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EU-RechnungshofFür Umweltschäden zahlen zu oft die Steuerzahler

Verrostete Abwasserrohre an einem Fluss
EU-Staaten wenden das Verursacherprinzip beim Umweltschutz nicht konsequent genug an. (Foto: Frauke Feind auf Pixabay)

Die Mitgliedsstaaten der EU müssen das Verursacherprinzip im Umweltrecht stärken, fordert der EU-Rechnungshof. Die Rechnungsprüfer bemängeln, dass viel zu häufig die Steuerzahler für Umweltschäden zur Kasse gebeten werden.

09.07.2021 – Bei Umweltschäden gilt eigentlich das Verursacherprinzip: Wer den Schaden verursacht, muss auch die damit verbundenen Kosten tragen. Dies ist in der EU jedoch nicht immer der Fall, wie der Europäische Rechnungshof in einem Sonderbericht festhält. Das Verursacherprinzip werde in der Umweltpolitik der EU zwar generell berücksichtigt, es decke jedoch noch nicht alle Bereiche ab. Außerdem werde es in den einzelnen Bereichen und den einzelnen Mitgliedstaaten uneinheitlich angewandt. Deshalb müssten für Sanierungsmaßnahmen immer wieder die Steuerzahler und nicht die Verursacher der Schäden aufkommen.

Fast drei Millionen Standorte sind in der EU potenziell kontaminiert, vor allem durch industrielles Gewerbe und durch Abfallbehandlung und -entsorgung. Sechs von zehn Oberflächengewässern wie Flüsse und Seen seien in keinem guten chemischen und ökologischen Zustand. Zudem stelle die Luftverschmutzung nicht nur eines der größten Gesundheitsrisiken in der EU dar, sondern schädige auch die Vegetation und ganze Ökosysteme. All dies sei für die Bürger mit erheblichen Kosten verbunden, obwohl die Kosten für die entstandenen Umweltschäden eigentlich die Verursacher tragen müssen – und nicht die Steuerzahler.

Mitgliedsstaaten agieren unterschiedlich

Den Prüfern zufolge wird das Verursacherprinzip uneinheitlich angewandt. So gelte für die umweltschädlichsten Anlagen zwar die Richtlinie über Industrieemissionen, die meisten Mitgliedstaaten würden Unternehmen aber nach wie vor nicht für Umweltschäden haftbar machen, die trotz Einhaltung der zulässigen Emissionsgrenzwerte entstünden. Auch die Kosten der Restverschmutzung in Höhe von Hunderten Milliarden Euro gingen laut der Richtlinie nicht zulasten der Industrie. Ähnlich sei es beim Abfallrecht der EU, wo trotz der erweiterten Herstellerverantwortung oft erhebliche öffentliche Investitionen nötig sind.

Auch bei der Wasserverschmutzung trügen die Verursacher nicht die vollen Kosten. Am meisten zahlen die privaten Haushalte, obwohl sie nur zehn Prozent des Wassers verbrauchen. Bei Verschmutzungen aus sogenannten diffusen Quellen, besonders in der Landwirtschaft, sei das Verursacherprinzip nach wie vor nur schwer anwendbar.

Ein aktuelles Gutachten des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) untermauert die Analyse des EU-Rechnungshofes. Die Gutachter sollten analysieren, ob die Düngeverordnung in Deutschland ausreichend umgesetzt ist. Sie kamen zu dem Schluss, dass durch die nicht EU-konforme Düngung in der Landwirtschaft hierzulande jährlich Umweltschäden in Höhe von etwa drei Milliarden Euro entstehen. Wer für diese Schäden aufkommt, war nicht Untersuchungsgegenstand. Aber da die Verursacher meist nicht eindeutig identifizierbar sind, zahlt auch hier der Steuerzahler – vor allem für die Aufbereitung des nitratbelasteten Grundwassers.

Der Sonderbericht des EU-Rechnungshofes konstatiert weiterhin, dass in sehr vielen Fällen die Verschmutzung eines Gebiets so lange zurückliegt, dass die Umweltsünder nicht mehr identifiziert oder haftbar gemacht werden könnten. Auch wegen solcher Altlasten habe die EU Sanierungsprojekte finanzieren müssen, deren Kosten eigentlich von den Verursachern hätten getragen werden müssen. Schlimmer noch: Steuergelder seien auch unter Verstoß gegen das Verursacherprinzip ausgegeben worden, weil die Behörden in bestimmten EU-Ländern die Umweltvorschriften nicht durchgesetzt und die Verschmutzer nicht zur Kasse gebeten hätten.

Die Prüfer weisen schließlich darauf hin, dass Unternehmen manchmal keine ausreichende finanzielle Vorsorge treffen, beispielsweise durch entsprechende Versicherungen. Bis jetzt verlangten nur sieben Mitgliedstaaten (Tschechien, Irland, Spanien, Italien, Polen, Portugal und die Slowakei) eine finanzielle Vorsorge für Umwelthaftung. Auf EU-Ebene seien solche Garantien keine Pflicht, was in der Praxis bedeute, dass die Allgemeinheit einspringen müsste, wenn ein Unternehmen, das Umweltschäden verursacht habe, zahlungsunfähig werde. pf


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