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EU beschließt strengere Grenzwerte für Kohlekraftwerke

Stickstoffdioxid in der Luft könne vergleichbare Auswirkungen auf das Wohlbefinden des Menschen haben wie eine Kündigung, eine Trennung oder sogar der Tod des Lebenspartners, sagen Forscher. (Foto: Nicole Allé)
Stickstoffdioxid in der Luft könne vergleichbare Auswirkungen auf das Wohlbefinden des Menschen haben wie eine Kündigung, eine Trennung oder sogar der Tod des Lebenspartners, sagen Forscher. (Foto: Nicole Allé)

Nach novellierten EU-Regeln müssen große Kraftwerke ihre Schadstoff-Emissionen künftig reduzieren, für viele wird die Nachrüstung teuer. Umweltverbände sehen als nächsten logischen Schritt daher den zügigeren Ausstieg Deutschlands aus der Kohlekraft.

04.08.2017 – Laut der novellierten BREF-Richtlinie, die im April 2017 von den Mitgliedsstaaten genehmigt und am Montag vom Kollegium der Kommissionsmitglieder formell vereinbart wurde, müssen Europas Kraftwerke bis zum Jahr 2021 strengere Grenzwerte bei Schadstoffen wie Stickstoffoxid, Quecksilber und Rußpartikeln einhalten. EU-weit betroffen von der neuen Regelung seien etwa 3.000 Großfeuerungsanlagen, deren Emissionsgrenzwert dürften dann 175 Milligramm Stickoxid pro Kubikmeter nicht mehr überschreiten.

Experten schätzen, dass rund 82 Prozent der europäischen Kohleindustrie die neuen Grenzwerte aktuell nicht einhalten können. Die Nachrüstung werde in den meisten Fällen teuer. Eine von der European Climate Foundation (ECF) in Auftrag gegebene Studie kommt daher zu dem Schluss, dass hohe Investitionskosten und die ohnehin unsichere Zukunft der Kohle zu einer Schließung der besonders schmutzigen Kraftwerke führen könnte.

Die Kohleländer waren dagegen

Es ist wenig überraschend dass die neuen Regeln nicht von allen EU-Staaten begrüßt wurden. Die Länder mit hohem Kohleenergieanteil wie etwa Polen, Deutschland und die Tschechische Republik stimmten im Industrieausschuss gegen die neuen Grenzwerte. Das Bundesumweltministerium hatte schon vorher gegen die neuen Grenzwerte argumentiert, weil es sie für „technisch nicht durchführbar“ hielt. Doch auch Deutschland muss nun die neuen Regeln in die nationale Gesetzgebung übertragen.

Ausnahmen nicht zulassen

Umweltorganisationen kritisieren den angestrebten Zeitraum bis 2021, das sei zu spät. Denn die aus der Kohleverbrennung entstehenden Folgekosten – Klimawandel-Schäden, Gesundheitsbelastung – potenzieren sich. Mehr als 130 Städte in 23 EU-Mitgliedsstaaten verstoßen gegen europäische Gesetze zur Luftreinhaltung, warnt die EU Kommission.

Höchste Zeit also, sagt auch der BUND. „Noch immer sterben laut EU-Kommission in der Europäischen Union 400.000 Menschen vorzeitig als Folge der Luftverschmutzung. Während die Politik in der Dieselaffäre nicht wirklich weiter kommt, bedrohen auch andere Luftverschmutzer unsere Gesundheit mindestens so stark – dazu gehören Kohlekraftwerke.“ Es sei anzunehmen, so der BUND, dass die neuen Standards im Bereich der Industrieanlagen zu einer deutlichen Verbesserung führen werden– auch wenn mehr möglich gewesen wäre. Denn die Industrielobby habe auch hier wieder Aufweichungen erreicht. Einige Experten befürchten auch, dass die Behörden der EU-Mitgliedstaaten Ausnahmen aus Gründen der Wirtschaftlichkeit zulassen werden, oder gar besonders betroffene Kraftwerke staatlich subventionieren.

Richtiger Zeitpunkt für Ausstieg aus der Kohlekraft

Auch die deutsche Braunkohleindustrie hatte sich gegen den neuen Grenzwert für Stickoxide (NOx) gewehrt und dafür auch die Bundesregierung für ihre Interessen mobilisiert, berichtet der BUND. Doch der Gesundheitsschutz konnte sich durchsetzen und nun müssten auch deutsche Braunkohlekraftwerke strengere Vorgaben erfüllen. Es sei aber fraglich, „ob sich diese Investitionen noch lohnen angesichts der Tatsache, dass gerade diese Kraftwerke aus Klimaschutzgründen ohnehin bald vom Netz müssen.“ Umweltorganisationen raten daher auch zu einer raschen Stilllegung der schmutzigsten Kohlekraftwerke. na


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