EU-WettbewerbskompassInnovativer, unabhängiger, schneller

EU-Flagge
Die EU-Kommission legt mit dem Wettbewerbskompass ein Leitlinienpapier für die Legislaturperiode vor (Bild: Markus Spiske / Unsplash).

Das Leitprinzip der EU für die derzeitige Legislaturperiode lautet Bürokratie abbauen. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, soll alles bald schneller und einfacher gehen. Ziel bleibt eine klimaneutrale Wirtschaft bis 2050.

31.01.2025 – Am vergangenen Mittwoch hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Kompass für Wettbewerbsfähigkeit (Competetiveness Compass) der Europäischen Union vorgestellt. Der Report ist der erste wirtschaftspolitische Leitfaden seit den EU-Wahlen und gilt als wegweisend für die neue Legislaturperiode bis 2029.

In ihrer Rede betont Von der Leyen die Vorzüge und Stärken der EU, gibt jedoch auch zu, dass Europa hinter China und den USA hinterherhinke. Das Wirtschaftswachstum der letzten Jahrzehnte habe vor allem auf billiger Arbeitskraft aus China, scheinbar billiger Energie aus Russland und dem ‚Outsourcing‘ von Sicherheit basiert. Alle drei fielen nun weg – und Europa müsse sich anpassen. „Für Europa steht nicht nur das Wirtschaftswachstum auf dem Spiel, sondern auch die Zukunft seines Modells“, heißt es im Wettbewerbskompass.

„Europa steht vor existenziellen Herausforderungen. Die Ziele sind dabei klar: Wir brauchen mehr Innovation, weniger Bürokratie und einfachere Regulierung, eine Beschleunigung der grünen und digitalen Transformation, massive Investitionen und eine Stärkung der Resilienz“, begrüßte Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck das Rahmenpapier.

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Grüne Wettbewerbsfähigkeit, Produktivität durch Innovation und mehr Unabhängigkeit

Der Wettbewerbskompass greift Empfehlungen des Draghi-Reports auf. Als Leitprinzipien soll die Innovationskraft gestärkt, mehr Wettbewerbsfähigkeit durch eine erfolgreiche grüne Transformation geschaffen sowie Abhängigkeiten reduziert und die Sicherheit der EU gestärkt werden. Regularien sollen vereinfacht, Verfahren beschleunigt und nationale und EU-Politik besser koordiniert werden.

Klimaschutz und grüne Technologien spielen in dem Papier im Gegensatz zur ersten Amtszeit von Von der Leyen insgesamt eine eher untergeordnete Rolle, doch die EU bleibt grundsätzlich auf Kurs. Das Ziel, EU-Emissionen bis 2040 um 90 Prozent zu reduzieren wird eindeutig benannt, und die Dekarbonisierung der Industrie steht ganz oben auf der Agenda.

Unklar bleibt, in welchem Ausmaß der geplante Bürokratieabbau, bei dem Unternehmen u.a. um ein Viertel ihrer Berichtspflichten entlastet werden sollen, auch Nachhaltigkeitsauflagen betrifft. Ein entsprechendes Gesetzespaket soll in wenigen Wochen folgen.

Industrie dekarbonisieren

Ende Februar wird als erste konkrete Maßnahme der Clean Industrial Deal vorgestellt. Ein Rechtsakt soll Genehmigungsverfahren für Sektoren im Übergang beschleunigen und so die Dekarbonisierung der Industrie erleichtern. Geplant ist auch, die Industriepolitik mehr auf die gemeinsame Wettbewerbsfähigkeit der EU-Länder auszurichten als bisher. Mit einem Aktionsplan für erschwingliche Energie soll zudem der Zugang der Industrie zu sauberer Energie erleichtert werden. Auch der europaweite Netzausbau wird als unerlässlicher Faktor genannt.

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Aus dem Erneuerbaren Sektor kommt Zustimmung. „Ein fairer und verlässlicher Rahmen für erschwingliche, saubere Energie ist der Schlüssel zur Sicherung des Produktionsstandorts Europa“, begrüßt Joachim Goldbeck, Präsident des BSW Solar, den Wettbewerbskompass. „Doch um das volle Potenzial der Solarenergie in Europa auszuschöpfen, müssen bestehende Hürden abgebaut werden – insbesondere im intereuropäischen Handel, bei Genehmigungsverfahren und beim Ausbau der Netzinfrastruktur“, so Goldbeck. Der Kompass setze wichtige Impulse – nun gelte es, diese in konkrete Maßnahmen umzusetzen.

Finanzierung bleibt vage

Kernpunkt des Draghi-Reports ist, dass die EU investieren muss, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten – und zwar etwa 800 Milliarden Euro jährlich bis 2030. Die Kommission plant eine Europäische Spar- und Investitionsunion mit entsprechenden Anlageprodukten sowie eine Vereinfachung von EU-weiten Investitionen. Klarere Finanzierungspläne liefert der Wettbewerbskompass nicht. Auch für eine gemeinsame Schuldenaufnahme der EU-Mitgliedstaaten gibt es derzeit keine Mehrheiten.

Der Clean Industrial Act sei eine gute Grundlage, um zügig ohne viel Bürokratie Industriezonen in Europa zu schaffen, kommentiert Michael Bloss, klima- und industriepolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament im Interview. „Doch was fehlt, ist schlicht Geld. Die USA investieren allein bis in die Mitte der 2030er Jahre weit über 500 Milliarden US-Dollar. Die neue Kommission muss jetzt im Clean Industry Deal zeigen, ob sie bereit ist, Gelder in die Hand zu nehmen.“ jb

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