Menü öffnen

Neue Investitionen in AtomkraftJapans Umgang mit der Nuklearkatastrophe von Fukushima

Die ehemalige Atomkraftanlage Fukushima Daiichi darf nicht ohne Schutzanzüge betreten werden. Die radioaktiven Rückstände sind krebserregend. (Foto: © Mike Weightman (IAEA Imagebank), CC BY-SA 2.0)

Auch sieben Jahre nach dem Atomreaktorunfall von Fukushima sind Orte in der Region weiter unbewohnbar, wie Messungen von Greenpeace zeigen. Doch die aktuelle japanische Regierung ignoriert die Probleme und investiert wieder verstärkt in Atomkraft.

11.03.2018 – Der 11. März 2011 hat sich für Japan und die Welt ins kollektive Gedächtnis eingebrannt. Die Präfektur Fukushima ist seitdem jedem ein Begriff. Ein Tsunami, ausgelöst durch ein Erdbeben vor der japanischen Küste, zerstörte das Kernkraftwerk Fukushima Daiichi. Schon durch das Erdbeben – 163 km nordöstlich der Anlage – fiel die externe Stromversorgung aus, woraufhin die Notstromversorgung mit Dieselgeneratoren in Kraft gesetzt wurde. Tsunamiwellen mit einer Höhe von 13 bis 15 Metern überschwemmten kurze Zeit später die gesamte Anlage. Dieselgeneratoren und Meerwasserpumpen wurden zerstört, wodurch die Kühlung der Reaktoren ausfiel. Daraufhin ereigneten sich mehrere Störfälle, die zusammen genommen auf der siebenstufigen INES-Skala (Internationale Bewertungsskala für nukleare Ereignisse) die höchste Stufe erreichte und damit auf einer Ebene mit der Katastrophe von Tschernobyl 1986 in der Ukraine steht.

Doch während Deutschland daraufhin den Ausstieg aus der Atomkraft beschleunigte und 2022 die letzten Reaktoren vom Netz gehen sollen, strebt die aktuelle japanische Regierung einen Anteil der Atomenergie von 20 bis 22 Prozent an der gesamten Stromversorgung bis 2030 an. Zwar hatten vorangegangene Regierungen einen schrittweisen Ausstieg aus der Atomkraft verkündet, doch die aktuellen Machthaber unter dem rechtskonservativen Ministerpräsidenten Shinzo Abe wollen wieder verstärkt in die Atomkraft investieren.

Greenpeace warnt vor Rückkehr in verstrahlte Gebiete

Und auch der Umgang der Regierung mit den verstrahlten Gebieten rund um das Kernkraftwerk erscheint fragwürdig. Vor einem Jahr wurden die Evakuierungsanweisungen für Teilbereiche der beiden Orte Namie und Iitate – 25 bis 30 km vom Unglücksort entfernt – aufgehoben. Betroffenen ist es seitdem freigestellt in ihre alte Heimat zurückzukehren, doch eine aktuelle Studie von Greenpeace Japan warnt vor diesem Schritt. Zwischen September und Oktober 2017 analysierten Wissenschaftler die Strahlung in den beiden Orten. Die jetzt veröffentlichten Ergebnisse zeigen ein anderes Bild, als jenes von der Politik propagierte.

Nach Angaben von Greenpeace gehen die Messwerte teilweise weit über die von der Regierung kalkulierten 0,23 Mikrosievert pro Stunde hinaus. Bei dieser Zahl im Mittel, würde in den entsprechenden Gebieten ein Wert von 1 Milisievert pro Jahr nicht überschritten werden und damit unter dem international festgelegten Grenzwert für künstliche erzeugte Radioaktivität liegen. Die Werte lagen im Messzeitraum jedoch deutlich darüber und betrugen im Schnitt bis zu 4,3 Mikrosievert pro Stunde.

Der Wunsch nach einem Atomausstieg wird ignoriert

Zwar führte die Regierung in den betroffenen Gebieten Dekontaminierungsmaßnahmen durch, doch vor allem die großflächigen Waldgebiete bereiten Probleme. 70-80 Prozent der Region besteht aus bergigem Baumbestand, der nicht dekontaminiert werden kann. Wind trägt immer wieder radioaktiven Staub aus den Wäldern in die bewohnten Gebiete und greift die Gesundheit der Menschen an.

Für Sylvia Kotting-Uhl, Grünen-Politikerin und Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag, zeigt die japanische Regierung dem Wunsch der Bevölkerung nach einem Atomausstieg die kalte Schulter. „Mit finanziellen Erpressungen werden Evakuierte in ihre alten Wohngebiete zurückgeschickt, die zwar dekontaminiert sind, aber immer noch viel zu hoch strahlen. Im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele 2020 soll Normalität hergestellt werden. Doch normal wird das Leben in den verstrahlten Regionen noch lange nicht sein“, führt Kotting-Uhl in einer Pressemitteilung weiter aus. Medienwirksam will Japan zu den Sommerspielen 2020 Baseball- und Softballspiele auch in Fukushima stattfinden lassen.

Japan muss sich verantworten

Doch in der Bevölkerung sind sich viele der Gefahren bewusst. Bislang sind erst 3,5 Prozent der ehemaligen Einwohner von Namie und Iitate in ihre alte Heimat zurückgekehrt, obwohl für die meisten die finanzielle Unterstützung des Staates Anfang 2019 ausläuft, die sie in Form von Wohngeld seit der nuklearen Katastrophe erhalten. Und seit November letzten Jahres muss sich die japanische Regierung auch noch vor der UN-Menschenrechtskommission in Genf wegen Gefährdung der Bevölkerung verantworten. Am 16. März will die Regierung zu den Vorwürfen Stellung nehmen.mf


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft