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Kostenloser Nahverkehr: Das Geld wäre da

Wird der Nahverkehr in Mannheim bald kostenlos? (Foto: © <a href="https://commons.wikimedia.org/wiki/File:OEG_Variobahn_125_Mannheim_100_5141.jpg">Martin Hawlisch (LosHawlos) / Wikimedia Commons</a>, <a href="https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en" target="_blank">CC BY-SA 3.0</a>)
Wird der Nahverkehr in Mannheim bald kostenlos? (Foto: © Martin Hawlisch (LosHawlos) / Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0)

Die Bundesregierung erwägt aufgrund drohender Fahrverbote einen kostenlosen ÖPNV in deutschen Städten. Die Kritik lässt nicht lange auf sich warten, dabei verkennen die Nörgler: Das Geld wäre da, man müsste nur die Diesel-Subventionen streichen.

15.02.2018 – Nicht durchdacht, zu teuer und zu wenig Busse und Bahnen. So lässt sich in etwa die Kritik an den Erwägungen der Bundesregierung zusammenfassen, den Nahverkehr in deutschen Städten kostenlos anzubieten. Zunächst könnten Tests in den NRW-Städten Bonn und Essen sowie in Mannheim, Reutlingen und Herrenberg in Baden-Württemberg erfolgen. Das hatte die Bundesregiering in einem Brief an EU-Umweltkommissar Karmenu Vella angekündigt, nachdem die Kommission den Druck auf Deutschland deutlich erhöhte mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof drohte.

Denn die Bundesrepublik hält seit Jahren geltende Schadstoff-Grenzwerte für Stickoxide nicht ein, die besonders durch Diesel- und Benzinfahrzeuge verursacht werden. Zuletzt räumte die Bundesregierung ein, dass sie in den kommenden Jahren nicht mit einer Besserung in mindestens 20 deutschen Großstädten rechne. Zudem laufen in Deutschland mehrere Gerichtsverfahren, die zu Fahrverboten in Innenstädten führen könnten.

Zwölf Milliarden pro Jahr

Ob die Testläufe tatsächlich stattfinden werden, muss abgewartet werden. Denn die Kritik an den Plänen ließ nicht lange auf sich warten. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund wirkte alarmiert, Vorrang vor solchen Überlegungen müsse der flächendeckende Ausbau des ÖPNV haben. Ein kostenloser Nahverkehr sei höchstens ein langfristiges Zukunftsprojekt. Auch der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) reagierte skeptisch. Mit zwölf Milliarden Euro pro Jahr finanzierten sich die Verkehrsbetriebe zur Hälfte aus Ticketverkäufen, das Geld müsse irgendwo herkommen. Zudem müsse es neue Bahnen und Busse sowie mehr Personal geben. „Ein kurzfristiger, sprunghafter Fahrgastanstieg würde die vorhandenen Systeme vollständig überlasten“, warnte VDV-Präsident Jürgen Fenske.

Zwölf Milliarden Euro jährlich plus weitere Milliardenbeträge für Investitionen in die Infrastruktur und Neuanschaffungen. Das klingt erst einmal viel, ist aber finanzierbar. Allein acht Milliarden Euro gibt der Bund jedes Jahr für die Subventionierung des Diesel aus. Jener Diesel, der für die Schadstoffprobleme deutscher Innenstädte hauptverantwortlich ist. Würde man das Geld umwidmen, wäre bereits ein großer Teil der jährlichen zwölf Milliarden bezahlt. Zudem könnte die Befreiung des Luftverkehrs von der Energiesteuer abgeschafft werden, damit wären noch einmal sieben Milliarden Euro gewonnen. Und die Subventionen von Dienstwagen kostet noch einmal drei Milliarden pro Jahr. Ein Blick in die Studie zu umweltschädlichen Subventionen, erstellt vom Umweltbundesamt, zeigt: Wenn die Politik es ernst meint, wäre finanzieller Spielräum vorhanden.

Doch nur eine Luftnummer?

Dass ein kostenloser Nahverkehr ohnehin kein Vorhaben ist, das über Nacht eingeführt werden kann, dürften auch die Kritiker wissen. Als Teil eines visionären Verkehrskonzepts könnte es aber endlich das Thema Nachhaltigkeit auf deutsche Straßen bringen. Die Furcht der Kommunen, am Ende alles selbst bezahlen zu müssen, ist nicht unberechtigt. Es wäre nicht das erste Mal, dass die oft klammen Gemeinden die finanziellen Folgen großer politischer Projekte auffangen müssen. Dennoch sollten sie sich der Idee nicht verwehren, auch sie würden profitieren.

Skepsis ist auch aus anderen Gründen angebracht. Wenn es der Bundesregierung mit dem kostenlosen Nahverkehr ernst ist, wieso steht er dann nicht im Koalitionsvertrag? Weshalb gibt es keine Verkehrsstrategie in die der Vorschlag eingebettet ist. Es bleibt zu befürchten, dass der Vorschlag eine Luftnummer bleibt, um die EU-Kommission zu beruhigen.

Gutes Angebot ist wichtiger als Preis

Vielleicht muss die Idee gar nicht in einem komplett kostenlosen Nahverkehr münden. Wichtig seien zwar günstige Ticketpreise, aber eben auch ein gutes Angebot, heißt es beim ökologisch ausgerichteten Verkehrsclub Deutschland (VCD), der sich damit ähnlich äußert wie die Städte und Verkehrsunternehmen. Preise halbieren, Angebot verdoppeln sei ein gutes Ziel. Für Autofahrer sei weniger der Preis sondern ein attraktives Angebot entscheidend, also ein enges Liniennetz, dichtere Taktung und eine sinnvolle Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln. Vielleicht funktioniert ja sogar beides: Mehr und kostenloser Nahverkehr. Das geht zwar nicht von heute auf morgen, aber Geld wäre da. cw


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