Klimakrise: Mutig in die Zukunft investieren

Eine klimafreundliche Wirtschaft ist die Basis für Wohlstand und Sicherheit der Zukunft. Klimaschutz zu verschieben, geht hingegen auf Kosten der Wettbewerbsfähigkeit. Die grüne Transformation darf jetzt nicht abgewürgt werden, warnen NGOs.
03.02.2025 – Die Klimakrise ist die größte Bedrohung für die Menschheit – und auch für die Weltwirtschaft. Ein Bündnis von Umwelt- und Klimaschutzorganisationen warnt die kommende Bundesregierung davor, die volkswirtschaftlichen Kosten des Nicht-Handelns beim Klimaschutz zu unterschätzen. „Ausbleibender Klimaschutz ist die größte Gefahr für Wohlstand und Sicherheit“, schreiben die Organisationen in ihrem Appell.
Die derzeitige Klimadiskussion kreise oft um die vermeintlich hohen Kosten von Klimaschutzmaßnahmen. Ohnehin notwendige Investitionen würden dabei mit zusätzlichen Ausgaben für Klimaschutz vermischt, die volkswirtschaftlichen Kosten eines ausbleibenden Klimaschutzes hingegen ignoriert. So werde ein künstlicher Gegensatz zwischen Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz konstruiert.
Klimaschutz zu verschleppen, schade Deutschland als Wirtschaftsstandort. Statt die Wirtschaft mit ausgedienten Geschäftsmodellen weiter zu schwächen, appelliert das Bündnis an die zukünftige Regierung, mutig in die Zukunft zu investieren. Fünf zentrale klimapolitische Handlungsfelder sollte die neue Bundesregierung deshalb priorisiert angehen.
Erneuerbare Energien ausbauen
Für Klimaziele und Wirtschaft ist es essentiell, dass Erneuerbare Energien weiterhin mit Tempo ausgebaut werden. Im vergangenen Jahr wurden europaweit neue Rekordwerte beim Solarausbau erreicht. Erneuerbare Energien erzeugten 47 Prozent des Europäischen Strommixes. In Deutschland stellten sie sogar 62,7 Prozent. Die Energiewende schafft langfristig nicht nur erschwingliche Energiesicherheit auch für die Industrie, sondern macht Deutschland und Europa auch unabhängiger von volatilen fossilen Importen.
„Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Wirtschaft hängt an resilienten Energiesystemen und stabilen bezahlbaren Preisen. Deutschland und Europa bleiben nur dann langfristig wettbewerbsfähig, wenn der Ausbau heimischer erneuerbarer Energien konsequent fortgesetzt und der Import von teurem Öl, Gas und Kohle weiter reduziert wird“, sagt Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer DUH.
Erneuerbare Energien sollten weiter konsequent, bürgernah und naturverträglich ausgebaut werden mit dem Ziel, den gesamten Strombedarf zu decken. Die Elektrifizierung anderer Sektoren reduziere Abhängigkeiten und schafft Chancen für neue Wertschöpfung.
Klimaneutral Heizen
Mehr als ein Fünftel der Wohngebäude werden noch immer mit fossilen Energien beheizt. Bis 2040 muss sich das ändern. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) hat einen Anfang gemacht, geht dem Bündnis jedoch nicht weit genug. Der Heizungsaustausch sollte auch in Zukunft verlässlich gefördert, kommunale Wärmepläne verpflichtend umgesetzt und klare Mindeststandards für die Effizienz von Gebäuden vorgegeben werden. Zudem müssten die EU-Vorgaben für eine Gasnetztransformation umgesetzt werden.
Keine falsch verstandene Technologieoffenheit
Die deutsche Automobilindustrie steckt in einer Krise. Die viel propagierte Technologieoffenheit sei dabei nur ein versteckter Rückschritt, der die Transformation nicht voranbringe. Statt am Verbrenner und magischen E-Fuels festzuhalten, sollte die Politik auf einen steuerpolitischen Rahmen für die E-Mobilität setzen und an den Flottengrenzwerten festhalten. Förderprogramme auf europäischer Ebene wären ebenfalls denkbar.
„Die Zukunft der Mobilität ist elektrisch. Ein Festhalten am Verbrennungsmotor wird die deutsche Automobilindustrie zurückwerfen und Klimaschutz im Verkehr erschweren“, sagt Verena Graichen, stellvertretende Vorsitzende, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zur noch immer währenden Verbrenner-Debatte.
CO2-Bepreisung in einen breiten Policy-Mix einbetten
Ordnungsrechtliche Vorgaben im Klimaschutz schaffen Planung- und Investitionssicherheit, heißt es in dem Papier. Ein alleiniger Fokus auf den CO2-Preis hätte eine deutlich schwächere Wirkung und könnte wertvolle Zeit für die Klimawende ungenutzt verstreichen lassen.
„Die erfolgreiche Einführung des ETS2 gehört zu den wichtigsten klimapolitischen Aufgaben für die neue Bundesregierung. Hohe CO2-Preise können Investitionsentscheidungen in die Transformation lenken, aber bei Gebäuden und Verkehr sind die sozialen Auswirkungen schnell steigender Preise besonders stark“, sagt Silvie Kreibiehl, Vorstandsvorsitzende Germanwatch. Es brauche daher eine umfassende Strategie für die Emissionsminderung bei Gebäuden und im Verkehr, die den Übergang gerecht und effizient gestaltet. „Die CDU hat den ETS2 in der EU entscheidend mit angestoßen und durchgesetzt – wenn sie in Regierungsverantwortung kommt, muss sie auch bei der sozialverträglichen Umsetzung liefern.”
Schuldenbremse reformieren
Um die Wirtschaft erfolgreich nachhaltig zu transformieren, muss investiert werden. Diese Investitionen als reine Ausgaben zu sehen, greife zu kurz. Vielmehr kurbele sie Wirtschaft und Wertschöpfung an und schaffe eine Grundlage für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft der Zukunft, auf die auch die EU als Ganzes abzielt. Eine Reform der Schuldenbremse in Deutschland sei hierfür unerlässlich. Es wird zudem empfohlen, sehr hohe Vermögen an den Kosten der Transformation zu beteiligen.
„Trump tritt unseren Planeten mit Füßen und fördert die Profite der Milliardäre der fossilen Industrie“, sagt Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand Greenpeace. Vor allem die Union, aber auch andere Parteien, dürften ihre Klimapolitik nicht an Trump oder der Unterwürfigkeit gegenüber Konzernchefs ausrichten. „Sie müssen darauf abzielen, unsere Gesellschaft vor den gewaltigen sozialen und wirtschaftlichen Schäden der Klimakrise zu bewahren. Das wird Deutschland und Europa schon mittelfristig erheblich zugutekommen. Klimaschutz ist nicht alles, aber ohne den Schutz der Menschen vor der Klimakatastrophe ist alles nichts.” jb