Energiesicherheit: Litauen, Lettland und Estland werden Teil des europäischen Stromnetzes

Die Baltischen Staaten trennten sich Anfang Februar erfolgreich vom russischen Verbundnetz und verbanden sich mit dem kontinentaleuropäischen Stromnetz. Die Abkopplung wurde über Jahre vorbereitet, und zuletzt durch den Ukraine-Krieg beschleunigt.
25.02.2025 – Die Baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland haben einen großen Schritt in Richtung Energiesouveränität getan. Anfang Februar trennten sie ihre Energieversorgung vom Verbundnetz von Russland und Belarus, und verbanden sich über die Stromleitung LitPol Link mit Polen und damit dem kontinentaleuropäischen Stromnetz.
Litauen kappte zuerst die Verbindung, Lettland und Estland folgten wenige Stunden später. Nach der Abkopplung operierten die drei Länder für etwa 24 Stunden in einem Inselmodus, bevor sie sich mit dem polnischen Stromsystem verbanden.
Das kontinentaleuropäische Stromnetz verbindet mehr als 400 Millionen Verbraucher in 26 Ländern.
Unabhängig von Russland
Die Stromnetze der drei baltischen Länder waren aus historischen Gründen mit dem russischen Verbundnetz synchronisiert. Der Eintritt in das europäische Stromnetz war bereits seit über 15 Jahren geplant. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatten die drei Länder sowie Polen ihre Anstrengungen verstärkt. So konnte die Abkopplung früher durchgeführt werden.
Die Infrastruktur für den Anschluss der drei baltischen Staaten an das europäische Stromnetz belaufen sich auf rund 1,6 Milliarden Euro, die zu drei Viertel von der EU getragen wurden.
Energiesouverän mit Erneuerbaren
Im März 2022 hatte die europäische Union bereits die Ukraine an das kontinentaleuropäische Stromnetz angeschlossen. Auch dieser Anschluss war von langer Hand geplant, wurde allerdings kurzfristig umgesetzt. Bis 2027 soll die Ukraine zudem weitgehend in den europäischen Binnenmarkt integriert werden.
Litauen, Lettland und Estland sahen in der Abhängigkeit von Russland bereits seit Langem ein Sicherheitsrisiko. Mit der Synchronisation mit dem kontinentaleuropäischen Stromnetz sei man vor geopolitischer Erpressung durch Russland geschützt.
Die drei Baltischen Staaten hatten bereits 2022 in Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine alle Gasimporte aus Russland eingestellt und Ölimporte fortlaufend reduziert.
Die schnellste Energiewende
Noch 2010 war das litauische Energiesystem zu fast 80 Prozent abhängig von russischem Gas. Kurz zuvor, im Jahr 2009, hatte Litauen sein einziges Atomkraftwerk vom Netz genommen. Die Reaktoren im AKW Ignalina stammten noch von 1986 und waren weitgehend baugleich mit den Reaktoren, die 1986 in Tschernobyl explodierten.
Im größten litauischen Hafen Klaipėda ist seit 2014 ein schwimmendes LNG-Terminal in Betrieb, der Litauen und größtenteils die beiden baltischen Nachbarländer Lettland und Estland mit Flüssiggas versorgt, vor allem aus den USA und Norwegen.
Der Strommix Litauens hat sich in den letzten 15 Jahren drastisch verändert. Der Anteil Erneuerbarer Energien an der litauischen Nettostromerzeugung lag 2024 bei rund 80 Prozent. Windenergie lieferte davon mehr als die Hälfte, gefolgt von Solar mit etwa einem Viertel sowie Wasserkraft und Biomasse. Im vergangenen Jahr wurden laut der internationalen Datenbank Statista rund sieben Terawattstunden in das öffentliche Netz Litauens eingespeist.
Estland und Lettland sind noch nicht ganz so weit, mit jeweils über 40 Prozent Erneuerbaren an der Nettostromerzeugung gehören sie jedoch auch zu den Energiewende-Vorreitern in Europa. Estland plant sieben Offshore-Windparks, Wasserstoffkapazitäten und eine unterirdische 550 MW Batterie, die überschüssigen Erneuerbaren Strom speichern soll. Die ersten Windparks, von denen einige gemeinsam mit dem Nachbarstaat Lettland gebaut werden, sollen 2030 fertiggestellt werden. Strom sollen sie bereits früher einspeisen. In Planung befindet sich auch ein Seekabel namens Baltic Wind Connector, dass die baltischen Staaten in Zukunft mit Deutschland verbinden soll. jb