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KohleausstiegIn Welzow entscheidet sich die Klimapolitik Brandenburgs

Blick auf den Tagebau mit vielen Kohlebaggern, die riesige Mengen an Braunkohle fördern, welches auf einem Band in der Mitte des Tagebaus abtransportiert wird.
Der Tagebau Welzow-Süd I im vollen Betrieb. Eine weitere Grube dieses Ausmaßes könnte den Anwohnern mit den Planungen für Welzow-Süd II drohen. (Foto: Onkel Holz / Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0)   

Wird es einen Tagebau Welzow-Süd II geben? Und wann schließt in der Lausitz das letzte Kohlekraftwerk? Fragen, auf die es nach den Brandenburger Landtagswahlen am 01.09. erste Antworten geben wird. Die Meinungen der Parteien gehen weit auseinander.

14.08.2019 – Zwar will der Betreiber der Lausitzer Tagebaue, das tschechische Unternehmen LEAG, erst 2020 entscheiden, wie es in der Region um Welzow mit dem Braunkohleabbau weiter geht, doch richtungsweisend wird dann auch die politische Lage Brandenburgs sein. Und die entscheidet sich bei den Landtagswahlen am 01.09. Denn vor allem bei der Frage nach einer Tagebauerweiterung, dem sogenannten Welzow-Süd II, reichen die Meinungen der antretenden Parteien weit auseinander.

Bislang betreibt die LEAG den Tagebau Welzow-Süd I, der bei einem Kohleausstieg im Jahr 2038 jedoch erweitert werden müsste. Dafür würden, nach Plänen von 2014, der Ort Proschim und Teile von Welzow weichen. Welzow wäre darüber hinaus von drei Seiten vom Braunkohletagebau umgeben. Den entsprechenden „Braunkohlenplan Welzow-Süd II“ hatte die damalige Landesregierung aus SPD und Linke gemeinsam abgenickt. Und noch immer leiten die beiden Parteien gemeinsam die Geschicke Brandenburgs.

SPD und Linke: Nicht mehr klar auf Kohlekurs

Deren Meinungen zur Lausitzer Braunkohle haben sich jedoch verschoben. Dietmar Woidke von der SPD und seit August 2013 Ministerpräsident des Landes, erklärte kürzlich, dass ein früherer Ausstieg aus der Braunkohle als 2038 unter gewissen Bedingungen möglich sei, und Strukturentwicklung und Versorgungssicherheit gewährleistet sind. Damit legte Woidke seit Ende letzten Jahres eine Kehrtwende in der Klimapolitik-Rhetorik ein, die sich auch im Parteiprogramm des Landesverbandes wiederspiegelt. Dort steht, dass die Landesregierung alles unternehmen werde, „die Schaffung neuer zukunftssicherer Arbeitsplätze so zu forcieren, dass ein früherer Ausstieg erreichbar wird.“

Der Umweltverband die Grüne Liga jedoch kritisiert in Niederlausitz Aktuell, dass Woidke sich nach wie vor mit zu vielen Menschen aus der Braunkohlewirtschaft umgebe. Dazu gehören Wirtschaftsminister Jörg Steinbach, der zuvor im Aufsichtsrat der LEAG tätig war, und die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung, Kathrin Schneider, eine ehemalige Braunkohleplanerin. Beide hatte Woidke ins Regierungskabinett gebracht. Darüber hinaus ernannte er mit Klaus Freytag den ehemaligen Bergamtspräsidenten zum Lausitz-Beauftragten, der die Strukturentwicklung begleiten soll.

Von der Linkspartei in Brandenburg hingegen war lange Zeit nichts zu hören. Doch das aktuelle Wahlprogramm macht nun deutlich, dass die Linke für einen sozialverträglichen Ausstieg aus der Braunkohleverstromung so schnell wie möglich, bis spätestens 2030 stehe. Im Gegensatz zur SPD erteilt die Linke auch einer Erweiterung des Tagebaus Welzow-Süd eine klare Absage. "Wir werden keinen neuen Tagebau mehr aufschließen", so Vize-Ministerpräsident Christian Görke von den Linken. Woidke hingegen erklärte dazu nur, dass diese Entscheidungen im Kontext der deutschen Energieversorgung fallen müssten. Ob die Parteispitze der Linkspartei bei einer neuerlichen Koalition konsequent um ihr Parteiprogramm kämpfen wird, bleibt laut Grüne Liga jedoch abzuwarten. Denn erst Änderungsanträge der Parteibasis hatte die Linken in der Landesregierung dazu bewegt ihr Wahlprogramm derart klimafreundlich zu gestalten.

