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Nur Symptombehandlung gegen das Sulfat

Sie reden und reden – aber nicht über die Braunkohle. Staatssekretäre der Länder Berlin und Brandenburg haben wieder ein „Sulfatgespräch“ geführt. (Foto: <a href="https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Tagebau_J%C3%A4nschwalde_Luftbild.jpg" target="_blank">Julian Nitzsche / Wikimedia.org</a>, <a href="https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en" target="_blank">CC BY-SA 3.0</a>)
Sie reden und reden – aber nicht über die Braunkohle. Staatssekretäre der Länder Berlin und Brandenburg haben wieder ein „Sulfatgespräch“ geführt. (Foto: Julian Nitzsche / Wikimedia.org, CC BY-SA 3.0)

Sie reden und reden – aber nicht über die Braunkohle. Staatssekretäre der Länder Berlin und Brandenburg haben wieder ein „Sulfatgespräch“ geführt. Klar ist: Die Belastung des Trinkwassers mit Sulfat wird ansteigen und so die Hauptstadt bedrohen.

05.02.2018 – Das Gespräch war „sachlich und konstruktiv“; im September soll das nächste sein; bis dahin gibt es den „weitergehenden fachlichen Austausch“ zwischen den beteiligten Ländern, die auf jeden Fall „weitergehende Maßnahmen zur Stützung der Zielwerte durchführen“ werden. Das sind vier Punkte in unverbindlichem Politiksprech, die die Pressemitteilung zum erneuten „Sulfatgespräch“ zweier Staatssekretäre aus Berlin und Brandenburg am Donnerstag enthält.

Für Michaela Kruse vom BUND Brandenburg ist das „Symptombehandlung“. Längst ist erwiesen, dass rund zwei Drittel des potenziell gesundheitsschädlichen Sulfats in der Spree von den aktiven Kohletagebauen kommt. Aber über den Kohleausstieg haben die beiden Staatssekretäre nicht geredet. Seit 2015 wird auch in Berlin über die Sulfatbedrohung öffentlich diskutiert, längst haben sich alle Parteien im Landesparlament für Brandenburgs Kohleausstieg ausgesprochen – doch „Brandenburg will nicht an die Ursachen ran“, sagt Kruse.

Seit Dezember gibt es ein neues Sulfatprognosemodell. Das Sulfat dringt auch aus alten, stillgelegten Tagebauen ins Grundwasser, und je nach Wetter und anderen Einflüssen auf die Wasserströme in Brandenburg schwankt seine Konzentration in der Spree. Die Gesamtrechnung ist also kompliziert. Auf der Grundlage des Modells wurde nun aber eine erste Studie für zwei wichtige Orte erstellt, erklärt Kruse: für die Wasserwerke in Berlin-Friedrichshagen und in Briesen. Ihr zufolge hat sich dabei gezeigt, dass die Zielwerte für Sulfat auch in Zukunft permanent überschritten werden – trotz der geplanten Gegenmaßnahmen.

Die Gegenmaßnahmen bestehen in verschiedenen Weisen der Vermischung von stark sulfatbelastetem Wasser mit relativ sauberem Wasser. Letzteres kommt vor allem aus Sachsen, oder ist Grundwasser. Beides ist auf die Dauer problematisch, wie der Biologe Werner Kratz kürzlich im Interview mit energiezukunft festhielt.

Sehr problematisch ist die Situation schon für Frankfurt (Oder). Die dortigen Wasserwerke schlugen am 15. Januar Alarm: In Briesen wurde der Sulfatrichtwert demnach sowohl 2016 als auch 2017 „nahezu ganzjährig überschritten“, und der aktuellen offiziellen Prognose zufolge werde das auch in Zukunft „in acht von zwölf Monaten“ so sein. Mittelfristig könne das Wasserwerk neue Anlagen errichten und so weniger Spreewasser in die Stadt mit 65000 Einwohnern leiten, aber das koste 20 Millionen Euro. Diese Summe müssen die Verursacher tragen, also die LEAG, Betreiberin der aktuellen Tagebaue, und die LMBV, die staatliche Verwaltungsgesellschaft für die stillgelegten Tagebaue.

Für Aufregung sorgten die Frankfurter mit der Nachricht, das Umweltministerium habe angekündigt, den Richtwert für Briesen von 280 auf 350 mg/l anzuheben. Am Mittwoch im Landtag bestritt Umweltminister Jörg Vogelsänger (SPD) diese Erhöhung. Beim Treffen der Staatssekretäre wurde nun ebenfalls festgehalten, dass die „Zielwerte“ nirgendwo angehoben werden. Gerd Weber, Geschäftsführer der Frankfurter Wasserwerke, bekräftigt aber gegenüber energiezukunft, dass jemand aus dem Umweltministerium ihm diese Erhöhung angekündigt hatte. Er bestätigt auch, dass die Wasserwerke nun gerichtlich gegen die Flutung des Cottbuser Ostsees, eines ehemaligen Tagebaus, vorgehen, denn dadurch würde die Sulfatfracht noch stärker zunehmen. „Alle bisher im Rahmen der Anhörungen vorgebrachten Einwendungen zur Gefährdung der Trinkwasserversorgung in Frankfurt (Oder) und den umliegenden Gemeinden wurden in den umfangreichen Antragsunterlagen bisher ignoriert“, schrieb Weber dazu in der Pressemitteilung von Januar. Ralf Hutter


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