Natürlicher Klimaschutz: Geöffnete Polder stärken die Auen der Oder

Im Wechselspiel zwischen Überflutung und Trockenperioden werden in den Flussauen der Oder Nährstoffe abgebaut und damit die Wasserqualität des Flusses verbessert. Längere Überflutungsperioden könnten die Vorteile dieser Prozesse noch verstärken.
25.02.2025 – Der Nationalpark Unteres Odertal bietet wichtige Feuchtlebensräume für Tiere und Pflanzen. Dank der Auen und der im Unter- und Mittellauf freien Durchwanderbarkeit des Flusses haben Fische und andere Lebewesen hier während und nach der Umweltkatastrophe an der Oder 2022 wichtige Rückzugsgebiete gefunden, sodass sich die Bestände allmählich erholen können.
Darüber hinaus bilden die Auen einen natürlichen Hochwasserschutz, denn sie können eine sich im Flusslauf verstärkende Hochwasserwelle abmildern. Sie sind aber auch für den Wasser- und Nährstoffrückhalt wichtig. Die Dynamik von Hochwasser und Niedrigwasser spielt eine wichtige Rolle für den Stoffabbau und damit für die Wasserqualität. Belegt wurde diese Aussage in einer aktuellen Studie des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB).
Wasserfluss in die Aue wird im Jahresverlauf durch Überflutungswehre reguliert
Im Nationalpark Unteres Odertal sind die Überflutungsflächen eingedeicht – ein Kompromiss zwischen natürlicher Aue und landwirtschaftlicher Nutzung, wie Jana Chmieleski, Stellvertretende Leiterin des Nationalparks, erklärt. Die Polder sind von Mitte Mai bis Mitte November geschlossen, in den übrigen Monaten dienen sie als Überflutungsflächen. Die Forscherinnen und Forscher quantifizierten über zwei Jahre in zwei Auenpoldern, woher das Wasser stammt, wie alt es ist, wie viel davon verdunstet, und wie es um die Wasserqualität und den Austausch mit dem Grundwasser steht. Außerdem wurde untersucht, welche Rolle die Auen für den Stoffrückhalt und -umsatz spielen.
Mit dem Flusswasser kommen Nährstoffe in die Aue
Wie die Studie zeigt, ermöglichen hohe Wasserstände der Oder im Winter die Überflutung der Auenpolder. Mit dem Wasser gelangen auch viele gelöste Stoffe, die sowohl aus natürlichem organischem Material als auch aus Düngemitteln stammen, in die Auen. Während dieser Zeit ist das Wasser jedoch gut mit Sauerstoff versorgt, was besonders wichtig für Fische und andere Tiere ist, die in den Auen aufwachsen oder überwintern.
Wenn das Wasser schwindet, werden Nährstoffe abgebaut – gut für die Wasserqualität
Mit dem Rückgang des Hochwassers im späten Frühjahr verstärken sich die Abbauprozesse des eingetragenen organischen Materials, der gelösten Stoffe und die Photosynthese der Pflanzen in den Auen. Beim Umsatz der Stoffe wird mehr Sauerstoff verbraucht, als durch die Photosynthese gebildet wird. Unter diesen sauerstoffarmen Bedingungen finden biogeochemische Prozesse statt, die für die Verbesserung der Wasserqualität in den Auen entscheidend sind. Beispielsweise wird der im Nitrat gebundene Stickstoff in eine Form überführt, die relativ reaktionsträge ist und von den meisten Lebewesen nicht genutzt werden kann. In Gewässern und Böden sei er damit nicht mehr im Sinne eines Düngemittels verfügbar und nicht mehr umweltrelevant.
In den Oder-Auen findet nur ein geringer Wasseraustausch mit dem Grundwasser statt
Die Isotopenanalyse zur Herkunft und zum Alter des Wassers zeigte auch, dass die Auenpolder der Oder im Untersuchungsgebiet kaum vom Grundwasser gespeist werden, sondern das Wasser überwiegend aus den Überflutungen stammt, im Sommer spielt noch der Anteil des Niederschlags eine Rolle. Der Austausch mit dem Grundwasser ist aufgrund der geringen Abflüsse und der relativ flachen Ausprägung der Feuchtgebiete mit tonreichen Sedimenten in der oberen Aue begrenzt. Das unterstreicht, wie wichtig das Oberflächenwasser für den Landschaftswasserhaushalt ist.
Da die Auenpolder kaum vom Grundwasser gespeist werden, sind sie auf regelmäßige Überflutungen angewiesen, um als Ökosysteme mit einer vielfältigen Flora und Fauna bestehen zu können. Zudem sind ihre Ökosystemleistungen für die Oder wichtig. Schließlich ist das obere Odereinzugsgebiet stark industrialisiert, ein breites Schadstoffspektrum wird eingeleitet. Flussabwärts leidet das Stettiner Haff als Übergangsbereich zwischen Fluss und Meer unter erheblichen Nährstoffbelastungen. Negativer Höhepunkt war die Umweltkatastrophe in der Oder im Jahr 2022, verursacht durch eine giftige Algenblüte, die unter anderem auf den hohen Salzgehalt der Grubenabwässer und zu hohe Nährstofffrachten zurückzuführen war.
Die Wasserqualität der Oder ist nach wie vor schlecht: Auch in den Sommern 2023 und 2024 erreichte die Leitfähigkeit als Gradmesser für die Salzbelastung mit rund 1.500 Mikrosiemens pro Zentimeter mehrfach ähnliche Werte wie in der Anfangsphase der menschengemachten Umweltkatastrophe.
Geringere Wasserführung in Trockenperioden und erhöhte Verdunstungsverluste verringern die Vernetzung zwischen Aue und Fluss, wodurch alle oben beschriebenen Prozesse beeinträchtigt werden. Eine längere Öffnung der Polder und die damit verbundene Erhöhung der Vernetzung in der Unteren Oder-Aue könnte daher deutliche Vorteile gegenüber der derzeitigen sommerlichen Schließung haben. Die Studienergebnisse untermauern damit ein Vorhaben der Nationalparkverwaltung. Einer der untersuchten Polder soll für fünf Jahre ganzjährig offengehalten werden. Das IGB plant, diese Phase wissenschaftlich zu begleiten. pf