Bundestagsbeschluss zum EnergiepaketNeue Regeln für EE-Anlagen in Phasen negativer Preise

Reichstagsgebäude in Berlin, Sitz des Deutschen Bundestages
Der Bundestag hat am 31.1.2025 ein Energiepaket beschlossen, das die Vergütung von Erneuerbarem Strom in Zeiten negativer Preise neu regelt.  (Foto: Petra Franke / energiezukunft)

Buchstäblich auf den letzten Metern brachte der Bundestag heute wichtige energiepolitische Änderungen auf den Weg. Die Regelungen betreffen unter anderem den Umgang mit Einspeisespitzen aus Solarenergie sowie Anpassungen bei Wind- und Bioenergie.

31.01.2025 – Das war knapp. Wichtige energiepolitische Neuregelungen drohten mit dem Ampel-Aus und den politischen Verwerfungen der letzten Tage auf der Strecke zu bleiben. Doch der Handlungsdruck für mehr Flexibilität und Steuerbarkeit im Stromsystem war hoch. Besonders beim Umgang mit Einspeisespitzen aus Photovoltaik besteht Handlungsbedarf. So nahmen auch die verschiedensten Akteure der Energiebranche die Einigung von SPD, Bündnis90/Die Grünen sowie CDU/CSU und die nun erfolgte Beschlussfassung im Bundestag mit Erleichterung auf.

Die Regelungen umfassen das Energiewirtschaftsgesetz, das Messstellenbetriebsgesetz und Anpassungen bei Windenergie, Bioenergie, der Kraft-Wärme-Kopplung sowie zum nationalen Brennstoffemissionshandel.

Einspeisevergütung in Zeiten negativer Preise endet

Wenn hohe Einspeisemengen am Strommarkt zu negativen Strompreisen führen, soll es künftig keine EEG-Vergütung mehr für Strom aus Erneuerbaren Anlagen geben. Vor allem das hohe Einspeisevolumen von Photovoltaikstrom führt in den Mittagsstunden immer öfter zu negativen Preisen.

Außerdem gibt es eine Umstellung vom Stunden- auf einen Viertelstunden-Abrechnungsrhythmus. Branchenvertreter hatten sich zuvor schon zustimmend geäußert. Die Branche sei gewillt, eine stärkere Verantwortung wahrzunehmen. Die nicht vergüteten Zeiträume können zudem am Ende der 20-jährigen Vergütungsperiode angehängt werden. Die Regelung zur Viertelstundenvermarktung soll rückwirkend zum 1. Januar 2025 in Kraft treten. Alle anderen hier beschriebenen Neuregelungen treten am Tag nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft.

Steuerung von Anlagen durch Netzbetreiber – Old Solar ist Geschichte

Zukünftig sollen schon kleinere Erzeugungsanlagen durch den Netzbetreiber steuerbar sein. Hier gibt es verschiedene Festlegungen je nach Anlagengröße und Inbetriebnahme. Netzbetreiber sollen künftig auch bei Bestandsanlagen ab 7 Kilowatt Leistung die Ist-Einspeisung abrufen und deren Leistung steuern können. Bei Neuanlagen in der Festvergütung (Einspeisevergütung sowie Mieterstrom-Anlagen) wird zudem die Einspeisung auf 60 Prozent der installierten Leistung begrenzt, lediglich direktvermarktete Anlagen dürfen künftig noch ohne Einschränkung einspeisen.  Ab Anlagengrößen von 100 Kilowatt gelten weitere Regeln. Der Bundesverband Solarwirtschaft hat dazu eine Übersicht erstellt.

Konventionelle Solaranlagen, die unreguliert ins Netz einspeisen, gehören dann nach einer Übergangsfrist der Geschichte an.

Höhere Preise beim Smart-Meter-Rollout

Viele Flexibilitätsoptionen im Stromsystem funktionieren nur, wenn ein Smart Meter beim Kunden vorhanden ist. Der Rollout läuft nach wie vor schleppend, deshalb wurde an einigen Stellschrauben gedreht. Zum einen wurden die Höchstpreise für den Smart-Meter-Einbau nach oben korrigiert. Das soll verhindern, dass Netzbetreiber beim Rollout draufzahlen müssen, wie das für die bisherigen Preisobergrenzen laut dem Bundesregierungs-Bericht zur Digitalisierung der Energiewende galt. Die Übertragungsnetzbetreiber müssen zum Smart-Meter-Rollout und den Ansteuerungsmöglichkeiten der Erzeugungsanlagen jährlich berichten, erstmals bereits in 2025. Die Erhöhung der möglichen Einbaupreise wurde von den Netzbetreibern lange gefordert, von Lieferanten und Verbraucherschützern aber vielfach kritisiert.

Überbauung von Netzanschlüssen wird möglich

Es ist zwar nur eine Kann-Regelung, der Netzbetreiber hat also das letzte Wort, aber die Überbauung von Netzanschlüssen wird möglich (§ 17 EnWGB bzw. §§8 und 8aEEG). Betreiber von Erneuerbaren-Energien-Anlagen können mit den Netzbetreiber eine begrenzte Wirkleistung vereinbaren und hinter den Netzanschlusspunkt zusätzliche Einspeiseleistung errichten und anschließen. Dafür ist jetzt ein neuer Begriff eingeführt: Cable Pooling. Besonders dann, wenn verschiedene Erzeugungsanlagen einen gemeinsamen Netzanschlusspunkt nutzen, kann das sinnvoll sein, da nicht jede Erzeugungsart zu jedem Zeitpunkt ihre volle Leistung ausschöpft. Somit werden die begrenzten Ressourcen bei Netzanschlusspunkten effizienter genutzt.

