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Schand-AKW Temelin wieder in Not

Tickende Zeitbombe? – Die Pannenserie im tschechischen AKW Temelin geht weiter.( Foto © ChNPP / wikimedia.commons CC BY-SA 3.0)
Tickende Zeitbombe? – Die Pannenserie im tschechischen AKW Temelin geht weiter.( Foto © ChNPP / wikimedia.commons CC BY-SA 3.0)

Zwei Notabschaltungen innerhalb von einer Woche, der letzte Unfall war erst im Juni – die jahrelange Pannenserie im tschechischen AKW Temelin geht weiter. Am Samstag findet dort wieder eine von bayerischen Initiativen organisierte Konferenz zu den Zwischenfällen und Risiken in diesem Kraftwerk statt.

14.09.2015 – Wieder eine Notabschaltung. Und ein paar Tage später gleich nochmal eine. Am Donnerstagabend wurde auch der zweite Block des tschechischen Atomkraftwerks Temelin abgeschaltet. Block 1 war schon eine Woche vorher heruntergefahren worden. Beide Störfälle gelten als nicht gravierend. Aber sie sind nur die bisher letzten in einer langen Reihe von Pannen.

Erst im Juni hatte es einen schwerer wiegenden Vorfall gegeben. „Versagt bei einer dieser zahlreichen Notabschaltungen das System, kommt es zur Katastrophe wie in Tschernobyl“, sagt Brigitte Artmann. Die Grünen-Kreisvorsitzende und Kreisrätin aus Oberfranken weist darauf hin, dass schon der Unfall im Juni in Block 2 beim Wiederhochfahren nach einem Brennstoffwechsel passierte, und dass Block 1 erst wenige Tage vor dem letzten Zwischenfall wieder in Betrieb gegangen war. „Nach der jährlichen Inspektion sollte man erwarten, dass das System funktioniert“, mahnt die umtriebige Aktivistin.

Wegen der langen Geschichte von Temelin-Skandalen fahren Gruppen aus dem östlichen Bayern seit 2011 jedes Jahr zum grenznahen Kraftwerk. Kommenden Samstag findet die fünfte Temelin-Konferenz der Bürgerinitiative WAA NAA (die 1982 gegen die damals geplante Wiederaufbereitungsanlage von Brennstäben in Wackersdorf gegründet wurde), der Bürgerinitiative „Stoppt Temelin“ und der Grünen im Fichtelgebirge statt. Neben den Zwischenfällen im Kraftwerk und dem seit 2000 von Greenpeace erhobenen und belegten Vorwurf, im Reaktor von Block 1 seien mehrere Rohre nicht ordnungsgemäß verschweißt worden, geht es dieses Mal um mögliche Terrorangriffe und die Klage beim Aarhus-Komitee der UNO gegen Temelin.

Auf Grundlage des von so ziemlich allen europäischen Ländern sowie der EU unterzeichneten Aarhus-Abkommens, das den Betroffenen von Großprojekten mit Umweltauswirkung Information und verbindliche Beteiligung zusichert, klagt eine Initiative um Brigitte Artmann demnächst gegen viele deutsche Regierungsprojekte im Energiebereich. Seit Jahren schon ist Artmann an einer noch laufenden entsprechenden Beschwerde gegen Temelin beteiligt. Zu all diesen Themen wird auch der Niederländer Jan Haverkamp, Berater von Nuclear Transparency Watch und Greenpeace, auf der Konferenz referieren.

Die letztjährige Temelin-Konferenz analysierte den grenzüberschreitenden Katastrofenschutz bei AKW-Unfällen und trug Früchte auf höchster Ebene. Den in der Folge entstandenen alarmierenden Bericht (Fazit: Die EU-Notfallpläne berücksichtigen Lektionen aus Fukushima nicht und länderübergreifende Handlungsabstimmungen sind nicht definiert) übergab das europäische Netzwerk Nuclear Transparency Watch dieses Jahr im Mai in Gegenwart von EU-Abgeordneten der EU-Kommission. Ein Referatsleiter bedankte sich in einem Antwortbrief für den „wertvollen Beitrag“.

