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Grüner Wasserstoff aus Mainz

Kreislauf Energiepark Mainz (Grafik: Stadtwerke Mainz)
Kreislauf Energiepark Mainz (Grafik: Stadtwerke Mainz)

Neue Wege bei der Energiespeicherung gehen die Stadtwerke Mainz. Die weltweit größte Power-to-Gas Anlage zur Herstellung grünen Wasserstoffs wurde gestern in Betrieb genommen. Sie ist an einen Windpark und das Strom- und Gasnetz angeschlossen. Nun soll ein wirtschaftlicher Betrieb erprobt werden.

03.07.2015 – Detlev Höhne liebt eigentlich keine großen Gesten. Doch heute ist dem kaufmännischen Vorstand der Stadtwerke Mainz der Stolz ins Gesicht geschrieben. „Damit schlagen wir ein neues Kapitel bei unserem Engagement für die Energiewende auf“, sagt Höhne. Gemeinsam mit der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Manu Dreyer nahm er nach gut einjähriger Bauzeit den Energiepark Mainz offiziell in Betrieb. Kernstück ist eine Elektrolyse-Anlage zur Wasserstoffgewinnung aus regenerativem Strom mit einer Spitzenleistung von 6 MW, die größte ihrer Art weltweit. Ziel ist es, überschüssigen Ökostrom in größeren Mengen als Wasserstoff zu speichern und später weiter zu verwenden.

Der Stadtwerke-Chef verspricht sich von dem Vorhaben nicht nur, dass erneuerbare Energien künftig flexibler und bedarfsgerechter eingesetzt werden können, sondern auch dass die Stromnetze entlastet und somit der Netzausbaubedarf reduziert werden kann. „Der Energiepark hat eine für Engpässe im Stromnetz und kleinere Windparks relevante Leistungsgröße“, betont Höhne. Die Stadtwerke arbeiten in dem Pilotprojekt mit Siemens, Linde und der Hochschule RheinMain zusammen. Etwa 17 Mio. Euro wurden investiert, die Hälfte davon finanzierte das Bundeswirtschaftsministerium als Forschungs- und Entwicklungsvorhaben.

Die Anlage in Sichtweite des Mainzer Messegeländes ist in mehrfacher Sicht besonders. „Wir haben hier einen idealen Energie-Knotenpunkt“, unterstreicht Höhne. Denn der Energiepark ist direkt an das Mittelspannungsnetz der Stadtwerke Mainz Netze GmbH sowie an vier benachbarte Windräder mit 8 MW Leistung angebunden, die zur Stadtwerke-Unternehmensgruppe gehören. Zudem läuft eine Gasleitung über das Gelände, in welches der Wasserstoff eingespeist werden kann. Der Elektrolyseur nutzt die sogenannten PEM-Druckelektrolyse (Proton Exchange Membrane), die laut Siemens Vorstand Siegfried Russwurm innerhalb von Milli-Sekunden auf die schwankende Stromeinspeisung reagieren kann.

Er besteht aus drei Systemen mit einer Spitzenleistung von je 2 MW. Die PEM-Technik sei schon seit mehreren Jahren im kleineren Maßstab bei Brennstoffzellen im Einsatz, doch in dieser Größenordnung sei deren Anwendung eine Weltneuheit. „Zukünftige Energiesysteme werden weit komplexer, vernetzter und flexibler sein als heute. Der PEM-Elektrolyseur ist für dieses Energie-Puzzle ein wichtiger Baustein“, sagt Russwurm. Ein zweistufiger ionischer Verdichter, der mit flüssigem Salz arbeitet, ist laut Wolfgang Büchele, Vorstandsvorsitzender der Linde-Group, besonders energiesparend und flexibel im Betrieb. Er komprimiert den produzierten Wasserstoff zur Befüllung der Speicher, der Gasleitung und der Tankwagen.

Neben der Herausforderung, die Anlage entsprechend der fluktuierenden Einspeisung von Windstrom flexibel zu fahren, ist der Knackpunkt vor allem deren Wirtschaftlichkeit. Diese soll nun im Rahmen des vierjährigen Pilotprojekts untersucht und erprobt werden. „Wir sind zuversichtlich und sehen viele Anwendungsmöglichkeiten“, sagt Höhne. Sei es bei der Vermarktung des gespeicherten Windstroms als Regelenergie oder der Verwendung des Wasserstoffs für Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb, Blockheizkraftwerke oder für Industriekunden.

„Im Energiepark Mainz kann genügend grüner Wasserstoff produziert werden, um 2.000 Brennstoffzellen-Pkw zu versorgen“, rechnet Linde Vorstandschef Büchele vor. Knackpunkt sind hier allerdings derzeit neben den hohen Kosten Engpässe bei der Infrastruktur. Derzeit gibt es nämlich im gesamten Rhein-Main-Gebiet nur eine einzige Wasserstoff-Tankstelle. Ein entscheidender Faktor für die Wirtschaftlichkeit der Anlage ist auch die Belastung des Speicherbetriebs mit Netzentgelten und EEG-Umlage. Weil Speicher derzeit rechtlich als „Letztverbraucher“ eingestuft werden, sind diese normalerweise zumindest anteilig fällig. Die Bundesnetzagentur habe jedoch bereits eine Befreiung für das Pilotvorhaben signalisiert, hieß es nun am Rande der Eröffnungsfeier in Mainz. Hans-Christoph Neidlein


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Kommentare

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nickelich 05.07.2015, 19:33:58

+426 Gut Antworten

Die Mainzer Windkraftanlagen arbeiten nicht rentabel, da kommt es auch nicht mehr darauf an, daß man jetzt das Defizit vergrößert. Für das Erreichen grüner Schnapsideen muß der Bürger mit erhöhten Grundsteuern bluten.

Energiewender 08.07.2015, 14:37:24

+439 Gut Antworten

Die deutschen Kohlekraftwerke arbeiten ohne Gabriels Geschenke nicht rentabel, die Atomkraftwerke werden ob kurz oder lang RWE in den Ruin treiben. Für das Erreichen der größenwahnsinnigen Schnapsideen muss der Bürger mit erhöhten Steueren und gedrosselten Sozialleistungen zahlen. Kohlekraft ist Mittelalter: Menschen aus Ihrer Heimat vertreiben, diese dem Erdboden gleichmachen um aus der Erde eine braune Masse zu holen, mit dieser dann Dampfmaschinen mit einem elend schlechten Wirkungsgrad zu verstromen. Atomkraft ist ein schönes Märchen, das nicht zu Ende gedacht ist. Die verstecken Subventionen sind gigantisch, der Müll wird noch sehr lange sehr viel Geld kosten.


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