USA: Warnung aus Europa vor Trumps LNG-Plänen

Der neue US-Präsident Donald Trump hat den nationalen Energienotstand ausgerufen, um die Förderung fossiler Brennstoffe auszuweiten. Davor warnt ein breites Bündnis und legt gewichtige Gründe vor.
21.01.2025 –Die Ölförderung unter dem inzwischen ehemaligen US-Präsidenten Joe Biden erreichte 2024 einen neuen Höchststand. Auch die Gasförderung zog in seiner Legislatur zunächst an. Beides gefördert vor allem durch die umwelt- und klimaschädliche Art des Frackings. Infolge des russischen Angriffskrieges in der Ukraine, sprangen die US-Amerikaner ein und versorgten insbesondere Europa vermehrt mit Flüssigerdgas – kurz LNG (Liquefied Natural Gas). Zugleich aber erkannte Biden die Endlichkeit des Gasbedarfs und schädlichen Einflüsse deren Förderung.
Anfang letzten Jahres verhängte Biden ein Moratorium über die Planungen mehrerer LNG-Exportterminals, um die Projekte einer genaueren Überprüfung hinsichtlich ihrer Klima- und Umweltauswirkungen sowie ihres Bedarfs zu unterziehen. Dieses Moratorium wurde zwar gerichtlich wieder aufgehoben, zum Ende ihrer Amtszeit aber, preschte die Biden-Administration erneut vor, um weitere fossile Projekte zu erschweren.
Anfang des Jahres setzte sie eine Verordnung durch, die neue Bohrungen für Öl und Gas in einigen Gebieten von Atlantik und Pazifik für immer verbietet. Die Verordnung beruht auf dem „Outer Continental Shelf Land Act“, der den Innenminister:innen der USA Recht und Aufsicht über Förderung von Mineralien in den Meeresgebieten vor der Küste der Vereinigten Staaten gibt. In den USA sind die Innenminister:innen zuständig für die Verwaltung bundeseigener Ländereien. Ihnen obliegt vor allem der Schutz von Nationalparks und indigenen Gebieten. Die zuletzt amtierende Innenministerin Deb Haaland ist indigener Abstammung und setzte sich in ihrer Amtszeit für den Schutz der Reservate ein. Kurz vor dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Donald Trump am gestrigen Montag, wurden zudem weitere Schutzgebiete ausgerufen.
Unter dem Motto „Drill, Baby Drill“ hatte Trump im Wahlkampf wiederholt angekündigt den Markt für fossile Brennstoffe zu entfesseln. Dafür berief er unter anderem einen Öl- und Gasmanager zum neuen Energieminister. Trumps Hoffnung: mit billigen fossilen Energien die Preise für die Verbraucher:innen in den USA deutlich zu senken. Doch daran gibt es große Zweifel. Die Preise für Öl sind vom Weltmarkt abhängig. Steigert die USA die Förderung und Verkauf, könnten andere Länder ihre Förderung drosseln, um die Preise in ihrem Sinne stabil zu halten. Schlimmer noch drohen die angedrohten Zölle für Kanada zu werden, die Trump in seiner Amtseinführungsrede wiederholte. Zwar hat er noch kein Dekret unterzeichnet, er kündigte aber an 25 Prozent Strafzölle auf Waren aus Kanada und Mexiko ab Februar erheben zu wollen. Kanada ist bislang wichtiger Importeur von Rohöl, insbesondere in den mittleren Westen.
Beim Gas denkt Trump über die Steigerung der LNG-Ausfuhren nach Europa nach. Doch auch das könnte zum wirtschaftlichen Nachteil der US-Amerikanischen Bevölkerung gereichen. Eine noch unter der bisherigen Energieministern Jennifer Granholm Mitte Dezember 2024 veröffentlichte Studie des U.S. Department of Energy, zeigt, dass ein gesteigerter LNG-Export zu steigenden Energiepreisen US-Amerikanischer Haushalte führen würde. Das exportierte Gas ist nicht mehr für den Heimatmarkt verfügbar, was die Preise in die Höhe treibt. Zudem ist der Export für Unternehmen lukrativer, da sie im Ausland meist höhere Preise mit LNG generieren. US-LNG ist also auch für die Europäer deutlich teurer. Das gilt im Übrigen auch für die Industrie beiderseits des Atlantiks, die noch auf Gaskraftwerke angewiesen sind.