„Nuclear Transparency Watch steht in enger Verbindung mit der EU-Kommission“, lobt Brigitte Artmann. Sie arbeitet in diesem zivilgesellschaftlichen Netzwerk mit und hat 2013 schon mal einen Temelin-Reaktor besucht. Sorgen macht ihr, dass der Ausbau des Kraftwerks immer noch nicht vom Tisch ist. Trotz unklarer Finanzierung soll statt einst zweier geplanter neuer Reaktoren immerhin noch einer errichtet werden. Gegen die fehlende Einbindung der von den Risiken betroffenen Bevölkerung ins Verfahren richtet sich die Aarhaus-Beschwerde.

Dass die tschechische Regierung trotz finanzieller Schwierigkeiten und der verstärkten Nutzung erneuerbarer Energiequellen die Ausbaupläne nicht aufgibt und erst im Juni eine Energiestrategie verkündete, die den Bau von bis zu vier neuen Reaktorblöcken vorsieht, kann sich Brigitte Artmann nur mit dem Wunsch nach den sich daraus ergebenden Synergien mit Rüstungsprojekten erklären. Im Fall des britischen AKW-Neubaus Hinkley Point C gibt es viele Hinweise darauf, dass das der Hintergrund für das Festhalten an dem horrend teuren Projekt ist.

Die bestehenden Temelin-Blöcke sind eigentlich relativ jung, haben aber unter anderem das Problem, dass ihr Bau in den 1980ern mit russischer Technik begonnen wurde und später amerikanische integriert wurde. Dieser Tage forderte Oberösterreichs Umweltminister Rudolf Anschober eine „internationale Expertenkommission zum Gesamtcheck des AKW Temelin“. Das Kraftwerk sei „offenbar besonders störanfällig“. Ralf Hutter


Kommentare

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heinbloed 18.09.2015, 11:52:11

+224 Gut Antworten

Tschechien auf Importe angwiesen:

 

http://www.reuters.com/article/2015/09/17/cez-dukovany-outages-idAFL5N11N1FB20150917

 

Reaktor Nr. 3 ist bereits letztes Jahr geflickt worden, offensichtlich vertraut der Betreiber nicht den Handwerkern:

 

http://www.reuters.com/article/2015/09/17/cez-dukovany-outages-idAFL5N11N1FB20150917

 

Jetzt soll Gruenstrom doch ungehindert ins Land:

 

http://uk.reuters.com/article/2013/04/17/czech-germany-grid-idUKL5N0D43LA20130417

 

Wenn Bayern den norddeutschen Strom nicht will dann nimmt ihn Tschechien. Oder Polen, Rumaenien,Ungarn .....selbst die Ukraine hat kaum noch Reservekapazitaeten fuer diesen Winter.

 

http://www.bloomberg.com/news/articles/2015-07-07/german-green-power-forces-neighbors-to-bolster-blackout-d

heinbloed 19.09.2015, 16:54:21

+210 Gut Antworten

Tihange1 schon wieder kaputt:

 

Kaum 24h war der Reaktor in der Lage 100% der Nennlast zu liefern da kam es zur automatischen Notabschaltung:

 

http://www.standaard.be/cnt/dmf20150919_01875144

 

Von den 4 Reaktoren in Tihange laeuft nur der Reaktor Nr.3

 

http://www.hln.be/hln/nl/6756/Kernenergie/article/detail/2461320/2015/09/19/Tihange-1-stilgelegd-na-defect.dhtml

heinbloed 19.09.2015, 17:02:46

+217 Gut Antworten

So sind von den 8 Reaktoren in Belgien z.

Z. nur 2 aktiv ( Tihange3 und Doel 2), stimmt das?

Doel 1 wurde bereits im Fruehjahr stillgelegt, die Betriebsgenehmigung war abgelaufen.

 

http://www.elia.be/en/grid-data/power-generation/unplanned-outages


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