Europäische Union: Kritik am neuen Haushaltsentwurf der EU-Kommission

Der von der EU-Kommission vorgestellte Entwurf für den mehrjährigen Haushalt ab 2028 ruft Kritik hervor. Zwar wird mit deutlich mehr Geld geplant, aber Klima- und Umweltschutz könnten unsicheren Zeiten entgegensteuern.
18.07.2025 – Von aktuell 1,8 auf rund zwei Billionen Euro soll der mehrjährige Haushalt der Europäischen Union steigen, so schlägt es die EU-Kommission diese Woche vor. Bezieht sich der aktuelle Haushalt auf die Periode 2021 bis 2027, muss ab 2028 und für die dann folgenden sieben Jahre ein neuer Haushalt her. Mit dem Vorschlag der EU-Kommission gehen die Debatten in den Mitgliedsstaaten in die finale Phase. Denn die müssen am Ende das Geld für die EU bereitstellen.
Entscheidend ist der Haushalt auch für die weitere Ausrichtung der EU für Umwelt- und Klimaschutz. Von den 1,8 Billionen Euro aus dem laufenden Haushalt sind rund 34 Prozent und damit 660 Milliarden Euro für Klimaschutz und Biodiversität vorgesehen. Dabei speisen sich die Ausgaben zum einen aus dem regulären Haushalt sowie dem 2020 im Rahmen der Corona-Krise aufgesetzten und inzwischen ausgelaufenen Konjunkturprogramm NextGeneration EU. Im neuen Haushalt ab 2028 soll der Klimaschutz- und Biodiversitätsanteil leicht steigen, auf 35 Prozent und rund 700 Milliarden Euro.
Es bleibe jedoch fraglich, ob dieser Anteil ausreicht, um die verbindlichen europäischen und internationalen Klima- und Biodiversitätsziele zu erreichen, kritisiert der Deutsche Naturschutzring (DNR). Aus Sicht des DNR brauche es mindestens 50 Prozent des Haushalts für Klima- und Umweltschutzziele, inklusive dezidiert zweckgebundener Mittel für den Schutz und die Wiederherstellung der Natur. Außerdem müssten diese transparent kontrolliert und regelmäßig überprüft werden. Fatal sei zudem, dass das eigenständige Umweltprogramm LIFE beendet und in andere Töpfe aufgehen soll.
Das kritisiert auch der WWF Deutschland. Deren Politikchef Matthias Meißner sagt: „Ein herber Schlag: Das LIFE-Programm – Europas einziges Finanzierungsinstrument ausschließlich für Umwelt, Natur und Klima – wird komplett gestrichen. Stattdessen soll es im neuen ‚Europäischen Wettbewerbsfonds‘ aufgehen, einem Sammelbecken für Industriepolitik. Anstatt den Naturschutz zu stärken, wird er zur Nebensache degradiert.“
Der Vorschlag der EU-Kommission zum europäischen Wettbewerbsfonds, geht unter anderem auf einen Bericht von Mario Draghi zurück. Der ehemalige Chef der Europäischen Zentralbank und frühere italienische Ministerpräsident hatte von der EU-Kommission den Auftrag erhalten, einen Strategiebericht zur Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union zu verfassen, den er im Herbst 2024 veröffentlichte.
Darin spricht Draghi von einer „existenziellen Herausforderung“ für die Europäische Union. Die Aufgabe sei es, die EU aus dem Zustand geringer Produktivität und schwachen Wachstum wieder herauszuführen. Dafür brauche es massive Investitionen: 150 Milliarden Euro jährlich für die digitale Transformation, 50 Milliarden für die gemeinsame Verteidigungsfähigkeit der EU und bis zu 150 Milliarden für die Entwicklung neuer Innovationen, um die Produktivität hochzuschrauben.
Der weitaus größte Anteil an Investitionen müsse derweil in die Energiewende fließen. Rund 150 Milliarden Euro jährliche Investitionen müsse es für den Transportsektor geben und hier vor allem für eine lückenlose europäische Ladeinfrastruktur. 300 Milliarden jährlich bräuchte die Transformation des Energiesystems, inklusive der Entwicklung neuer grüner Technologien.
Mit 409 Milliarden Euro bezifferte die EU-Kommission nun den Wettbewerbsfonds. Daraus sollen Förderungen fließen, die zusätzliche private und öffentliche Investitionen ankurbeln sollen. Die Unterstützung ist dabei weit gefasst und die Bereiche sauberer Übergang und Dekarbonisierung; den digitalen Wandel; Gesundheit, Biotechnologie, Landwirtschaft und Bioökonomie sowie Verteidigung und Weltraum beinhalten.
Auch der EU-Forschungsrahmen im Wert von 175 Milliarden Euro soll in diese Bereiche fließen. Ein Krisenmechanismus im Wert von bis zu 400 Milliarden Euro, soll nicht nur bei akuten Krisen unbürokratisch Hilfe in Form von Darlehen bereitstellen, sondern auch Vorsorge etwa im Rahmen der Klimaanpassung möglich machen.
Weniger Ökologie bei der GAP
Der weitaus größte Einzelposten wird weiterhin die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) umfassen, auch wenn dieser im neuen Haushalt nominal sinken soll, von 386,6 Milliarden auf rund 300 Milliarden Euro. Die Subventionen der Landwirtschaft beruhen auf zwei Säulen. 75 Prozent der Mittel und die erste Säule sind Direktzahlungen, die vor allem pro Hektar landwirtschaftlich betriebener Fläche ausgezahlt werden und zu einem geringeren Teil an Umweltauflagen gekoppelt sind. Mit der letzten Reform der GAP, die Anfang 2023 in Kraft trat, müssen mindestens 25 Prozent der Direktzahlungen für umweltfreundliche Maßnahmen verwendet werden. Zudem müssen gewissen Umweltstandards eingehalten werden, um überhaupt Subventionen zu erhalten.
Die zweite Säule und 25 Prozent der Leistungen sind für die ländliche Entwicklung vorgesehen, wie die Modernisierung und Wettbewerbsfähigkeit von Betrieben sowie Infrastrukturprojekte im ländlichen Raum. Seit der GAP-Reform müssen bei der zweiten Säule mindestens 35 Prozent der Gelder in Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen fließen. Im Rahmen des kommenden mehrjährigen Haushaltes jedoch plant die Kommission das GAP-Budget nicht nur zu kürzen, sondern die öffentlichen Gelder auch noch weniger verbindlich als bisher an Umweltleistungen zu koppeln, kritisiert die Deutsche Umwelthilfe. Waren bisher rund ein Viertel der Direktzahlungen klar an Ökoregelungen gebunden, sollen die Mitgliedsstaaten künftig Subventionen auch ohne klare Gemeinwohlkriterien vergeben dürfen.
DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner sagt: „Bundesagrarminister Alois Rainer muss die Vorschläge zur Gemeinsamen Agrarpolitik im EU-Rat dringend nachbessern: Mindestens 80 Prozent des Agrarbudgets müssen gezielt in den Wasser-, Boden- und Artenschutz fließen. Ohne einen Mindestanteil für Umweltprogramme und ländliche Entwicklung wären die Kommissionsvorschläge zur Reform der Agrarpolitik ein gewaltiger Rückschritt und würden das Reformziel, ‚Anreize‘ für Nachhaltigkeit zu schaffen, zur leeren Worthülse degradieren.“ mg





















































