20.08.2019 – NASA-Satelliten-Daten geben einen Überblick zu den Hotspots der Schadstoff-Emissionen, die weltweit zu Todesfällen durch Luftverschmutzung beitragen. Eine interaktive Online-Karte zeigt nun auch die weltweit schlimmsten SO2-Verschmutzungsquellen: Die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Greenpeace hat die Daten ausgewertet. Die größten SO2-Emissions-Hotspots befinden sich demnach in Indien, Russland, Südafrika, Iran, Saudi-Arabien, Mexiko, den Vereinigten Arabischen Emiraten, der Türkei und Serbien.
Luftverschmutzung ist ein großes Problem für die öffentliche Gesundheit. Rund 90 Prozent der Weltbevölkerung leben in Gebieten, in denen die Luftverschmutzung die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgelegten Grenzwerte überschreitet, berichtet Greenpeace. So sterben jährlich 4,2 Millionen Menschen vorzeitig allein an den Folgen der Luftverschmutzung.
Unsere Atmosphäre ist hoch emissionsbelastet: CO2- und Schwefeldioxidemissionen (SO2) tragen erheblich zur Luftverschmutzung bei. Schwefeldioxid resultiert vor allem aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe in Kraftwerken und anderen Industrieanlagen. Es entsteht zudem in Prozessen etwa bei der Metallgewinnung, dem Betrieb von Lokomotiven und Schiffen – natürliche Schwefeldioxid-Quellen sind Vulkane. Schwefeldioxid reizt die Schleimhäute und kann zu Atemwegsproblemen führen sowie Pflanzen schädigen; nach Ablagerung in Ökosysteme kann es zudem die Versauerung von Böden und Gewässern bewirken.
Der aktuellen Analyse von Greenpeace zufolge gehört Indien zu den größten Schwefeldioxid-Emittenten weltweit – mit über 15 Prozent aller SO2-Hotspots, die vom NASA-Satelliten OMI (Ozone Monitoring Instrument) entdeckt wurden. Diese Emissionen stammen auch in Indien zum allergrößten Teil aus der Kohle-Verbrennung.
In Indien hatte das Ministerium für Umwelt, Wald und Klimawandel Ende 2015 erstmals SO2-Emissionsgrenzwerte für Kohlekraftwerke eingeführt. Die Fristen für die Nachrüstung der Technologie zur Kontrolle der SO2-Emissionen aus der Kohlestromerzeugung wurden jeweils von 2017 auf 2019 für Kraftwerke in Delhi und auf 2022 für die Mehrzahl der Kraftwerke landesweit durch einen Beschluss des Obersten Gerichtshofs verschoben.
Man könne angesichts dieser massiven Luftverschmutzung mit verheerenden gesundheitlichen Folgen für die Bevölkerung die Kohlverstromung nicht einfach so weiterlaufen lassen, kommentiert Greenpeace Senior Campaigner Pujarini Sen die Ergebnisse und spricht von einem Luftverschmutzungsnotstand. Es sei längst nicht klar, ob Kraftwerksbetreiber die ohnehin schon verlängerten Fristen für die Einhaltung der Verschmutzungsgrenzwerte in Delhi und im ganzen Land überhaupt einhalten werden. Die Regierung müsse einschreiten und der öffentlichen Gesundheit den Vorrang einräumen, indem sie streng gegen Verschmutzer vorgeht, die gegen das Gesetz verstoßen.
Das Problem betrifft bei weitem nicht nur Indien, sondern ist global. Es zeigen sich noch viele weitere große CO2-Hotspots auf der SO2-Emissionskarte: Ganz oben steht der Norilsk-Schmelzkomplex in Russland. Die 300 Kilometer über dem Polarkreis gelegene Stadt steht auf der Top Ten-Liste der Städte mit der größten Luft- und Umweltverschmutzung weltweit. 2015 entließ die lokale Schwerindustrie dort zudem knapp zwei Mio. Tonnen Kupfer, Blei, Cadmium, Nickel, Schwefel und arsenhaltige Gase in die Luft. Auch Kriel in der Provinz Mpumalanga in Südafrika erzielte durch Kohleverbrennung traurige Rekorde bei den SO2-Emissionswerten.
In Indien, Saudi-Arabien und im Iran nehmen die Luftschadstoffemissionen von Kraftwerken und anderen Industrien weiter zu. In Russland, Südafrika, Mexiko und der Türkei steigen die SO2- Emissionen derzeit zwar nicht, doch seien auch keinerlei Fortschritte bei der Reduzierung zu verzeichnen. Eine enorme Abhängigkeit von Kohle und Öl, schwache Emissionsstandards sowie eine mangelnde Durchsetzung von staatlicher Seite nennt Greenpeace als Hauptfaktoren für die verheerende Situation.
In China und den USA konnten die Emissionen in den letzten Jahren gesenkt werden. Das hätten die Länder laut Bericht vor allem durch die Umstellung auf saubere Energiequellen erreicht, China habe vor allem seine Emissionsstandards angepasst und die SO2-Kontrollen durchgesetzt.
