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EU-Klimaziel 2040Ein halbes Bekenntnis für mehr Klimaschutz

EU-Flagge
EU-Klimaziel 2040: Keine Absage, aber auch kein klares Bekenntnis für den Klimaschutz (Bild: Antoine Schibler auf Unsplash Lizenz).

Der Europäische Rat bestärkt das Klimaziel für 2040 – ohne Details zu klären. So ist der Beschluss nur ein halbes Bekenntnis für den Klimaschutz. Ohne Maßnahmen drohen Klimaziele, zu einem leeren Versprechen zu werden.

24.10.2025 – Die EU-Staats- und Regierungschefs einigten sich bei ihrem Treffen am gestrigen Donnerstag darauf, mit der Festlegung des Klimaziels für 2040 fortzufahren. Allerdings gelten Einschränkungen. So blieben wichtige Streitpunkte wie die Frage, welcher Anteil des 90-prozentigen Emissionsreduktionsziels durch ausländische Emissionszertifikate erreicht werden dürfen, weiter offen. Über die Konditionen sollen die Minister am 4. November beraten.

„Das ist ein hinreichend starkes Mandat für das Umweltministertreffen, um vor dem Weltklimagipfel in Brasilien Nägel mit Köpfen zu machen und ein 90-Prozent-Klimaziel für 2040 zu beschließen“, kommentiert Oldag Caspar, Leiter des Bereichs Deutsche und Europäische Klimapolitik bei Germanwatch. Die EU unterstreiche damit, dass sie auch bei komplexen Fragen handlungsfähig sei. „Nun kommt es darauf an, dass Bundesumweltminister Schneider und seine Kolleginnen und Kollegen diesen Rückenwind nutzen. Sie müssen auch verhindern, dass über CO2-Zertifikate in das wichtige Ziel riskante Schlupflöcher eingebaut werden.“

Die Einigung enthält unter anderem eine ‚Revisionsklausel‘ die es erlaubt, das Klimaziel abzuschwächen. Mehrere europäische Länder hatten argumentiert, das Ziel sei zu ambitioniert. Hintergrund sind die wirtschaftlichen Herausforderungen durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine sowie die sinkende CO2-Absorbtion natürlicher Senken. Länder wollen zudem nicht füreinander einstehen müssen, wenn Emissionsreduktionsziele einseitig nicht erreicht werden.

Wissenschaftlich fundierte Klimapolitik

Klimaschutzorganisationen, Politiker und Wissenschaftler forderten in den vergangenen Tagen eindringlich ehrgeizigere Klimaziele.Über 2000 europäische Wissenschaftler forderten im Vorfeld des Treffens die Verabschiedung eines wissenschaftlich fundierten Klimaschutzplans. In einem offenen Brief kritisierten sie unter anderem, dass die politische Diskussion sich immer weiter von den wissenschaftlichen Erkenntnissen entferne. Verhandlungen würden von kurzfristiger Politik, Leugnungsbewegungen, die auf Fehlinformationen beruhen, und Verhandlungen über Schlupflöcher dominiert.

Die Reduzierung der Emissionen um 90 bis 95 Prozent im Vergleich zum Niveau von 1990 sei nicht nur eine politische Entscheidung, sondern eine existenzielle Notwendigkeit, um die Zukunft Europas zu sichern und das Leben der Menschen angesichts des zunehmend hohen Risikos, kritische Kipppunkte zu überschreiten, zu schützen.

Die Augen waren dabei auf Deutschland gerichtet, dem größten EU-Mitglied. „Der EU-Gipfel ist Friedrich Merz’ Chance, Farbe beim Klimaschutz zu bekennen“, sagt Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand von Greenpeace Deutschland im Vorfeld des Treffens. Während Donald Trump die USA in eine fossile Rückwärtsrolle zwingen wolle und China seine gewaltigen Emissionen nur langsam senke, müsse die EU zum Herzschrittmacher des Pariser Klimaabkommens werden.

