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KoalitionsausschussWärmewende offen, Ausbau Erneuerbarer forciert

Gläserne Kuppel auf einem Gebäude am Abend
Bis in den Abend hinein diskutierten die Spitzen der Ampelkoalition am Dienstag im Reichstagsgebäude über das weitere Vorgehen der Bundesregierung. (Bild von Steffen Wahl auf Pixabay)

Beim Thema Heizung ließ die Ampel im Koalitionsbeschluss vieles offen. Von der FDP gewollt, sollte Wasserstoff aber kein Thema sein. Beim beschleunigten Ausbau von Wind- und Solarenergie dagegen, einigt man sich.

31.03.2023 – Gerade mal eine halbe Seite im insgesamt 16-Seiten langen Beschlusspapier der Ampel-Koalition wird dem Wärmebereich gewidmet. Dabei war dieser, vor dem zweieinhalb Tage dauernden Koalitionsausschuss Anfang der Woche, eines der bestimmenden Themen. Laut einem Gesetzentwurf von Wirtschafts- und Bauministerium soll ab Anfang 2024 jede neu eingebaute Heizung verpflichtend zu mindestens 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden, was einem faktischen Verbot des Einbaus neuer Gas- und Ölheizungen gleichkommt. Der Entwurf wurde an die Bild-Zeitung durchgestochen, die Debatte war groß. Viele Unwahrheiten, wurden in den Raum gesetzt.

Die Verpflichtung wurde nun gestrichen. Nun soll „möglichst jede neu eingebaute Heizung“ dem 65 Prozent-Ziel entsprechen, so steht es in dem Papier mit dem Namen „Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung. Es sollen dabei „ausreichende Übergangszeiträume zur Verfügung stehen“, sowie „unbillige Härten“ vermieden werden. Man wolle zielorientiert prüfen, wie die Bürger:innen des Landes beim Austausch unterstützt werden. Man verfolge zudem einen technologieoffenen Ansatz, der auch schon im Referentenentwurf von Wirtschafts- und Bauministerium enthalten war – der dort gewählte Begriff „Technologieneutral“. Hervorgehoben wurden im Entwurf aber vor allem Wärmepumpen und Solarthermie.

Die FDP verbuchte die erzielte Einigung im Koalitionsausschuss für sich. Man habe dafür gesorgt, dass es kein pauschales Verbot von Gasheizungen gebe, so der Tenor. FDP-Chef Christian Lindner erklärte, dass mit dem technologieoffenen Ansatz Heizungen künftig auch mit klimafreundlichen Gasen wie grünem oder blauem Wasserstoff oder Biogas genutzt werden können. So könnten, laut FDP, Gasheizungen bald auch mit Wasserstoff betrieben werden. Das Wirtschaftsministerium will prüfen, ob künftig auch sogenannte „H2-Ready-Geräte“ eingebaut werden dürfen.

Eine Weiternutzung des Gasnetzes für Wasserstoff ist nicht ohne weiteres möglich. So ist Wasserstoff flüchtiger als Erdgas und der Heizwert von Wasserstoff beträgt nur ein Viertel des Heizwertes von Erdgas. Zwar kann Wasserstoff technisch Erdgas beigemischt werden. Aber in die meisten bestehenden Netze nur zu 10 bis maximal 30 Prozent. So müssten auch für Wasserstoff neue Netze und Kessel eingebaut werden. Zudem ist Wasserstoff sehr energieaufwändig im Herstellungsprozess und gilt als „Champagner der Energiewende“. Als voraussichtlich knappes Gut sollte er, nach Ansicht von Fachleuten, nur dort eingesetzt werden wo nötig. Sogenannter „Blauer Wasserstoff“, gewonnen aus fossilen Energien und vermeintlich CO2-neutral durch Abscheidung, ist zudem in der Kritik, weil in der gesamten Lieferkette weiterhin klimaschädliches Methan entweichen kann. Auch würde der weitere Aufbau fossiler Infrastruktur befördert.