Es ist an der Zeit, sagt Sunil Dahiya, Kampagnenspezialist bei Greenpeace, den massiv umweltschädlichen Brennstoff Kohle endlich aus dem Verkehr zu ziehen und Platz für die Technologien der Zukunft zu machen. Regierungen auf der ganzen Welt seien es ihren Bürgern schuldig, nicht weiter in fossile Brennstoffe zu investieren und auf sichere und nachhaltige Energiequellen umzusteigen. Das verringert nicht nur die Luftverschmutzung, sondern löst auch die Klimakrise. na
16.08.2019 – Für den Klima- und Umweltschutz auf die Straße gehen – das machen engagierte Menschen seit vielen Jahrzehnten, mit und ohne Erfolg. Die Fridays for Future-Bewegung hat aktuell vor allem junge Menschen dazu gebracht, sich wieder verstärkt für die Rettung des Klimas einzusetzen. Klimaschutz ist damit weltweit populärer geworden. Das bringt natürlich auch die Gegner verstärkt auf den Plan und treibt sie mitunter zu verbaler Gewalt, etwa in den sozialen Medien; so werden teilweise sogar Kinder und Jugendliche für ihr Engagement beschimpft. Doch der Großteil der Gesellschaft ist momentan auf ihrer Seite und bietet moralischen Halt.
Während der Einsatz für die Umwelt uns also in der Regel hauptsächlich Zeit und moralische Stärke und Integrität kostet, kostet das Engagement für den Schutz von Umwelt und Klima in etlichen Ländern den Menschen das Leben. Eine Studie im Fachmagazin Nature Sustainability zeichnet ein düsteres Bild der Lage: Es werden zunehmend Umweltaktivsten ermordet. In den letzten 15 Jahren hat sich demnach die Zahl der Morde sogar verdoppelt. Zudem nehme auch die Zahl der Länder zu, in denen Morde an Umweltaktivisten verübt werden.
Die Studie stützt sich u. a. auf Daten der Menschenrechtsorganisation Global Witness, Die NGO veröffentlicht jährlich einen Bericht, der die Gefahren für Umweltaktivisten weltweit beleuchtet. Zu den für Umweltschützer gefährlichsten Ländern zählen demnach die Philippinen an der Spitze, auch Indien, Kolumbien, Brasilien, Guatemala und Mexiko. Vor allem in den mittel- und südamerikanischen Ländern nehme die Gewalt erschreckend zu. Zu den Mordopfern zählen Aktivisten, Anwälte, Journalisten und Mitarbeiter von NGOs. – und häufig Indigene, die oft nur Land und Leben verteidigen gegen die drohende Zerstörung ihrer Lebensräume durch Konzerne, die Rohstoffe plündern und Wälder für ihr Agrobusiness roden und zerstören.
Bei der tödlichen Statistik werden lediglich die angezeigten Morde aufgeführt. Die Dunkelziffer dürfte noch höher liegen, ebenso bei Gewalttaten, die nicht zum Tod führen. Mächtige Konzerne und Regierungen nutzen in vielen Ländern die Justiz, um Gegner zum Schweigen zu bringen. Häufig gehen Landräuber und Mörder straflos aus solchen Prozessen, nur in etwa zehn Prozent der Fälle komme es zu einer Verurteilung – während Umweltschützer häufig kriminalisiert werden.
Auch in Deutschland werden Umweltaktivisten mitunter drangsaliert. Die Aktivisten vom Hambacher Wald können da bspw. einiges berichten, etwa von Übergriffen durch den Wachschutz oder die Polizei. Doch rechtliche Grundlagen schützen uns in Europa immerhin vor ausufernder physischer Gewalt – wenn auch (noch) nicht vor staatlich legitimierter und doch gewaltsamer Enteignung, wenn ganze Dörfer für den Kohleabbau zerstört werden.
Lieferketten der Gewalt durchbrechen
Wirtschaft, Investoren, Juristen und nationale Regierungen müssen etwas gegen die „Lieferketten der Gewalt“ unternehmen, fordern nun die Wissenschaftler in der Studie. Auch als Konsument könne jeder eine gewisse Verantwortung übernehmen. Mit dem erst kürzlich beschlossenen Freihandelsabkommen Mercosur, das bislang nur die französische Regierung in Frage gestellt hat, macht Europa allerdings genau das Gegenteil. Das Freihandelsabkommen mit den vier südamerikanischen Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay öffnet dem Export von Mais, Soja, Zuckerrüben und Rindfleisch aus diesen Ländern nach Europa alle Tore. Profiteur ist einmal mehr die mächtige Agrarlobby – die Bewohner des Regenwaldes werden die Verlierer sein. Denn Klimaschützer fürchten, dass weiterhin Regenwald abgeholzt wird, um noch mehr Anbauflächen für die große Landwirtschaft zu schaffen. So werden nicht nur Klima und Umwelt nachhaltig zerstört, sondern auch die Gewaltspirale –mit Europas Unterstützung – immer weiter fortgesetzt. na