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Großbritanniens KlimastrategieZum Nachsitzen verdonnert

schlossähnliches Gebäude in einer Stadt.
Im Gebäude der Royal Courts of Justice, Heimat u.a. des High Court, wurde die Entscheidung gefällt, dass die britische Klimastrategie nicht rechtens ist. (Bild: sjiong, flickr, CC BY-SA 2.0)

Während Großbritannien infolge der Klimakrise mit einer bislang nie dagewesenen Hitzewelle kämpft, befindet das Hohe Gericht des Staates die Klimastrategie der Regierung für unzulässig. Bessere Pläne seien nötig, um die Klimaziele zu erreichen.

21.07.2022 – Mit 40,3 Grad in der ostenglischen Grafschaft Lincolnshire wurde am Dienstag in Großbritannien ein neuer Temperaturrekord gebrochen. Auch in anderen Teilen Großbritanniens war es so heiß wie nie zuvor seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Das öffentliche Schienennetz kollabierte in Teilen, Hitze und Dürre entfachten mehrere Feuer im Großraum London.

Angesichts der Hitzewelle verwies noch Premier Boris Johnson auf das britische Net-Zero Ziel 2050. „Wer kann jetzt noch Zweifel haben, dass es richtig war, dass wir uns als erste große Industrienation zur Klimaneutralität verpflichtet haben", zitierte die Tagesschau Johnson. Das Ziel Klimaneutralität 2050 wurde schon unter Ex-Premierministerin Theresa May, ebenfalls von den konservativen Tories, in Gesetzesform gegossen.

Doch für dieses Ziel müssen die richtigen Maßnahmen ergriffen werden. Und diese sind nicht mit dem Klimaneutralitätsziel vereinbar wie der High Court, das hohe Gericht von England und Wales, in einem Urteil am Dienstag befand. Gegen die bisherige Klimastrategie geklagt hatten die Umweltorganisation Friends of the Earth, sowie die Umweltrechtsorganisationen ClientEarth, Good Law Project und weitere.

Der High Court behandelt erstinstanzlich bedeutende Fälle und hat die Aufsicht über niederrangige Gerichte. Über dem High Court überprüft der Court of Appeal, das Berufungsgericht, Urteile niederer Instanzen auf Rechtsfehler. Auf der höchsten Stufe der englischen und walisischen Gerichtsbarkeit befindet sich schließlich der Supreme Court, der Oberste Gerichtshof.

Neue Erkenntnisse

Wie sich im Prozess herausstellte, hatte der zuständige Energieminister Greg Hands, zuständig für die Klimastrategie des Landes, nicht die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben zur Hand, wie die erforderlichen Treibhausgasreduktionen zu erreichen seien. Trotzdem genehmigte er die Strategie, die nun vom Hohen Gericht als unzulässig eingestuft wurde. Staatsbeamte hatten errechnet, dass die Klimastrategie der Regierung in der Periode zwischen 2033 und 2037 nicht genug Treibhausgase einsparen würde.

Die Verfehlung betrage mindestens fünf Prozent, was 75 Millionen CO2 Äquivalente ausmachen würde, etwa der jährliche CO2-Austoß aller Autos in Großbritannien. Zudem weisen Friends of the Earth und Mitstreiter daraufhin, dass die Kalkulation der Beamten nicht robust genug und die tatsächliche Verfehlung noch weitaus höher seien könnte. Dafür habe es in der Verhandlung Hinweise gegeben.

Sie verweisen dazu unter anderem auf Analysen des renommierten Climate Change Committee (CCC), das ermittelte, glaubwürdige Pläne würden nur für zwei Fünftel der Regierungsvorhaben zur Treibhausgasreduktion existieren. Das Gericht erkannte an, dass dem Rat der Expert:innen des CCC erhebliches Gewicht zugemessen werden sollte. Das CCC wurde 2008 von der Politik eingesetzt und steht dieser in Beratender Funktion zur Seite. Unter anderem soll es jährlich über den erreichten Fortschritt der Treibhausgasreduktion berichten.

Der Krise angemessen

Sam Hunter Jones, Rechtsanwalt von ClientEarth, zeigte sich nach dem Urteil erleichtert: Diese Entscheidung ist ein Durchbruch.im Kampf gegen zu spätes und Nicht-Handeln in Zeiten der Klimakrise. Sie zwingt die Regierung nun dazu einen Klimaplan aufzustellen, der der Krise angemessen ist.“ Katie de Kauwe, Anwältin von Friends of the Earth sagte: „Diese wegweisende Gerichtsentscheidung ist ein großer Sieg für Klimagerechtigkeit und Transparenz. Sie zeigt, dass der Climate Change Act (das Gesetz zur Klimaneutralitätsverpflichtung 2050) Zähne hat und vor Gericht Bestand hat, wenn die Regierung sich nicht daran hält.“

Die BBC berichtet jedoch, dass die Kandidaten der Tories für die Nachfolge Johnsons – inzwischen wurden Rishi Sunak und Liz Truss ausgewählt – sich zwar weiterhin dem Ziel Klimaneutralität 2050 verpflichtet fühlen, aber Bedenken äußern, dass die Kosten dafür aktuell einen zu hohen ökonomischen Einfluss haben könnten, angesichts steigender Lebenshaltungskosten. Der führende Oppositionspolitiker Ed Miliband von der Labour Partei warnte, dass die Kandidaten die Situation nicht ernst nehmen würden. Ex-Finanzminister Rishi Sunak habe wiederholt Klimaambitionen verschleppt und Liz Truss würde sogar die Förderung von Gas mittels der Fracking Technologie in Erwägung ziehen. mf


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