Ein Fokus auf strombetriebene Wärmepumpen, der weitere Aufbau von Wärmenetzen und Nutzung geothermischer Potenziale, sowie Abwärme, sollten daher nach Ansicht von Expert:innen im Fokus stehen. Bereits im letzten Jahr wurden fast eine Viertel Millionen Wärmepumpen in Deutschland installiert. Die von Bundeswirtschaftsminister Habeck genannte Zielmarke von 500.000 zu installierenden Geräten 2024 sei, laut dem Bundesverband Wärmepumpe, ambitioniert aber zu schaffen. Auch Habeck erklärte zuletzt gegenüber den Tagesthemen, dass es von den Wärmepumpenherstellern diesbezüglich positive Signale gebe. Der Fachkräftemangel für den Einbau sei ein Problem, für das es weitere Lösungen brauche. Doch der Mangel zeige sich auch bei Reparatur und Einbau fossiler Heizungen.

Fortschreibung der Energiewende

Beim Ausbau Erneuerbarer Energien wurde in dem Beschlusspapier der Ampel-Koalition derweil fortgeschrieben, was die Bundesregierung bereits im letzten Jahr verabschiedet hatte. Zusätzlich einigten sich die Koalitionäre nun darauf, dass „Kommunen auch dann Flächen für Windenergie ausweisen können, wenn die regionalen Planungen in ihrem Gebiet keine Windflächen vorgesehen haben“. Hermann Albers, Präsident des Bundesverbands WindEnergie (BWE), begrüßte die Entscheidung: „Damit werden besonders diejenigen Kommunen gestärkt, in denen sich die Bürger:innen bewusst für den Ausbau der Windenergie entscheiden. Das ist ein starkes Signal für Bürgerenergie und Akzeptanz vor Ort.“

Zusätzlich sollen Flächen eine Privilegierung für die Windkraft erhalten, wenn diese für die direkte Belieferung der benachbarten Unternehmen errichtet werden. Ebenso soll der Eigenverbrauch ermöglicht werden. Für diese sogenannte Außenbereichsprivilegierung soll der Handlungsspielraum der Bundesländer erweitert werden. Zudem wird eine Novelle des Bundesimmisionsschutzgesetzes angekündigt, mit dem Windenergieprojekte verfahrensrechtlich beschleunigt werden sollen, unter anderem durch feste Genehmigungsfristen und vereinfachte Prüfverfahren für Repowering.

Auch sollen an Bundesstraßen mehr Windkraftanlagen errichtet werden können. An Autobahnen und Bahnstrecken gilt dies für Photovoltaikanlagen. „Es soll kein Kilometer Autobahn mehr geplant werden, ohne die Möglichkeiten der Erzeugung erneuerbarer Energien auszuschöpfen“, so die Koalitionäre im Beschlusspapier. „Auch für den Bestand sollen die Voraussetzungen geschaffen werden die Flächen entlang der Autobahnen grundsätzlich für erneuerbare Energieerzeugung zu nutzen.“

BWE-Präsident Albers kann zudem den angekündigten Investitionen und Ausbau der Straßeninfrastruktur positives abgewinnen. Die Festschreibung von 144 Bundesfernstraßenprojekten als überragendes öffentliches Interesse, war in die Kritik geraten. Albers erklärte jedoch: „Die vorgesehenen Investitionen in die Infrastruktur, besonders in Brücken, werden ebenfalls positive Auswirkungen auf den Ausbau der erneuerbaren Energien haben und auf lange Sicht zu einer stark verbesserten Transportsituation beitragen.“ Vor allem die Rotorblätter von Windanlagen sind aufgrund ihrer Länge eine Herausforderung beim Transport. Das Straßennetz in Deutschland ist dafür bislang an vielen Stellen nicht ausgelegt.

Für den Ausbau von Wind- und Solarenergie bringt auch der Passus „Beschleunigung und Effektivierung des Naturschutzes“ im Beschlusspapier Erleichterung. Projektierer sind bislang verpflichtet Ausgleichflächen für zerstörte Naturräume zu schaffen. Künftig soll es auch möglich sein, Geldzahlungen zu leisten, mit denen zusammenhängende länderübergreifende Biotopverbunde als Vorrangfläche geschaffen werden sollen. Dafür soll ein Flächenbedarfsgesetz erarbeitet und beschlossen werden, was auch Umweltverbände grundsätzlich begrüßen. mg


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