Vereinfachung bei der Direktvermarktung

Die Absenkung der Direktvermarktungsschwelle für Photovoltaik-Anlagen ist vorerst vom Tisch. Für die Direktvermarktung wurden jedoch Vereinfachungen beschlossen, die das Modell auch für Anlagen unterhalb des weiter geltenden Schwellenwerts von 100 kW nutzbar machen sollen. Die Datenkommunikation über Smart Meter wird zur Standardleistung, es entstehen also keine Zusatzentgelt mehr für Anlagenbetreiber (§34 MsbG). Regelungen im EEG sollen dafür sorgen, dass Anmelde- und Abwicklungsprozesse bei den Netzbetreibern vereinfacht, standardisiert und digitalisiert werden, so dass die Direktvermarktung perspektivisch auf für Kleinanlagen nutzbar wird.

Pauschalmodell für Kombi Heimspeicher und Solaranlage bis 30 Kilowatt

Parallel wird auch die Nutzung von Solarspeichern flexibilisiert. Für Heimspeicher bzw. Solaranlagen bis 30 kW wird etwa ein neues Pauschalmodell etabliert, bei welchem die bisher limitierende Abgrenzung von Grün- und Graustrommengen entfällt. Damit können Heimspeicher erstmals auf einfache Weise an den Strommärkten als Flexibilitätsgeber teilnehmen.

Zusammen können diese neuen Möglichkeiten bei Direktvermarktung und Speichernutzung   neue, systemdienlichere Geschäftsmodelle gerade auch für Solar-Kleinanlagen attraktiv werden.

Verbesserungen für die Biomasse und Perspektive für Kraft-Wärme-Kopplung

Das Biomasse-Paket sieht eine stärkere Förderung von Bioenergie vor. In diesem Jahr sollen Biomasseanlagen in einem Volumen von 1300 Megawatt (MW), 2026 von 1126 MW, 2027 von 326 MW und 2028 von 76 MW Leistung ausgeschrieben werden, sodass die Ausschreibungsmenge insgesamt auf 2,8 Gigawatt (GW) steigt. Das ist deutlich mehr als mit dem ursprünglichen rot-grünen Entwurf vorgesehen. Der förderfähige Zeitraum wurde ebenfalls nach oben korrigiert, eine Einigung auf 11.680 Betriebsviertelstunden (bei Anlagen kleiner/gleich 350 KW bis zu 16.000 Betriebsstunden) erzielt und eine dreifache Überbauung für eine bessere Flexibilisierung der Anlagen vereinbart.

Auch der Kraft-Wärme-Kopplung wurde eine Perspektive gegeben. Anlagen, die nach 2026 in Betrieb gehen, sollen unter bestimmten Voraussetzungen eine Förderung erhalten.

Umstrittene Änderung betrifft die Windkraft-Planung

Eine ursprünglich für das WindBG vorgesehene Änderung ist nun ins Bundes-Immissionsschutzgesetz eingeflossen. Sie wurde eingefügt, um vor allem für NRW eine Klärung herbeizuführen, sollte aber die bundesweiten Planungen von Windkraftanlagen nicht ausbremsen. In Nordrhein-Westfalen hatten Projektierer rund 1.500 Anträge für Windkraftanlagen eingereicht, die außerhalb vorgesehener Windenergie-Zonen liegen. Die CDU hatte darauf gedrungen, dass ein starker Windkraftausbau außerhalb ausgewiesener Gebiete nicht überhandnehmen dürfe.

Kirsten Nölke, Vorständin beim Öko-Energieversorger naturstrom kommentiert das beschlossene Energiepaket: „Die Regelungen des vereinbarten Energiepaktes sind insgesamt sinnvoll, besonders freuen wir uns über die Möglichkeit der Überbauung von Netzanschlüssen und die Flexibilisierung von Heimspeichern – mit beiden Neuerungen kann das Energiewendesystem ohne zusätzliche Investitionen deutlich optimiert werden.“ Dass der Smart Meter-Ausbau teurer wird, sei hingegen sehr schade, für die angestrebte Flexibilisierung im System werde dringend eine schnellere Digitalisierung gebraucht. Die gesetzgeberischen Einschränkungen bei der Flächenakquise für neue Windenergie-Projekte seien zwar an sich nachvollziehbar, aber hier muss sehr genau im Blick behalten werden, dass der gerade begonnene Aufschwung beim Ausbau nicht eingebremst wird. Windeignungsgebiete, auf die der Zubau nun konzentriert werden soll, müssen daher auch wirklich wirtschaftlich nutzbar sein.

Kompromiss beim Treibhausgasemissionshandelsgesetz

Auch das bisherige Brennstoffhandelsemissionsgesetz, mit dem ein CO2-Preis für Wärme und Verkehr in Deutschland eingeführt wurde, wird weiterentwickelt. Die Novelle überführt längst überfällige EU-Reformen in nationales Recht und bereitet so den Übergang zum europäischen Emissionshandel in diesen Bereichen vor. Zudem wird der ETS1 für Industrie und Kraftwerke strenger, Emissionen aus der Müllverbrennung kommen aber, obschon europarechtlich nun möglich, nicht in den ETS1.  Jedoch wird der Seeverkehr formal in die CO2-Bepreisung aufgenommen. Petra Franke

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