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NGOs träumen von einem Europa ohne Kohle

Eine neue Kampagne von NGOs will den Kohleausstieg in Europa beschleunigen. Bereits 16 Kohlemeiler haben sie europaweit in den Ruhestand versetzt und wollen noch mehr. Vorbild für „Europa ohne Kohle“ ist die erfolgreiche US-Kampagne „beyond coal“.

06.11.2017 – In den USA hat die größte Umweltorganisation Sierra Club mit ihrer „beyond coal“-Kampagne bereits zur Stilllegung von über 260 Kohlekraftwerken beigetragen, auch wenn einige davon noch Jahre weiterlaufen. Es ist ein großer Erfolg für den Klima- und Umweltschutz, der nicht von ungefähr kommt: Die Umweltaktivisten sind geschickte Verhandler, die die Energieversorger bei der Schließung ihrer Anlage nicht wie Verlierer aussehen lassen. Der Sierra Club schließt oft Vereinbarungen mit den Betreibern ab, ausgehandelt zusammen mit Gewerkschaftsvertretern oder anderen Akteuren und mit einer Verpflichtung der Energieversorger, stattdessen auf Erneuerbare Energien, Speicherlösungen oder Energieeffizienz zu setzen.

Diese Strategie will nun möglicherweise die neue Kampagne „Europe Beyond Coal“, auf Deutsch „Europa ohne Kohle“, übernehmen. In ihrer ersten Presseerklärung steht zum konkreten Vorgehen allerdings wenig, es ist ein Aufruf an Regierungen, Städte und Kommunen aus der Kohle auszusteigen. Auch an Banken, Investoren und Energieversorger appellieren die knapp 30 NGOs aus allen 28 EU-Mitgliedsstaaten, Ausstiegspläne bis zur nächsten Klimakonferenz in einem Jahr in Polen vorzulegen. Die am heutigen Montag in Bonn startende Klimakonferenz COP23 sei ein geeigneter Zeitpunkt, um neue und ehrgeizige Zusagen zum Kohleausstieg zu machen.

Ist die Zeit reif?

Die zivilgesellschaftlichen Organisationen – mit dabei sind auch die Umweltorganisationen BUND, WWF, urgewald und Greenpeace – hoffen kurz vor der Klimakonferenz einen günstigen Zeitpunkt für ihre Forderungen gefunden zu haben. Sie könnten tatsächlich das Momentum auf ihrer Seite haben. Die Vereinten Nationen warnten erst vor wenigen Tagen eindringlich, dass die Lage sehr ernst sei. Sollte die Menschheit nicht aufhören, den Planeten auszubeuten, werde der Klimawandel in gut zehn Jahren nicht mehr aufzuhalten sein. Zudem zeigen neueste Daten: Mit Rekordgeschwindigkeit ist die CO2-Kontentration im vergangenen Jahr auf einen besorgniserregend hohen Wert geklettert.

Besonders Deutschland, größter Klimasünder Europas, muss handeln. Das fordern nicht nur die „beyond coal“-Akteure und üblichen Klima-Mahner. Zunehmend begreifen immer mehr Wissenschaftler, Unternehmen und Medien wie wichtig echter Klimaschutz und ein Kohleausstieg sind. Denkfabriken und Regierungsberater fordern eine CO2-Steuer, Siemens hat in den vergangenen Tagen angesichts der stockenden deutschen Koalitionsverhandlungen für einen Kohleausstieg geworben.

Vorbilder Frankreich, Großbritannien, Italien

Es scheint also eine günstige Zeit zu sein, Regierungen und Betreiber für einen Kohleausstieg zu bewegen. Und es gibt ermunternde Beispiele. Mit Frankreich, Großbritannien, Italien, Portugal, Niederlande und Finnland haben sich einige EU-Länder bereits zum Ausstieg bis spätestens 2030 verpflichtet. Die größten Kohleländer Deutschland, Polen und Tschechien sind aber nicht dabei.

Um der Politik Druck zu machen haben die NGOs zum Start der Kampagne neue Zahlen präsentiert: Fast 20.000 vorzeitige Todesfällen wurden in der EU allein 2015 durch Kohlekraftwerke verursacht und weitere 10.000 Fälle chronischer Bronchitis sind darauf zurückzuführen, sagen die Schätzungen. Und wem die Todesfälle nicht schockierend genug sind: Auf bis zu 54 Milliarden Euro belaufen sich die Gesundheitskosten. cw


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