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Neue Datenbank enthüllt größte Kohlekraftwerksbauer

In welches Unternehmen man investiert wird nicht immer gleich auf den ersten Blick deutlich. urgewalds Datenbank deckt auf, welche Unternehmen am stärksten für die weltweite Kohlekraftwerksexpansion verantwortlich sind und schafft damit mehr Transparenz
In welches Unternehmen man investiert wird nicht immer gleich auf den ersten Blick deutlich. urgewalds Datenbank deckt auf, welche Unternehmen am stärksten für die weltweite Kohlekraftwerksexpansion verantwortlich sind und schafft damit mehr Transparenz. Als deutsche Firmen listet die Datenbank die Energiekonzerne RWE und Uniper auf. (Foto: Nicole Allé)

urgewald und Partnerorganisationen haben eine Datenbank veröffentlicht die aufdeckt, welche Unternehmen am stärksten für die weltweite Kohlekraftwerksexpansion verantwortlich sind und damit weltweit mit ihrem Geschäft den Klimawandel verschärfen.

01.07.2017 – Wo kann man klimafreundlich investieren? Finanzinstitutionen, die „Ja“ zum Pariser Klimaschutzziel sagen, müssten eigentlich „Nein“ zu Entwicklern neuer Kohlekraftwerke sagen. Die Datenbank bringt leider andere Ergebnisse. Derzeit sind mehr als 1.600 neue Kohlekraftwerke bzw. -kraftwerksblöcke in 62 Ländern geplant oder in der Entwicklung. Damit würde die derzeitige Kapazität von Kohlekraftwerken um mehr als 840.000 Megawatt (MW) oder rund 42,8 Prozent zunehmen. „Die verantwortlichen Unternehmen sind eine Bedrohung für die Menschheit, da sie uns alle Chancen nehmen, die Erderwärmung deutlich unter der wichtigen Schwelle von 2 Grad zu halten“, sagt Heffa Schücking, Geschäftsführerin der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald.

Wer in Kohle investiert ist oft unklar, es fehlt die Transparenz

„Als wir unsere Recherche begannen, stellten wir fest, dass die meisten Banken und Investoren nicht wissen, welche Unternehmen hinter diesen gewaltigen Kohle-Expansionsplänen stecken. Unsere neue Datenbank schließt diese Lücke, indem sie die Größten und Wichtigsten darunter auflistet. Es ist ein zukunftsorientiertes Werkzeug für Banken und Investoren, um solche Kohlefirmen von weiteren Geschäften auszuschließen. Wir hoffen, dass es breit angewandt wird.“

urgewald hat die Datenbank auf der neuen Website coalexit.org veröffentlicht und listet dort die 120 größten und wichtigsten Kohlekraftwerks-Entwickler auf. Diese sind für rund zwei Drittel der weltweit geplanten neuen Kohlekraftwerke verantwortlich. Alles in allem möchten diese Firmen die Kohle-Kapazität um mehr als 550.000 MW erhöhen – dies entspricht etwa dem 2 ½-fachen des gesamten indischen Kohlekraftwerksparks.

Neue Kohle-Abhängigkeit für zahlreiche Länder droht

Es sei besonders besorgniserregend, so urgewald, dass viele neue Kohlekraftwerke in Ländern geplant sind, die bisher keine oder kaum Kohlekraftwerke betreiben. Damit drohe ihnen eine jahrzehntelange Abhängigkeit von kohlebasierter Energieerzeugung. „Ägypten hat derzeit kein einziges Kohlekraftwerk, doch wenn Unternehmen wie Shanghai Electric, ACWA Power und Orascom ihre Pläne in die Tat umsetzen, werden mehr als 17.000 Megawatt (MW) neuer Kohlekraftwerkskapazität in dem Land installiert“, berichtet Schücking. Pakistans Kohlekapazität soll von 190 MW auf fast 15.300 MW ansteigen. In Bangladesch würde der Ausbau die Kohle-Stromerzeugung von derzeit 250 MW auf knapp 16.000 MW nach oben katapultieren, in Myanmar von 160 MW auf 5.100 MW.

Insgesamt wollen Entwickler von Kohlekraftwerken ihre Anlagen in 14 Ländern errichten, die ihren Strom bisher komplett kohlefrei erzeugen. In 19 weiteren Ländern soll die Kapazität um mehr als 100 Prozent wachsen. „In den meisten dieser Länder gibt es massiven Widerstand gegen die Pläne“, sagt Lidy Nacpil, Koordinatorin der Allianz Asian People’s Movement on Debt and Development (APMDD). „Banken und Investoren dürfen keine Unternehmen mehr finanzieren, die immer weitere Länder in eine gefährliche Spirale der Kohleabhängigkeit stürzen wollen.“

Größte Unternehmen hinter der Kohlekraftwerks-Expansion – China ganz vorn

Das größte Unternehmen auf der von urgewald recherchierten Liste ist die National Thermal Power Corporation (NTPC) mit Sitz in Indien. NTPC plant einen Ausbau der Kohlestromerzeugung in Höhe von über 38.000 MW in Indien und Bangladesch.

Als nächstgrößte Unternehmen folgen die chinesischen Firmen SPIC (Kohleexpansion rd. 31.600 MW), China Datang (28.900 MW), Shenhua (26.000 MW), China Huadian (25.800 MW), China Huaneng (20.800 MW) und China Guodian (17.300 MW). Insgesamt stehen chinesische Firmen hinter 43 Prozent der Projekte in der urgewald-Datenbank. Deren Kohlekraftwerke sollen jedoch zu rund einem Sechstel außerhalb Chinas gebaut werden. „Wenn die chinesische Regierung tatsächlich ein globaler Anführer beim Klimaschutz werden will, muss sie dringend bei staatlich kontrollierten Unternehmen eingreifen, die die Welt mit neuen Kohlekraftwerken fluten wollen“, sagt Trusha Reddy, Koordinatorin des zivilgesellschaftlichen Netzwerks International Coal Network.

