Umfragen: Wie die Deutschen zur Energiepolitik stehen

Die Pläne der Parteien für die Transformation des Energiesystems sind recht verschieden. Umfragen zeigen, wie die Bevölkerung zu Aspekten der Energiewende steht – positiv und recht pragmatisch. Ein überparteilicher Konsens würde Vertrauen stärken.
13.02.2025 – Im Wahlkampf ist der Klimaschutz aus dem täglichen Diskurs nahezu verschwunden. Dennoch ist er den Deutschen nach wie vor wichtig, allerdings nicht mehr ganz so wichtig wie in den letzten Jahren. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung im Auftrag der Eon-Stiftung. Die Befragten konnten die zwei aus ihrer Sicht wichtigsten Probleme benennen, denen Deutschland derzeit gegenübersteht. Klimawandel und umweltbezogene Themen zählen demnach zwar weiterhin mit 39 Prozent zu den drängendsten Problemen, ihre Relevanz hat jedoch gegenüber 2021 um 20 Prozentpunkte abgenommen. Dennoch, 39 Prozent der Bevölkerung wählten diesen Aspekt als wichtigste Herausforderung, die wirtschaftliche Lage folgt auf Platz 2 mit 32 Prozent nahezu gleichauf mit dem Thema Einwanderung.
Bei der Frage, wie die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung verwendet werden sollen, spricht sich in der gleichen Umfrage eine Mehrheit der Deutschen dafür aus, diese Mittel gezielt in den Ausbau der Netze und der Erneuerbaren zu investieren. Eine jährliche Rückzahlung der Einnahmen, wie sie im Koalitionsvertrag der Ampel mit dem Klimageld geplant war, genießt unter den Befragten eine geringere Zustimmung, wenngleich sie über die Jahre gestiegen ist. Demnach wünschen sich 80 Prozent der Befragten, dass die Einnahmen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien verwendet werden, etwa 65 Prozent der Befragten würden mit den CO₂-Preis-Einnahmen den Netzausbau finanzieren. Die Zustimmung zur Idee, die Einnahmen in Form eines Klimageldes an die Bürger zurückzuzahlen, wuchs von 30 Prozent im Jahr 2021 auf 44 Prozent im Jahr 2024.
Zustimmung zur Energiewende ist groß, Photovoltaik am beliebtesten
Eine Umfrage des Marktforschungsunternehmens Appinio im Auftrag des Energieanbieters Elevion Green ging der Frage nach, wofür genau staatliche Subventionen bei der Energiewende gezahlt werden sollten. Hier spricht sich eine Mehrheit für die Förderung beim Ausbau erneuerbarer Energien aus. Mehr als 4 von 10 Personen (41 Prozent) sind für Förderungen in diesem Bereich, vor allem Frauen (49 Prozent vs. 34 Prozent Männer). Die staatliche Unterstützung für innovative Energieerzeugung, etwa Kernfusion, sowie der Ausbau von Energiespeichersystemen, etwa Batterien, folgen mit jeweils rund 18 Prozent. Für Förderungen in diesen Bereichen stimmten besonders Männer. Subventionen für die Steigerung von Energieeffizienz in Industrie und Gebäuden fallen mit 12 Prozent dahinter zurück. Nur vier Prozent der Befragten wollten keinen der genannten Bereiche fördern.
In der Befragung stand eine breite Mehrheit von 70 Prozent steht einer verpflichtenden Installation von PV-Anlagen auf neuen Unternehmensgebäuden positiv gegenüber. 41 Prozent stimmen der Solar-Pflicht gänzlich zu, weitere 29 Prozent bejahen, fordern aber staatliche Förderung. 23 Prozent der Befragten sprechen sich für Freiwilligkeit aus.
