfungsketten aufzubauen, die die Transformation vor Ort vorantreiben. Dieses Prinzip ist jetzt vereinbart, entscheidend wird aber die Umsetzung sein.“

Ohne fossile Energiewirtschaft, kein Geld für Russland

Doch an der Umsetzung haperte es in der Vergangenheit. So fanden, laut einer Analyse der Universität Toronto, Beschlüsse zum Klimaschutz vergleichsweise wenig Umsetzung – im Gegensatz zu Beschlüssen zu Digitalisierung, Wissenschaftskooperationen und Sozialpolitik. Dabei könnte eine vollständige Abkehr von fossilen Brennstoffen auch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine entscheidend beeinflussen, mahnt Svitlana Romanko, Direktorin der ukrainischen Nichtregierungsorganisation Razom We Stand. Trotz Sanktionen, würden, durch den Gebrauch fossiler Brennstoffe in den G7-Staaten, direkt und indirekt weiter Gelder in die russische Kriegskasse fließen, so die ukrainische Organisation.

„Wenn die G7-Staaten Energiesicherheit und Frieden sicherstellen wollen, dann haben sie keine andere Möglichkeit als unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu beenden“ so Romanko. Kurzfristig sei es wichtig, die Schlupflöcher bei den Sanktionen zu stopfen und ein wirksames Embargo russischer Öl- und Gaslieferungen durchzusetzen. Laut der Internationalen Energieagentur exportierte Russland im März so viel Öl ins Ausland, wie seit drei Jahren nicht mehr, wenn auch zu deutlich niedrigeren Preisen. Das Öl ging vornehmlich nach China und Indien, aber auch die Türkei. In den dortigen Ländern raffiniert, gelangt es wieder auf den Weltmarkt, also auch in die G7-Staaten. Sanktionen werden so umgangen.

Während zumindest direkte russische Öl-Lieferungen in die Europäische Union weitgehend zum Erliegen gekommen sind, besteht auf Gas noch kein offizielles Embargo. Wenn auch insgesamt weniger, sind einige Gasleitungen von Russland nach Europa weiterhin in Betrieb. Auch das Flüssigerdgas, das in der EU anlandet und für das gerade auch in Deutschland weitere Import-Terminals aufgebaut werden, stammt teilweise aus Russland. Letzten Erhebungen im Februar diesen Jahres zufolge, waren es 15 Prozent der LNG-Importe in die EU. mg


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