Klimaambitionen wackeln

Die Kommission hatte Anfang 2024 das Ziel einer Emissionsreduzierung um 90 Prozent bis 2040 empfohlen. Der Europäische wissenschaftliche Klima-Beirat hatte sogar 90 bis 95 Prozent bis 2040 gefordert. Nach dem EU‑Klimagesetz hätte der Gesetzesvorschlag für das 2040‑Ziel bis Mitte 2024 vorliegen sollen. Nach mehreren Zeitplanänderungen reichte die Kommission ihren Vorschlag formal schließlich im Juli 2025 ein.

In den vergangenen Monaten trübten sich die Hoffnungen auf ehrgeizige Klimaziele deutlich. Neuwahlen im EU-Parlament sowie in einigen EU-Staaten führten zu wachsendem Widerstand gegen den Klimakurs der EU. Die Abgabefrist der UN für aktualisierte NDCs hatte die EU bereits im Februar verfehlt, auch die ‚weiche‘ Frist im September ließ sie ungenutzt verstreichen.

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Bundeskanzler Friedrich Merz hatte in den vergangenen Monaten seinem Unmut über ‚überzogenen Klimaschutz‘ mehrmals Luft gemacht. Obwohl das Ziel, die Emissionen EU-weit bis 2040 um 90 Prozent zu senken, im Koalitionsvertrag zugesagt wurde, setzte Merz sich zunehmend gegen Klimaschutzmaßnahmen ein. Auf EU-Ebene unterstützte er und damit Deutschland beispielsweise Angriffe auf den beschlossenen EU-Zulassungsstopp für neue Verbrenner-Pkw und einen Rollback des Lieferkettengesetzes. Seine Position zum Klimaschutz unterstützte zuletzt Polen, Ungarn, Italien und allen voran Frankreich darin, bis auf weiteres kein EU-Klimaziel festzulegen und die Frist der UN zur COP30 verstreichen zu lassen. Die Ziele der EU fließen somit nicht bei der Weltklimakonferenz ein. Das Treffen gestern galt als letzte Chance der EU, zumindest nicht mit vollständig leeren Händen nach Belén zu fahren.

EU plant, Klimaschutzmaßnahmen abzuschwächen

Bisher steht die EU-Kommission offiziell hinter den Klimazielen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte im Vorfeld des Treffens, Klimaschutz sei essenziell, um die europäischen Industrien weiterzuentwickeln, mit China im Bereich grüner Technologien zu konkurrieren und die Länder vor Wetterextremen zu schützen. Gleichzeitig bekräftigte sie allerdings bestehende Bestrebungen, eine Reihe von EU-Klima- und Umweltgesetzen zu schwächen. Darunter fallen das EU-Gesetz zur Nachhaltigkeit von Unternehmen und den ETS 2.

Die angekündigten Vereinfachungen bei wichtigen Regeln für eine wirkungsvolle Umsetzung der Klimaziele wie Berichts- und Sorgfaltspflichten könnte echten Klimaschutz untergraben, kritisiert Oldag Caspar von Germanwatch. „In vielen Branchen steckt der Großteil der Emissionen in der Lieferkette. Diese verschwinden nicht einfach indem man nicht darüber berichtet und keine Verantwortung übernimmt.“

Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, hat ähnliche Bedenken. Er zeigte sich zwar erleichtert, dass der europäische Klimaschutz nicht vollständig abgesagt wurde. Das „Schrauben an zentralen Klimaschutzinstrumenten“ nennt er allerdings einen „Kuhandel nationaler Interessen auf Kosten zukunftsfähiger Industriepolitik.“

Klimaziele verschärfen

Das Pariser Klimaabkommen wurde vor rund 10 Jahren geschlossen. Die anfänglich von individuellen Ländern gesetzten Klimaziele reichten allerdings nicht aus, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, mindestens jedoch unter 2 Grad zu halten. Im Abkommen wurde deshalb festgelegt, dass sich die Länder alle fünf Jahre schärfere Klimaziele setzen, um ihre Emissionen zu senken.

In diesem Jahr ist die zweite Verschärfung der Nationally Determined Contributions (NDCs) fällig, die erstmals auch ein Zwischenziel für 2035 enthalten soll. Klimaschutzorganisationen hatten zudem gehofft, dass die neuen NDCs Pfade für einen Fossilausstieg enthalten, auf den sich die Staaten bei der vorletzten Klimakonferenz in Dubai (COP28) geeinigt hatten. jb

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