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Vor JamaikaDie Klimaskeptiker von der FDP

Teile der FDP bezweifeln den menschengemachten Klimawandel, darunter auch Generalsekretärin Nicola Beer. (Foto: © <a href="https://commons.wikimedia.org/wiki/File:2015-01-06_3115_Christian_Lindner,_Nicola_Beer,_Michael_Theurer_(Dreik%C3%B6nigskundgebung
Teile der FDP bezweifeln den menschengemachten Klimawandel, darunter auch Generalsekretärin Nicola Beer. (Foto: © Robin Krahl, CC BY-SA 4.0)

Wenn die SPD so nicht weiterregieren will, müssen sich CDU/CSU, FDP und Die Grünen auf eine Koalition einigen – sonst gibt es Neuwahlen. Beim Klimaschutz wird’s spannend, denn FDP-Personal fällt durch das Bezweifeln des menschengemachten Klimawandels auf.

26.09.2017 – Das Ergebnis der Bundestagswahl hat auf jeden Fall Sondierungen zwischen CDU/CSU, FDP und Die Grünen zur Folge. Diese Koalition ist die einzig realistische, solange sich die SPD weigert, weiter unter Angela Merkel mitzuregieren. Hindernisse für dieses Viererbündnis gibt es allerdings viele. Die lassen sich schon in den Wahlprogrammen der Parteien  feststellen. Der Grünen-Co-Vorsitzende Cem Özdemir benannte ein weiteres Problem kurz vor der Wahl mit den Worten: „Wer Klimaleugner will, hat bei der FDP ein Angebot“.

Tatsächlich ist nicht nur der Kampf gegen die Energiewende – der noch mit Klientelinteressen erklärt werden könnte – in der FDP üblich. Seit Jahren ist dort auch immer wieder das Bezweifeln des fatalen menschlichen Einflusses auf das Klima anzutreffen. So schrieb Generalsekretärin Nicola Beer kürzlich auf Twitter als Reaktion auf ein Wahlkampfvideo der Grünen: „Angebliches Auftreten von mehr Extremwetterereignissen ist Fake News.“

Der Kritik daran entgegnete sie an selber Stelle zwei Mal, sie habe damit nichts über den Klimawandel aussagen wollen. Allerdings ist ihre These zu bezweifeln, denn die meisten Fachleute scheinen der Ansicht zu sein, dass Stürme wie die aktuellen in der Karibik und den USA durch den Klimawandel zwar nicht häufiger vorkommen, aber noch heftiger ausfallen. Die (pedantische) Frage wäre dann höchstens, was wir als „extrem“ bezeichnen – eine angesichts der Zerstörungen durch „Harvey“ und „Irma“ zudem zynische Frage.

Beer folgt mit ihrem Tweet einer Strömung in der Partei. Die ehemalige Kultusministerin Hessens war dort bis jetzt hochschul-, kultur- und europapolitische Sprecherin ihrer Fraktion, beruflich ist sie Anwältin – nennenswerte naturwissenschaftliche Qualifikationen scheint sie also keine zu besitzen.

Ein weiterer aktueller Hinweis auf diese Parteiströmung ist die Nominierung von Frank Schäffler auf den erfolgversprechenden Listenplatz 9 in Nordrhein-Westfalen. Schäffler saß schon von 2005 bis 2013 für die FDP im Bundestag. Der „klassische Liberale“ schrieb 2014 in einem Gastbeitrag fürs Handelsblatt: „Ich bin ein Klimaskeptiker.“

Im Bundestag wird Schäffler nun wahrscheinlich nicht der einzige FDP'ler mit dieser Gesinnung sein. In den letzten Jahren wurden immer wieder „Klimaskeptiker“ in der Partei bekannt. Vielleicht wären die Vorfälle bekannter, wenn die FDP in der ablaufenden Legislaturperiode im Bundestag vertreten gewesen wäre. Im November 2016 beklagte sich der FDP-Abgeordnete Jürgen Lenders im hessischen Parlament: „Wer es auch nur wagt, in Frage zu stellen, dass der Klimawandel vom Menschen gemacht wird, wird sofort diskreditiert.“ Laut dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden handelt es sich da um eine Glaubensfrage. Wer nicht daran glaubt, werde behandelt wie früher Leute, die die Existenz Gottes bestritten.

Vorher schon gab es auch deutliche organisatorische Aktivitäten der FDP zum Angriff auf Klimaschutz-Maßnahmen. So luden die niedersächsischen Fraktionen von FDP und CDU 2014 mehrere „Skeptiker“ – darunter zwei Leute vom einschlägigen Verein „Europäisches Instituts für Klima und Energie“ (EIKE), der kein klimawissenschaftliches Renommee hat – zu einer Expertenanhörung im Umweltausschuss ein, wo einer von ihnen den Treibhauseffekt leugnete.

2012 schon veranstaltete die Sachsen-FDP eine „Alternative Klimakonferenz“, über die sich gerade auch der damalige und heutige Landesvorsitzende Holger Zastrow freute. Der damals auch stellvertretende Bundesvorsitzende und Landtagsfraktionschef seiner Partei zweifelte dabei offensichtlich sogar die Existenz einer globalen Erwärmung an. Noch im Dezember 2012 folgte eine „Alternative Energiekonferenz“, 2013 dann die „Alternative Ökokonferenz“, bei der der ehemalige tschechische Präsident Vaclav Klaus in einem Vortrag gegen „die Lehre von der globalen Erwärmung“ stritt.

Referent bei allen drei Konferenzen war der damalige umweltpolitische Sprecher der FDP im EU-Parlament, Holger Krahmer. Der war mit seinen irre(führende)n Thesen schon 2010 Thema im Klima-Lügendetektor gewesen. Nach dem Ausscheiden aus dem Parlament 2014 wechselte Kramer, der sich auch im Sinne der großen Autofirmen eingesetzt hatte, zunächst zu einer Lobbyfirma und dann auf eine laut der Organisation Lobbycontrol extra für ihn geschaffenen Stelle bei Opel.

Schon 2011 hatte der damalige FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle ein Buch eines „Klimaskeptikers“ beworben. Der FDP-Abgeordnete Paul Friedhoff fiel 2010 mit einer ähnlichen Veranstaltung auf Da hatte die zur FDP gehörende „Stiftung für die Freiheit“ (ehemals Friedrich-Naumann-Stiftung) schon einen zentralen Kongress der deutschen Szene gefördert. Ihr Referent für Umwelt- und Energiepolitik, Steffen Hentrich, war laut dem Jenenser Naturwissenschaftler Michael Schwarz sogar selbst beim entsprechenden US-amerikanischen Lobby-Institut CFACT aktiv. Es gibt weitere Verbindungen von Stiftungskreisen in die Klimawandelleugner-Szene.

Michael Schwarz hat sich intensiv mit dieser Szene beschäftigt. Schon 2013 kam er zu dem Fazit: „Es ist unmöglich, dass der ganze Lobbyfilz aus FDP-Stiftung, CFACT, EIKE, Heartland Institute und einzelnen FDP-Funktionären ohne den Segen der Parteiführung existiert.“ Ralf Hutter


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