Grüne und AfD: Gegensätzlicher könnten die Meinungen nicht sein

Doch ob SPD und Linke nach den Landtagswahlen erneut zusammen die Regierung stellen, ist zweifelhaft. Denn vor allem die SPD wird erwartungsgemäß starke Verluste einfahren und liegt in Prognosen aktuell bei 17,1 Prozent. Bei den Landtagswahlen 2014 waren es noch 31,9 Prozent. Grüne und AfD hingegen erwarten hohe Stimmengewinne. Und bei diesen beiden Parteien könnten die Meinungen zur Zukunft des Lausitzer Braunkohlereviers unterschiedlicher nicht sein. Die AfD will laut Landtagswahlprogramm die Energiewendepolitik insgesamt beenden und tritt für den Erhalt der Braunkohle als ihrer Meinung nach „wichtiger Wirtschaftsfaktor“ ein. Dafür müssten dann auch über Welzow-Süd II hinaus Tagebauprojekte umgesetzt und weitere Dörfer abgebaggert werden. Diese Forderungen scheinen viele Menschen indes nicht abzuschrecken. Auf über 21 Prozent kommt die AfD laut Prognosen inzwischen.

Die Grünen in Brandenburg hingegen treten als einzige der größeren Parteien seit Jahren konsequent für eine Abkehr von der Braunkohle in der Lausitz ein. Auch neuesten Plänen für eine Erweiterung des Tagebaus Welzow Süd, der um den Ort Proschim herum entstehen soll, erteilen die Grünen eine Absage. „Wenn wir die Pariser Klimaziele ernst nehmen, müssen wir die Verkleinerung bestehender Tagebaue diskutieren, anstatt über Erweiterungen“, so Benjamin Raschke, Spitzenkandidat der Grünen in Brandenburg. Und nach 6,2 Prozent der Stimmen bei den letzten Landtagswahlen, kommen die Grünen in Prognosen inzwischen auf über 15 Prozent. Eine Regierungsbeteiligung der Grünen in der kommenden Legislaturperiode wird damit immer wahrscheinlicher.

CDU und FDP: Vorrangig ökonomische Interessen?

So könnten die Grünen den Umfragen zufolge gemeinsam mit der SPD und der CDU eine Regierungsmehrheit stellen. Eine Zusammenarbeit von CDU und Grünen in Brandenburg könnte sich jedoch schwierig gestalten. Zwar bekräftigt inzwischen auch die CDU keine weiteren Siedlungen mehr umsiedeln zu wollen, doch einer Fortführung und Erweiterung des Tagebaus Welzow-Süd erteilen sie keine Absage und verweisen unter anderem auf die Versorgungssicherheit.

Genau wie die FDP, die in ihrem Wahlprogramm einen Ausstieg aus der Braunkohle „früher oder später“ für unumgänglich hält, gleichzeitig jedoch auf vermeintliche Sicherheit und geringe Kosten durch die fossile Energie verweist, sowie vor „Massenarbeitslosigkeit“ warnt. Ein „behutsamer Ausstieg aus der Kohle“ sei daher vonnöten. Ob die FDP jedoch künftig an einer Regierung beteiligt seien wird, darf bezweifelt werden. Nachdem sie in der vergangenen Legislaturperiode nicht im Parlament vertreten waren, ist nun zwar ein Einzug möglich, mit Prognosen bei 5 Prozent der Stimmen ist ein Dreierbündnis mit der FDP jedoch in keiner Konstellation gegeben.

die Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegungen: Das Zündlein an der Waage?

Mit der voraussichtlich stärksten Kraft, der AfD, dagegen will aktuell niemand in Brandenburg zusammenarbeiten – für den Klimaschutz ein positives Zeichen. Neben einer möglichen Koalition von CDU, Grüne und SPD, erscheint in diesem Zuge vor allem ein rot-rot-grünes Bündnis realistisch. Doch nach Stand der aktuellen Prognosen könnten SPD, Linke und Grüne nur zusammen regieren, wenn die Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegungen/Freie Wähler nicht über die Fünf-Prozent-Hürde kommt. Und wie sich die Freien Wähler zum Braunkohleabbau verhalten werden, bleibt unklar, kritisiert die Grüne Liga. Die Freien Wähler seien offensichtlich bestrebt, jeder Bürgerinitiative etwas zu versprechen. Deren Aussagen zur Kohle seien in sich nicht schlüssig. mf


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