Unternehmen aus anderen asiatischen Ländern wie Südkorea und Japan spielen ebenfalls eine prominente Rolle beim Ausbau von Kohlekraftwerken. Marubeni aus Japan liegt auf Rang 26 der weltweit größten Firmen auf der urgewald-Liste und ist an verschiedenen Joint Ventures beteiligt, die an über 13.000 MW neuer Kohlekapazität in 9 Ländern arbeiten. Dazu gehören zahlreiche Ländern mit wenig bis keiner existierenden Kohle-Stromerzeugung wie Ägypten, Botswana, Mongolei und Myanmar.

Das größte Expansionsunternehmen für Kohlekraftwerke in Afrika ist Eskom mit Hauptsitz in Südafrika, auf Position 15 im internationalen Ranking. Das größte europäische Unternehmen ist PGE aus Polen, in der Datenbank auf Rang 30. Als deutsche Firmen listet die Datenbank die Energiekonzerne RWE und Uniper auf.

Globale Investitionen in neue Kohlekraftwerke und ihre Betreiber

„Auch wenn die meisten Entwickler neuer Kohlekraftwerke ihren Sitz in Asien haben, spielen internationale Banken sowie Investoren aus Europa, Nordamerika und Australien eine zentrale Rolle bei der Finanzierung dieses schmutzigen Geschäfts“, sagt Schücking. Anleihen und Aktien von Kohle-Unternehmen wie NTPC, KEPCO, Marubeni, Adani oder China Resources finden sich regelmäßig in den Portfolios großer Investoren und Banken.

Sogar Institutionen, die Kohle bereits zum Teil in ihrem Geschäft ausgeschlossen haben – etwa Axa, Allianz oder CalSTRS – investieren noch immer in Kohlekraftwerks-Entwickler. „Wir haben bei unserer Recherche erkannt, dass neu eingeführte Kohle-Schwellenwerte viele dieser Firmen nicht betreffen“, so Schücking. Nur ein Drittel der größten und wichtigsten Entwickler von Kohlekraftwerken hat einen Umsatzanteil bei Kohle von über 30 Prozent. Dies ist der Schwellenwert, ab dem die Allianz sowie Norwegens Pensionsfonds Kohlefirmen ausschließen.

Die übrigen zwei Drittel sind Firmen, die entweder stark diversifiziert sind wie Marubeni oder aus anderen Sektoren kommen wie die vietnamesische Ölfirma PetroVietnam oder ToyoInk aus Malaysia. ToyoInk ist ein besonders bizarrer Fall. Das Unternehmen stellt derzeit in erster Linie Druckfarben für die malaysische Verpackungsindustrie her, hat sich allerdings für eine Zukunft im Kohlekraftwerkssektor entschieden. „Dies verdeutlicht gut, warum wir die neue Datenbank recherchiert haben“, sagt Schücking. „Viele der Firmen darin sind keine klassischen Kohlefirmen und werden ohne tiefergehende Analyse als solche von der Finanzindustrie nicht erkannt. Unsere Liste benennt erstmals die Unternehmen, deren Kohle-Expansionspläne den Weg in den Klimakollaps bahnen.“

Der Kohle-Ausstieg von Banken und Investoren ist wichtig um die Klimaziele umzusetzen und wird anhand der detaillierten Liste auch möglich. Die vollständige Liste von Kohle-Expansionsplänen in Ländern, die keine oder kaum Kohlekraftwerke betreiben, steht zum Download bereit

Vollständige Datenbank, Infografiken und Details
Im Herbst 2017 sollen weitere Daten aus dem Gesamtprojekt veröffentlicht werden.


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Kommentare

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Eitel Heck 01.07.2017, 11:41:59

+154 Gut Antworten

Dem weltweiten Ausbau der Kohlekraftwerke muss eine innovative Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union entgegengesetzt werden.

Das betrifft beispielsweise:

1.Den Bau von Solarthermikraftwerken mit einer kontinuierlichen Stromerzeugung in der fast unbewohnten Sahara-Wüste Nordafrikas durch die Europäische Union in Kooperation mit afrikanischen Ländern zur Stromversorgung von afrikanischen und EU-Ländern.Hierzu sind kurzfristige Entscheidungen erforderlich.

2. Unterstützung durch die EU zum Bau weiterer Solarthermikraftwerke in unterentwickelten, sonnenreichen Ländern.

3. Unter Federführung von General Electric sollen offensichtlich in einem arabischen Golfstaat Wasserstoffkraftwerke mit Brennstoffzellen zur Stromerzeugung gebaut werden.

Diese erneuerbare Stromerzeugung mit Wasserdampfemission sollte endlich in das grüne Gedankengut Einzug finden.

4.Bei bestehenden Kohlekraftwerken kann durch eine Algentechnologie, wo durch Photosynthese Kohlendioxid in Sauerstoff umgeandelt wird,die Kohlendioxidemission reduziert werden.

Der konkrete Arbeitsstand dieser Technologie hinsichtlich der Realisierbarkeit sollte kurzfristig geprüft werden.

5. Die Gezeitennkraftwerke in Südkorea und Frankreich und die in Realisierung bzw. in Planung befindlichen Gezeitenkraftwerke in Großbritannien und China zeigen, dass die Energie der Meere noch stärker zur Stromerzeugung genutzt werden muss.Zu Gezeitenkraftwerken muss auch Deutschland eine Position beziehen.


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