Danach gefragt, welche Energieträger für existenziell gehalten werden, damit Deutschland die Energiewende meistern kann, gibt es zwei Favoriten: Solar (61 Prozent) und Wind (58 Prozent), Mehrfachantworten waren möglich. Auch Wasser (45 Prozent) und Kernkraft (33 Prozent) wird Relevanz zugesprochen. Auffällig ist die deutlich größere Zustimmung von Männern: Sie halten Kernkraft mit 43 Prozent Zustimmung für deutlich wichtiger als Frauen mit 23 Prozent. In der Gesamtbetrachtung folgen darauf Biogas (24 Prozent) und Erdgas (20 Prozent).
Atomkraftwerk in der Nachbarschaft? Mehr als die Hälfte ist dagegen
Mehr als die Hälfte der Deutschen (55 Prozent) lehnt ein Atomkraftwerk in ihrer Nähe ab. Zwischen den Geschlechtern gibt es jedoch deutliche Unterschiede: Die Ablehnung ist bei Frauen mit über 64 Prozent deutlich stärker, bei den Männern sind es rund 46 Prozent.
Eine Windkraftanlage in der näheren Umgebung wird hingegen von nicht einmal einem Viertel (22 Prozent) abgelehnt. Hier ist der Unterschied zwischen Männern (23 Prozent Ablehnung) und Frauen (21 Prozent) marginal. Der Aussage, dass Windkraft auch in Zukunft eine wichtige Technologie zur Energiegewinnung ist, stimmt mit 85 Prozent eine breite Mehrheit zu.
Ökonomische Lasten sind nicht gerecht verteilt
Das Wuppertal Institut schließlich befragte im Auftrag der Westenergie AG rund 2.000 Menschen, wie zufrieden sie mit der bundesdeutschen Energiepolitik sind. Auch hier nennt eine große Mehrheit den Klimawandel als Bedrohung und damit als wichtiges Thema. Demensprechend wird auch die Energiewende als relevant bewertet: Etwa 60 Prozent der Befragten geben an, dass die Energiewende langfristig ein notwendiges und sinnvolles politisches Ziel ist.
Bezüglich der realen Umsetzung werden zahlreiche Probleme ausgemacht. Besonders sticht hervor, dass nur 20 Prozent der Befragten angeben, die Ziele und Maßnahmen der Energiewende transparent und verständlich wahrzunehmen. Besonders gravierend: 60 Prozent der Befragten haben den Eindruck, dass die ökonomischen Lasten der Energiesystemtransformation nicht gerecht verteilt sind – die ungleiche Lastenverteilung wird damit zum echten Prüfstein für die Akzeptanz der Energiewende.
Die Akteure der Energiewende aus Politik und Wirtschaft stecken in einer ernstzunehmenden Vertrauenskrise. Der Politik trauen die Befragten eine gerechte, partizipative und konsensorientierte Umsetzung der Energiewende derzeit nicht zu; über die Hälfte der Befragten geben an, dass sie der Bundespolitik nicht vertrauen das Richtige im Umgang mit der Energiewende zu sagen oder zu machen. Vielmehr wird bundespolitischen Akteur:innen und den Industrieunternehmen sogar eine Blockadehaltung unterstellt. Keine gute Grundlage, wenn es darum geht, die Menschen für ambitionierte Energiepolitik und Klimaschutzmaßnahmen zu gewinnen.
Die Forschenden am Wuppertal-Institut mahnen deshalb Instrumente zur gerechten Verteilung der ökonomischen Lasten an. Zudem müssten steigende spezifische Kosten in den richtigen Kontext gestellt werden – die tatsächlichen Ursachen für steigende Energiepreise benannt werden. Die Kosten des Nicht-Handelns müssen ebenfalls berücksichtigt werden, denn für die Abwendung bzw. die Beseitigung von Klimawandel-Schäden sind sie bereits heute ein wesentlicher Faktor. Die Kosten werden in Zukunft auch noch deutlich steigen und je länger ambitionierter Klimaschutz aufgeschoben wird, desto höher fallen sie letztendlich aus. pf