Bundestagswahl: Wie sich Konservative wieder für Klimaschutz begeistern können

Angeführt von der Union, mit der SPD als Juniorpartner, könnte eine neue Bundesregierung Klimaschutz schleifen lassen. Unionsanhänger stehen Maßnahmen skeptisch gegenüber. Mit einer anderen Ansprache könnten sie wieder für das Thema gewonnen werden.
24.02.2025 – Dass es für eine schwarz-grüne Koalition nicht reichen würde, war von Beginn des Abends an klar. Spannend wurde es bei der Frage, ob BSW und FDP den Einzug in den Bundestag schaffen oder nicht. Am Ende verfehlte es die FDP deutlich und das BSW knapp. Wäre das BSW eingezogen, hätten Union und SPD auch die Grünen zu Koalitionsgesprächen hinzuziehen müssen. Nun aber können CDU/CSU und SPD ihre Pläne für eine neue Bundesregierung unter sich ausmachen. Umwelt- und Klimaschutz drohen eine untergeordnete Rolle zu spielen.
Im Wahlkampf ließ die SPD das Thema schleifen. Die Union torpedierte sogar erreichtes, wie die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes und den Ausstieg aus der Atomkraft. Am Wahlabend erklärte der wahrscheinliche künftige Bundeskanzler Friedrich Merz, „Linke Politik“ sei abgewählt.
Bruch und Polarisierung beim Klimaschutz aber erfolgt entlang von Parteilinien des eher linken und rechts-konservativen Spektrums. Das ist – wenig verwunderlich – auch das Ergebnis einer letzte Woche erschienen Studie, durchgeführt von Markus Kollberg, Doktor und Politikwissenschaftler an der Humboldt Universität in Berlin. Er und sein Team führten unmittelbar nach dem Scheitern der Ampel-Koalition im November und Dezember eine repräsentative Online-Befragung mit 4.500 Teilnehmer:innen durch. Anhand einer Skala von 1 bis 10 sollten die Befragten angeben, ob die Politik mehr für den Klimaschutz tun sollte oder diese mit Maßnahmen schon zu weit gegangen sei. Dabei kristallisierten sich Skeptiker:innen, Unentschiedene und Unterstützer:innen von Klimaschutzmaßnahmen heraus.
Die meisten Unterstützer:innen fanden sich bei Grünen Wähler:innen, gefolgt von Wählerschaft der Linkspartei und SPD. Mehrheitlich skeptisch gegenüber weiteren Klimaschutzmaßnahmen waren Anhänger:innen von CDU/CSU, FDP und AfD. Kollberg verweist zudem auf eine frühere Studie, durchgeführt im November 2023, an der er mitgewirkt hatte. Demnach nahm die Unterstützung für Klimaschutzmaßnahmen unter Unions-Wähler:innen innerhalb eines Jahres um 10 Prozent ab – von 47 auf 37 Prozent.
Klimaschutz nützt
Eine Vielzahl von Studien zeigen, dass Klimaschutzmaßnahmen mittel- und langfristig der Wirtschaft nützen. Der Think Tank Agora Energiewende belegt etwa, dass in Deutschland bis 2035 11 Prozent des jährlichen BIP investiert werden müssten, für eine wettbewerbsfähige, CO2-neutrale Wirtschaft. Dabei handele es sich aber nur bei drei Prozent um zusätzliche Ausgaben für den Klimaschutz. Acht Prozent, und damit der Großteil der Summe, machen Investitionen aus, die bis spätestens 2045 ohnehin anstehen würden.
Für die Europäische Union forderte der ehemalige Chef der Europäischen Zentralbank und frühere italienische Ministerpräsident Mario Draghi jährlich Investitionen von 450 Milliarden Euro für die grüne Transformation. Dies geht aus einem von der EU-Kommission in Auftrag gegebenen und von Draghi verfassten Strategiepapier zur Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union hervor.
