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Analyse zur BundestagswahlDie Wahl aus Klimasicht

Am 24. September 2017 entscheiden die Wähler über die Zukunft der deutschen Energie- und Klimapolitik. (Foto: <a href="https://pixabay.com/" target="_blank">pixabay</a>, <a href="https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de" target="_blank"
Am 24. September 2017 entscheiden die Wähler über die Zukunft der deutschen Energie- und Klimapolitik. (Foto: pixabay, CC0 1.0)

Welche Parteien setzen sich im Bundestagswahlkampf für Energiewende und Klimaschutz ein und wer hat innovative Ideen für Deutschlands klimafreundliche Zukunft? Nach vier Jahren Stagnation ist ein Wandel dringend notwendig. Eine neue Analyse bringt nun Licht ins Dunkel der Wahlprogramme.

12.09.2017 – In der vergangenen Legislaturperiode haben sich Bundestag und Bundesregierung durch Verzögern und Blockieren von Energiewende, Klimaschutz und Verkehrswende hervorgetan. Die Opposition aus Grünen und Linken konnten sich nicht durchsetzen, die Koalition aus CDU/CSU und SPD sorgte weitgehend für Stagnation oder führte mit den Ausschreibungen für die Solar- und Windenergie Fördermechanismen ein, die den Ausbau der Erneuerbaren Energien ausbremsen. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel international die Dekarbonisierung bis 2050 und das Pariser Klimaabkommen beschwört, passiert zu Hause: nichts. Die Bundesregierung hat sich in zähem Ringen auf einen Klimaschutzplan festgelegt, der wohl kaum das Klima schützen wird. Der Dieselskandal führt nicht zum konsequenten Umschwenken auf Elektroautos, die deutschen Treibhausgasemissionen steigen erneut und die deutschen Klimaziele für 2020 werden deutlich verfehlt.

Es scheint höchste Zeit, dass dem Klimawandel, seinen Folgen für Deutschland und was wir dagegen tun können mehr Platz eingeräumt wird. Im Wahlkampf spielen die Themen nur bei den Grünen eine große Rolle, die anderen Parteien verweigern sich dem Wettbewerb. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) versucht nun mit den sogenannten Wahlprüfsteinen die energiepolitischen Positionen der Parteien einzuordnen.

Von „Weiter so“ bis schneller Kohleausstieg

Dafür hat der Verband die fünf im Bundestag vertretenen Parteien (CDU/CSU, SPD, Linke, Grüne) plus die FDP befragt und die Antworten aufbereitet. In einer Analyse der Antworten kommt der Verband zu dem Schluss, dass es durchaus sehr unterschiedliche Auffassungen gibt, wie die Energiewende fortgeführt werden sollte. Es hängt für Umwelt- und Klimaschutz viel davon ab, ob etwa die FDP oder die Grünen ab Herbst Teil einer Regierung sein werden.

Ein Blick in die Parteiprogramme und die BEE-Analyse ergibt in Sachen Energie- und Klimaschutz folgendes Bild:

  • CDU/CSU: Weiter so wie bisher. Der wenig ambitionierte deutsche Klimaschutzplan ist für die Union bereits ein Fortschritt. Wie Klimaziele und Ausbauziele für Erneuerbare Energien eingehalten werden sollen, bleibt offen.
  • SPD: Bisheriger Kurs soll fortgesetzt werden, allerdings mit Änderungen. Klimaschutzgesetz soll Klimaschutz verankern. Wie das Klimaziel 2020 und Ausbauziele für Erneuerbare Energien erreicht werden sollen, bleibt weitgehend offen. Sozialverträglicher Kohleausstieg soll eingeleitet werden, Förderung von Mieterstrom, Elektroauto-Quote von 25 Prozent bis 2025.
  • Grüne: Höhere Ziele im Klimaschutz und beim Ausbau Erneuerbarer Energien. Klimaschutzgesetz soll deutsche Klimaziele nach Pariser Abkommen festschreiben, 95 Prozent weniger Treibhausgase bis 2050, Kohleausstieg bis 2030 mit sofortiger Stilllegung von 20 Kohlemeilern. Kein Ausbaudeckel für Erneuerbare Energien, im Stromsektor bis 2030 auf 100 Prozent steigern, CO2-Mindespreis im Emissionshandel, Mieterstrom soll gefördert werden. Ab 2030 nur noch Zulassung abgasfreier Autos, Steuerentlastung für Diesel soll abgeschafft werden.
  • Linke: Ambitionierte Ziele im Klimaschutz und beim Ausbau Erneuerbarer Energien. Wie Grüne Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 95 Prozent bis 2050, stärker an Zielen des Pariser Klimaabkommens orientieren. Klimaschutzgesetz und Kohleausstieg bis 2035, Stilllegung der Hälfte aller Kohlekraftwerke bis 2020, 100 Prozent Erneuerbare Energien bis 2040 in allen Energiesektoren. Einführung von CO2-Mindestpreis oder CO2-Steuer, mittelfristig Verbot von neuen fossilen Heizungen. Im Verkehrssektor Vorfahrt für Bahn und E-Busse, Favorisierung von E-Autos, aber keine Förderung. Mieterstrom soll im Quartier gefördert und Wohnungsunternehmen besser gestellt werden.
  • FDP: „Neustart“ der Energiewende, bedeutet im besten Fall Stopp der Energiewende, im schlechtesten Fall deren Abwicklung. Langfristig breiten Energiemix mit fossilen Energien, später auch Kernfusion. Bekenntnis zu Pariser Klimaabkommen, aber nur wenn alle anderen relevanten Länder deutliche Schritte unternehmen. Erneuerbare ja, falls sie am „Markt bestehen“. Viel „Markt“ und „Wettbewerb“ ohne konkrete Vorschläge, als Rahmenbedingung möglichst weltweiter Emissionshandel. Ablehnung des deutschen Klimaschutzplans, das EEG und auch Ausschreibungen sollen abgeschafft werden, Einspeisevorrang für Erneuerbare soll wegfallen und die 10H-Abstandsregelung für Windkraftanlagen deutschlandweit eingeführt werden. Bedenken gegenüber Elektromobilität, keine Förderung.

Software-Updates statt Zukunftsvision

Die starken Unterschiede in den Parteiprogrammen zeigen: Das Thema Klimaschutz ist zu wichtig, als dass darüber im Wahlkampf nicht debattiert werden sollte. Die Nicht-Beachtung der für Deutschland wichtigen Zukunftsthemen im Kanzler-Duell ist bei näherer Betrachtung ein kleiner Skandal. Anstatt sich um große Zukunftsvisionen zu streiten, ging es um Software-Updates und Musterfeststellungsklagen. Eine Analyse der ZEIT kam jüngst zu dem Ergebnis: Zwölf Jahre Bundesregierung ohne die Grünen haben Deutschland zu dem gemacht, was es heute ist: Die Autoindustrie steckt im Diesel-Desaster, Kohle vergiftet unsere Atmosphäre, die Fleischwirtschaft quält Tier und Mensch.

Von „Weiter so“ bis schneller Kohleausstieg oder doch Abwicklung der Energiewende – die Wahlprogramme enthalten sehr verschiedene Zukunftsentwürfe. Nun muss der Wähler entscheiden, wohin Deutschland klima- und energiepolitisch nicht nur die nächsten vier Jahre, sondern mittelfristig bis 2030 steuert. Die nächste Bundesregierung und der Bundestag werden nicht herumkommen, sich auf eine Richtung festzulegen. Clemens Weiß


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