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Feinstaub, Stickoxide und Co.Schadstoff-Grenzwerte bringen Deutschland in Bedrängnis

Panorama von Wäldern und rauchenden Industrieschloten im Sonnenuntergang.
Dreckige Luft hat vielerlei Ursachen und beruht auf unterschiedlichen Emissionsarten. (Foto: pxhere, CC0 Öffentliche Domäne)

Die Strategien der Bundesregierung gegen Feinstaub, Stickoxide und weitere Luftschadstoffe reichen nicht mehr aus. Schärfere Grenzwerte der EU verlangen größere Anstrengungen, doch das neue Nationale Luftreinhalteprogramm bleibt zu zahm.

27.05.2019 – Immer schärfere Grenzwerte der Europäischen Union zwingen die Bundesregierung zum Handeln. Denn die die bislang beschlossenen Maßnahmen für saubere Luft in Deutschland reichen bald nicht mehr aus, um die künftigen Vorgaben der EU zu erfüllen. So müssen die gesamten Stickoxid-Emissionen ab 2030 um 65 Prozent gegenüber 2005 gesenkt werden. Und dafür muss die Bundesregierung schon ab 2025 weitere Maßnahmen ergreifen, ebenso wie bei den Emissionen von Amoniak. Ab 2030 reichen die bisherigen Maßnahmen nicht mehr aus, um Feinstaub- und Schwefeldioxid-Ziele einzuhalten.

Deswegen hat der Bund nun ein neues Programm zur Luftreinhaltung vorgelegt, mit denen sie den Ausstoß der aufgeführten Emissionen auf ein unbedenkliches Level senken will. Dazu gehören: die Umsetzung von Empfehlungen der Kohlekommission, ein Maßnahmenpaket für den Straßenverkehr und striktere Regularien für die Landwirtschaft.

Massentierhaltung ist das Problem in der Landwirtschaft

Doch insbesondere in der Landwirtschaft würden effektive Maßnahmen für den Schutz der Luft fehlen, erklärt Bettina Hoffmann, Sprecherin der Grünen für Umweltpolitik. Dabei geht es vor allem um die steigenden Ammoniak-Emissionen, aber auch um Feinstaub in der Landwirtschaft. Zum Schutz von Menschen und Umwelt müssen wir die industrielle Massentierhaltung beenden.„Zum Schutz von Menschen und Umwelt müssen wir die industrielle Massentierhaltung beenden. Denn weniger Gülle bedeutet weniger Ammoniak-Gase und in der Folge auch weniger Feinstaub in unseren Lungen“, so Hoffmann.

Zwar erklärt die Bundesregierung in ihrem nun vorgelegten Luftreinhalteprogramm, die gesamte Produktionskette bei der Tierverarbeitung emissionsärmer zu gestalten, doch eine Abkehr von der Massentierhaltung steht nicht im Raum. Auch über das wie lässt die Bundesregierung im Unklaren. Es werde derzeit lediglich eine „Neufassung der guten fachlichen Praxis“ erarbeitet.

Maßnahmen an „moderaten“ Kohleausstieg gekoppelt

Bei den entstehenden Luftschadstoffen aus der Verstromung von Braunkohle indes, verweist die Bundesregierung in ihrem Maßnahmenpaket auf „Synergien mit der Klima- und Energiepolitik“. Das Minderungspotenzial von Luftschadstoffen sei demnach an einen „moderaten“ Ausstieg aus der Braunkohle gekoppelt. Neben CO2, fallen bei der Verarbeitung und Verbrennung der Braunkohle auch weitere Schadstoffe, wie Feinstaub, Schwefeldioxid und Stickoxide, an.

Während jedoch breite gesellschaftliche Kreise einen rascheren Kohleausstieg fordern und Möglichkeiten dafür aufzeigen, lassen konkrete Maßnahmen der Bundesregierung auf sich warten. Im zuständigen Wirtschaftsministerium fehlen aktuell Kapazitäten für Verhandlungen über Abschaltung und Entschädigung der Kohlekraftwerke. So lässt Wirtschaftsminister Peter Altmaier in seinem Ressort 40 Expertenstellen für die Energiepolitik unbesetzt.

Weiterhin nur Software-Updates und Umweltprämien im Straßenverkehr

Beim Straßenverkehr beinhaltet das neue Nationale Luftreinhalteprogramm zwar bereits konkrete Maßnahmen. Doch diese gehen nach Ansicht von Experten längst nicht weit genug. So werden zwar Hardware-Nachrüstungen für Diesel-Busse festgeschrieben, doch die Automobilindustrie und ihre Diesel-Pkw kommen weiter mit Software-Updates für Euro 5 und 6 sowie Umweltprämien beim Rückkauf von Euro 4 und älter davon.

Bereits mehrfach kritisierte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) diese Praktiken, die nicht nur die Automobilindustrie in Schutz nimmt, sondern mit den Umweltprämien sogar deren Verkauf fördert. In Realtests auf der Straße zeigte die DUH zudem auf, dass Software-Updates bei winterlichen Außentemperaturen auch bei Euro 5 und Euro 6 Diesel nahezu keine Wirkung haben. „Software-Updates wie bei VW und Opel, die selbst bei Straßenmessungen des Kraftfahrt-Bundesamts keine Verbesserung oder gar eine Erhöhung der Stickoxid-Emissionen zur Folge haben, zeigen die Unwirksamkeit dieser Maßnahme für die Luftreinhaltung“, sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.

Neben der Umweltprämie verlässt sich die Bundesregierung auch auf weitere marktwirtschaftliche Anreize, wie den Emissionshandel und Marktanreizprogrammen für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz im Gebäudebereich. Das Luftreinhalteprogramm ist zu sehr auf Kante genäht.Für Bettina Hoffmann von den Grünen ist das Luftreinhalteprogramm „zu sehr auf Kante genäht.“ „Sollte nur eine Maßnahme verzögert oder eingeschränkt umgesetzt werden, bleibt kein Spielraum beim Erreichen der Ziele“, so Hoffmann weiter. Auch seien die neuen Feinstaubgrenzwerte in Deutschland nur halb so streng, wie von der Weltgesundheitsorganisation gefordert. mf


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