Welche Rolle spielt die Abhängigkeit Europas von fossilen Brennstoffen für neue fossile und LNG-Projekte in Afrika, im Besonderen EACOP?
Deutschland hat sich bereits in Glasgow 2021 gegen die direkte, öffentliche Finanzierung in fossile Projekte ausgesprochen. Hier darf es auch nach dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine keine Ausnahme und Doppelstandards geben. Per Koalitionsvertrag haben wir uns für einen Kohleausstieg bis 2030 und auf deutlich mehr Tempo in Bezug auf die Energiewende verständigt. Hier gilt es glaubwürdig zu bleiben und national sowie international auf erneuerbare Energien zu setzen. Neue fossile Infrastrukturen wie zum Beispiel Gas-Pläne im Senegal sind nicht nachhaltig und dürfen nicht unterstützt werden. Deutschland beteiligt sich an der Just Energy Transition Partnership (JETP) mit dem Senegal. In diese Richtung müssen wir gehen. Umso wichtiger ist es auch, dass die neuen Öl- und Gas-Leitlinien der KfW 1,5 Grad-kompatibel ausgestaltet werden und keine Schlupflöcher für neue fossile Förderungen aus Deutschland ermöglicht. Im September 2022 gab es eine Resolution des EU-Parlaments in Brüssel, dass die Regierungen Ugandas und Tansanias dazu auffordert, Menschenrechte einzuhalten sowie eine den Pipeline-Verlauf zu überprüfen. Diese soll bisher durch zahlreiche Nationalparks führen und somit Ökosysteme bedrohen.
Was versprechen sich Uganda und Tansania von EACOP? Wie behindert EACOP die Energiewende bzw. den Aufbau einer sauberen Energieinfrastruktur vor Ort?
Mehr als 60 Prozent der ugandischen Bevölkerung lebt in Energiearmut. Die Regierungen Ugandas und Tansania werben mit Energiesicherheit für die lokale Bevölkerung sowie einem Wirtschaftswachstum für das Land. In Uganda soll eine lokale Öl-Raffinerie gebaut werden, die die Menschen vor Ort beliefern soll. Die Realität sieht leider anders aus: bisher gibt es keine Finanzierung für die Raffinerie, also auch keine Sicherheit, dass die Menschen versorgt werden können. Auch fehlt bisher eine lokale Institution für das Katastrophenmanagement, sollte es zum Beispiel zu einem Leck an der Pipeline kommen. Im schlimmsten Fall würden ganze Ökosysteme zerstört werden sowie die Einkommens-fördernden Tätigkeiten in Landwirtschaft und Fischerei für die Menschen wegbrechen. Schon jetzt sind die Lebensexistenzen derer bedroht, die zwangsumgesiedelt wurden und denen Möglichkeiten der landwirtschaftlichen Produktion genommen wurde.
Es muss verhindert werden, dass eine kleine Elite sowie riesige fossile Konzerne sich an diesem Projekt bereichern und die lokale Bevölkerung weiter in Energiearmut lebt. Umso wichtiger ist es nun, die Gespräche mit der ugandischen und tansanianischen Regierung zu suchen, um alternative Anreize für einen verbesserten Zugang zu sauberer Energie sowie Wirtschaftswachstum zu generieren. Dafür braucht es weitere Unterstützung von Deutschland und anderen Industrieländern, die Uganda und Tansania beim Ausbau der erneuerbaren Energien unterstützen.
Das Mega-Projekt widerspricht dem Pariser Klimaabkommen von 2015, das eine Erderhitzung von maximal 1,5 Grad Celsius vorsieht. Nach Kohle entstehen bei der Gewinnung von Öl die meisten Treibhausgase. Der zusätzliche Energieaufwand, um Erdöl aus den nicht konventionellen Ölvorkommen zu gewinnen, ist massiv.
Eine Reihe großer Banken und Unternehmen haben Investitionen in EACOP eine Absage erteilt. Warum wird das Projekt trotzdem weiter vorangetrieben und wer könnte es jetzt noch stoppen?
Auch die Deutsche Bank hat sich gegen die Finanzierung der EACOP ausgesprochen und TotalEnergies somit eine Absage erteilt. Problematisch ist es aber, dass auch die Deutsche Bank im letzten Jahr einen weiteren 8 Milliarden Kredit zusammen mit elf weiteren Banken an den Öl-Giganten TotalEnergies gebilligt hat - und das, obwohl TotalEnergies nicht nur in die EACOP investiert, sondern auch weitere gefährliche Großprojekte wie in Gas in Mosambik investiert.
Wir müssen dringend auf alle internationalen potenziellen und bereits zugesagten Investoren Druck machen, damit diese ihre finanziellen Zusagen an TotalEnergies zurückziehen. Bisher ist die Finanzierung noch nicht 100 Prozent gegeben und auch die Versicherungsunternehmen sind zögerlich. Die Hannover Rück hat bereits eine Absage erteilt. Wichtig ist jetzt, dass wir öffentlich über die Menschenrechtsverletzungen, die Schädigungen der Ökosysteme und besonders auch über die Anheizung der Klimakrise sprechen.
Was tun lokale Aktivisten vor Ort, um gegen die Pipeline zu protestieren? Gab es bereits Fortschritte oder Zugeständnisse von TotalEnergies?
In Uganda existiert schon lange eine Umweltbewegung, die besonders auch von Frauen geführt wird. Mit Fridays For Future Uganda organisieren sich junge Menschen zudem seit mehreren Jahren landesweit für Klimaproteste. Allerdings drohen ihnen schon für das Hochhalten von Schildern Repressionen wie Verhaftungen. Menschen, die sich gegen die EACOP einsetzen, müssen damit rechnen, von der Regierung als Staatsfeinde bezeichnet zu werden. Die Aktivist:innen sowie die #StopEacop Kampagne sind international eng vernetzt und organisieren gemeinsame Aktionstage. In Europa konnten sie so Investoren abschrecken. Das war ein großer Erfolg. TotalEnergies drängt aber weiterhin darauf, die Pipeline zu bauen und sucht fleißig Investoren. Vor Ort werden Menschen zur Umsiedlung gezwungen, damit der Bau beginnen kann. Ich konnte mit einer Familie sprechen, die sich weigert fortzuziehen, solange sie nicht entschädigt wird. Dies ist für sie existenziell wichtig, da sie in direkter Abhängigkeit leben zu ihren eigenen landwirtschaftlichen Erzeugnissen.
Auf Ihrer Webseite schreiben Sie, dass Deutschland auf der Klimakonferenz (COP26) in Glasgow 2021 einer Staaten-Allianz beigetreten ist, die bis Ende 2022 die öffentliche Finanzierung fossiler Projekte im Ausland beenden möchte; dies jedoch auf der G7 Konferenz aufgeweicht wurde. Könnten Sie näher erläutern, inwieweit, und ob dies EACOP betrifft?
Daran müssen wir uns auch halten, da darf es auch keine Ausnahme aufgrund des Angriffskrieges geben. Der Bundestag hat sich klar vom Bau der EACOP distanziert, das können Sie auch in unserem Antrag zur COP27 nachlesen. Wir begrüßen es, dass Banken nicht in das Projekt EACOP investieren.