Zudem verursachen klimawandelbedingte Wetterextreme jährlich Milliarden US-Dollar an Schäden. Wetterextreme, die bei einer weiteren Globalen Erwärmung noch zunehmen. Klimaschutz ist am Ende also günstiger. Dass es dafür kurzfristig zusätzlicher wirtschaftlicher Anstrengungen bedarf, die zu Einbußen führen können, ist jedoch gerade für Wähler:innen des konservativen und rechten Spektrums nicht hinnehmbar. Auch das zeigt die Umfrage von Kollberg.
Während Anhänger:innen von CDU/CSU, FDP und AfD der Wirtschaft sowie Energie- und Benzinpreisen eine sehr hohe Bedeutung beimessen, spielen Globale Erwärmung, Extremwetterereignisse und Umweltverschmutzung keine ganz so große Rolle. Tendenziell andersherum ist es bei der Grünen Wählerschaft.
Ein Narrativ verfängt
Das von konservativen und rechten Parteien verbreitete Narrativ, zu viel Klimaschutz würde der Wirtschaft schaden, verfängt bei der Wählerschaft dieses Parteienspektrums. Zudem rückte im Bundestagswahlkampf die Klimakrise gegenüber akuten Sorgen vor Krieg und dem wirtschaftlichen Absturz in den Hintergrund.
In Auftrag gegeben wurde die Studie Kollbergs vom Verein Heimatwurzeln, bei dem vorwiegend Parteizugehörige von CDU/CSU aktiv sind, als Verein aber politisch neutral agieren, und die sich für die Förderung von Klimaschutz im bürgerlich-konservativen Spektrum einsetzen. Heimatwurzeln wollte daher wissen, wie sich bürgerlich-konservative wieder für Klimaschutzmaßnahmen begeistern lassen können.
„Stabilität, Pragmatismus und soziale Ordnung sind zentrale Werte, die konservative Wähler überzeugen“, erklärt Kollberg anhand der Studienergebnisse. Für diesen Teil der Befragung wurde die repräsentative Stichprobe um 1.000 Personen erweitert, die auf dem Land leben und älter als 50 Jahre sind, um die Präferenzen der konservativen Wähler näher zu untersuchen. Für die Befragten würden vor allem lokale Akteure, wie Handwerksbetriebe und Kommunen, großes Vertrauen genießen. Für den Geschäftsführer von Heimatwurzeln, Florian Wagner, gehe es daher vor allem darum, „Handwerk, Vereinen und Bürgerinitiativen zuhören und sie zu Botschaftern der Erneuerbaren machen“. Das könne „bürgerlichen Klimaschutz“ wirksam machen.
Friedrich Merz jedoch, bezeichnete Windräder als „Übergangslösung“, die eine Tages wieder abgebaut werden könnten. Mit Blick auf Merz Heimatwahlkreis im Sauerland, wurden bereits strengere Regeln für neue Windparkprojekte verabschiedet. CSU-Chef Markus Söder torpediert ohnehin seit Jahren den Ausbau der Windkraft in Bayern. Dabei ist die Windkraft an Land Eckpfeiler der Energiewende und günstiger Strompreise.
In den Wahlprogrammen von SPD und CDU/CSU tun sich hinsichtlich klimapolitischer Vorhaben große Gräben auf. Die SPD erteilt der Atomkraft eine klare Absage, will das Heizungsgesetz weiterführen, ein Klimageld und einen Deutschlandfonds einführen, der wichtige Investitionsbedarfe etwa für die grüne Transformation der Industrie erfüllt.
Die Union hingegen will Entlastungen für Bürger:innen und Unternehmen sowie Transformationsbedarfe mit riesigen Steuererleichterungen beikommen. Während die wirtschafts- und steuerpolitischen Vorhaben der SPD laut Expert:innen eine solide Basis haben, hofft man bei der Union zur Gegenfinanzierung auf immenses wirtschaftliches Wachstum. Eine Rechnung, die nicht aufgehen könnte. Manuel Grisard