Europäer warnen vor dem Ausbau von LNG-Exporten
Angesichts der Studie und der Amtseinführung Trumps, warnt ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen in einem offenen Brief an das Energieministerium vor dem Ausbau US-Amerikanischer LNG-Exportinfrastrukturen. Der Brief wird am heutigen Dienstag veröffentlicht und lag der energiezukunft vorab vor. „Statt im öffentlichen Interesse zu agieren, dienen diese (die LNG-Exportinfrastrukturen) der hemmungslosen Proftigier, der umweltschädlichen Unternehmen und rücksichtlosen Individuen. Das muss Enden!“, so die Verfasser:innen des Briefes, unter denen sich 60 NGOs und Einzelpersonen aus Europa befinden, sowie 18 weitere aus nicht-Europäischen Ländern.
„Da Europa der größte Markt für US-amerikanisches LNG ist, wollen wir gemeinsam eine deutliche Botschaft an das US-Ministerium senden“, so Andy Gheorghiu, unabhängiger Energie-Campaigner und einer der Verfasser des Briefes gegenüber energiezukunft. Zu den weiteren Unterzeichner:innen gehören u.a. die Deutsche Umwelthilfe, urgewald, Greenpeace Europe, Climate Action Network, Friends of the earth, Umweltinstitut München und viele weitere auch lokale Bürgerinitiativen, die sich gegen Gasinfrastrukturen einsetzen.
Die Verfasser:innen fordern das Energieministerium auf, alle anstehenden und zukünftigen Genehmigungen für die Ausweitung von LNG-Exporten abzulehnen, und begründen das, neben den ökonomischen Nachteilen für Privatpersonen und Unternehmen, mit den schädlichen Auswirkungen auf das Klima. Sie verweisen unter anderem auf eine Studie des US-Wissenschaftler und Biogeochemiker Robert W. Howarth. Flüssigerdgas sei demnach in seiner ganzen Betrachtung – vom Abbau, über den Transport, bis zur Verbrennung – weitaus klimaschädlicher als die Energiegewinnung aus Kohle. Besonders schlecht sei die Emissionsbilanz, wenn das LNG mittels der Fracking-Technologie gewonnen wird und bei der große Mengen Methan austreten können. Andere Wissenschaftler haben inzwischen bestätigt, dass LNG-Exporte aus den USA in einem Zeitraum über 20 Jahre einen 33 Prozent höhere klimaschädliche Bilanz aufweisen, als die Nutzung von Kohle.
Zudem verweisen die Verfasser:innen auf die gesunkene Nachfrage in Europa. So waren die deutschen Terminals, nach Auswertung der Berliner Energiewirtschaftsberatungsgesellschaft Team Consult, im zweiten Quartal 2024 nur zu 48 Prozent ausgelastet. Unwesentlich anders sieht es in anderen westeuropäischen Staaten, wie der Niederlande (65%), Belgien (37%) und Frankreich (51%) aus, über die Gas per Pipelines nach Deutschland gelangt. Zudem ist die Auslastung in den meisten Ländern im Vergleich zum Referenzzeitraum (2. Quartal 2023) gesunken.
Der offene Brief weist zudem auf die umweltschädlichen Auswirkungen von LNG-Infrastrukturen für betroffene Gemeinden hin. Die Nichtregierungsorganisation Louisiana Bucket Brigade dokumentierte in einem Bericht von Januar 2023 signifikante Betriebsprobleme der bestehenden LNG-Exportterminals Cameron und Calcasieu Pass (CP1) in den USA, mit Leckagen, die Schadstoffe und Methanemissionen in die Atmosphäre freisetzten. US-Amerikanische Gruppierungen klagten zudem wiederholt gegen neue LNG-Infrastrukturen, wie die Errichtung des Plaquemines LNG-Terminals in Louisiana, da der Bau Feuchtgebiete zerstören und damit insbesondere die Fischerei erheblich gefährden würde. Es war der Druck der Zivilgesellschaft, der schließlich zum von Biden verhängten LNG-Moratorium führte. Ein solches Vorgehen ist von Trump bislang nicht zu erwarten.
Ganz im Gegenteil, per Dekret hat Trump gleich nach seiner Amtseinführung den nationalen Energienotstand ausgerufen. Damit sollen Genehmigungsverfahren für den Bau von Öl- und Gasanlagen beschleunigt werden. Insbesondere für Alaska ordnete Trump an Förderung und Produktion fossiler Brennstoffe zu „maximieren“. Zugleich sollen neue Windkraftprojekte einer Überprüfung unterzogen werden. Öl- und Gaskonzerne zögern aber die Pläne Trumps voranzutreiben. Die Wirtschaftlichkeit der Erschließung neuer Gebiete ist in einem sich wandelnden globalen Energiemarkt längst nicht mehr gegeben. Manuel Grisard