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Nordrhein-WestfalenZweifel an Energiewende-Offensive wachsen

Der Ausbau der Windenergie in NRW geht bislang schleppend voran (Foto: HansLinde / Pixabay, CC0 1.0)

Nordrhein-Westfalen kündigt eine Ökostromoffensive an und will die Windkraftkapazitäten NRWs in den nächsten Jahren verdoppeln sowie Photovoltaik und Geothermie erheblich ausbauen. Experten sehen die vollmundigen Ankündigungen jedoch kritisch.

26.03.2019 – Damit Nordrhein-Westfalen seinen bislang noch geringen Anteil Erneuerbarer Energien von 13 Prozent in den nächsten Jahren deutlich erhöhen kann, kündigte NRWs Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart gegenüber dem WDR eine Ökostromoffensive an. Dabei nannte er vor allem bei der Windkraft konkrete Zahlen, wonach eine Verdoppelung der Kapazitäten – von aktuell 5.800 Megawatt – in den nächsten fünf Jahren angestrebt wird. Bis 2023 müssten dementsprechend jährlich 1.200 MW Windkraft neu ans Netz gehen. Dies entspricht ca. 400 neuen oder ersetzten Windrädern im Jahr.

Dabei will er auch auf das sogenannte Repowering setzen, also alte Anlagen durch neue zu ersetzen. Berechnungen des Öko-Energieversorgers NATURSTROM jedoch zeigen, dass der Weiterbetrieb alter Anlagen, gegenüber dem Ersatz durch neue Windparks, ökologischer ist und deutschlandweit 1,6 Milliarden Euro einsparen würde. Denn während neue Anlagen die EEG-Vergütung weiter belasten, fallen ältere Windräder ab 2021 aus dem EEG-System und können trotzdem noch für viele Jahren kostengünstig sauberen Strom produzieren.

Darüber hinaus mahnt Jan Dobertin vom Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) NRW, dass Repowering oftmals gar nicht möglich sei, da moderne größere Windräder höhere Abstände zur Wohnbebauung einhalten müssten, wie auch größere Abstände untereinander. „Bestehende Flächen werden da schnell sehr eng. In diesem Sinne braucht es für die Windenergie neue Flächen im Offenland und in den Wirtschaftswäldern NRWs“, so Dobertin.

Statt Privilegierung, Einschränkungen und Verbote

Doch in NRW gelten seit letztem Jahr genau dort erhebliche Einschränkungen. Neben dem Verbot von Windrädern in Wirtschaftswäldern, gilt auch eine Mindestabstandsregelung von 1.500 Metern zu Wohngebieten. Nach Angaben des LEE NRW habe sich damit das Flächenpotenzial für Windräder in NRW von 3,3 auf 1 Prozent verkleinert, die inzwischen weitestgehend in Nutzung seien dürften. „Wie soll eine Verdopplung des Ausbaustandes in fünf Jahren erreicht werden, wenn man gleichzeitig eine Reduktion der Potenzialflächen um zwei Drittel billigend in Kauf nimmt?“, fragt sich Jan Dobertin.

Dabei verweist er auch darauf, dass selbst das reduzierte Flächenpotenzial noch weiter beschnitten werden könnte, mit Restriktionen durch Artenschutz und Luftverkehr. Außerdem kritisieren Dobertin, wie auch Jürgen Döschner vom WDR, den Wegfall von Vorrangzonen und die Abschaffung baurechtlicher Privilegierungen von Windrädern im neuen Landesentwicklungsplan NRWs.  

Darüber hinaus tritt die Landesregierung NRWs im Bundesrat für die Wiedereinführung der sogenannten Länderöffnungsklausel ein, wodurch die Länder Regelungen des Bundes zur bauplanungsrechtlichen Privilegierung für Windenergie im Außenbereich weiter einschränken können. Für Dobertin passt dies alles nicht mit den ambitionierten Ankündigen Pinkwarts zusammen.

Und am späten Montagabend ruderte Pinkwart schließlich, nach stärker werdenden Kritik, zurück und sprach in einer Stellungnahme nur noch von einem theoretischen Potenzial zur Verdoppelung der Kapazitäten in den kommenden Jahren.

Weitere Bestrebungen der Ökostromoffensive bleiben vage

Doch während Pinkwart bei der Windkraft zumindest ursprünglich konkrete Zahlen für deren Ausbau in den nächsten Jahren nannte, blieb er bei den weiteren Bestrebungen der „Ökostromoffensive“ von Anfang an eher vage. „Wir werden darüber hinaus die Photovoltaik und die anderen Formen wie Geothermie erheblich ausbauen“, so Pinkwart nur.

Wie bei der Windkraft, bemängelt Dobertin auch beim Thema Photovoltaik den zu geringen Ausbau in NRW in den letzten Jahren. „Wenn NRW das Bundesziel von 65 % Erneuerbare Energien am Stromverbrauch stützen will, bräuchte es einen Zubau von rund 900 MW Photovoltaik jährlich. Im letzten Jahr wurden in NRW rund 300 MW PV zugebaut, 2017 waren es 200 MW“, so Dobertin. Eine künftige Forcierung des Zubaus von PV-Anlagen, ohne konkrete Zielsetzungen des Wirtschaftsministers, scheint da schwierig. Die Potenziale der Geothermie beschränken sich derweil vor allem auf die Wärmeerzeugung und werden den fehlenden Ausbau von Windkraft und Solarenergie im Stromsektor wohl nicht auffangen können. mf


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Kommentare

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Denkender Bürger 26.03.2019, 18:37:56

+145 Gut Antworten

Das größte Problem sehe ich in der Speicherung der Energie.

Windparks und Photovoltaik-Anlagen liefern ihren Strom eben nur stoßweise und sind damit nicht grundlastfest. Energieüberschüsse müssen daher in den Speicher, um Differenzen in Schwachlastzeiten auszugleichen.

Und genau da liegt das Problem. Wir brauchen nicht nur einen Ausbau des Energienetzes, sondern einen kompletten Umbau und vor allem ausreichend Speicher-Möglichkeiten, um von den fossilen Rohstoffen wegzukommen.

Da warten noch viele Aufgaben auf uns ...


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