Universität Hohenheim: Langzeitdaten alter Agroforst-Versuchsflächen

Agroforst-Akteure freuen sich über einen Datenfund: Jahrelang blieb eine Versuchsfläche der Uni Hohenheim unbeachtet. Doch ein Team vor Ort hielt die Fläche am Leben und sammelte Daten. Sie weisen nach, dass Gehölzreihen Ackererträge stabilisieren.
16.06.2025 – Mit der Agroforstwirtschaft erlebt eine Anbaumethode ihr Comeback: Die Kombination aus Bäumen und Sträuchern mit Ackerbau und Weidewirtschaft auf einer Fläche fördert nicht nur die Biodiversität. Sie macht auch landwirtschaftliche Systeme robuster gegen Klimarisiken.
In Deutschland hat es Agroforst noch schwer – die Einbindung ins Agrar-Fördersystem hat Schwächen. Ein Lichtblick war die kürzliche Anhebung der Prämie für agroforstliche Bewirtschaftung. Nun eröffnet ein Datenschatz von der Universität Hohenheim zusätzliches Wissen und gute Argumente für diese Landwirtschaftsform. Während in warmen Klimazonen die Vorteile der Agroforstwirtschaft gut erforscht sind, fehlt es in den gemäßigten Breiten noch an Langzeitstudien. Bisher gibt es keine verlässlichen Datenreihen, die zeigen, wie sich die Methode langfristig auf die Erträge in extrem trockenen oder besonders feuchten Jahren auswirkt.
Ein wahrer Schatz: Langzeit-Daten aus einer der ältesten Agroforst-Versuchsflächen
In der Langzeitstudie der Universität Hohenheim wird für gemäßigte Klimazonen der Nachweis erbracht, dass Gehölzreihen Ackerträge stabilisieren, selbst bei schwankender Verfügbarkeit von Wasser. Entscheidend ist das richtige Zusammenspiel von Baumart, Abstand der Baumreihen, Bodenbeschaffenheit und klimatischen Bedingungen. Ein glücklicher Zufall kam den Forschenden zu Hilfe: Jahrelang schlummerte auf der Versuchsstation Ihinger Hof in Renningen nahezu unbeachtet eine der ältesten Agroforst-Versuchsflächen in Deutschland.
„Die Anlage geht auf die Pionierarbeit des früheren Fachgebiets Allgemeiner Pflanzenbau unter Professor Wilhelm Claupein aus dem Jahr 2007 zurück“, erzählt Olef Koch von der Koordinationsstelle Agroforstsystem-Forschung. „Damals war Agroforst ein Nischenthema, und die Versuchsanlage geriet mit der Zeit fast in Vergessenheit.“
Doch zum Glück hielt das Team vor Ort die Fläche über die Jahre am Leben und sammelte 17 Jahre lang Daten. Wiederentdeckt wurde die Versuchsfläche schließlich durch die Aktivitäten der Koordinationsstelle Agroforstsystem-Forschung: „Heute ist das Interesse an Agroforst enorm", sagt Olef Koch, der die Daten ausgewertet hat. „Doch Bäume wachsen bekanntermaßen langsam. Was wir am Ihinger Hof vorgefunden haben, ist deshalb von unschätzbarem Wert.“
Unterschiedliche Ertragsmuster abhängig vom Gehölztyp
Die Forschenden konnten die Erträge von fünf Winterkulturen − Wintererbsen, Triticale, Wintergerste, Winterweizen sowie Raps − in sieben Vegetationsperioden zwischen 2012 bis 2023 analysieren. Die Kulturen wurden zwischen drei verschiedenen Gehölzstreifen angebaut: Hecken mit einheimischen Bäumen und Sträuchern, Reihen mit Walnussbäumen zur Produktion von Nüssen und sogenannte Weiden-Kurzumtriebsplantagen. Hier dienen die schnell wachsenden Bäume dazu, innerhalb kurzer Zeit Holz-Hackschnitzel als nachwachsenden Rohstoff für die Energiegewinnung zu produzieren.
Insgesamt fielen die Erträge im Bereich von 12 bis 18 Metern Entfernung von den Baumreihen am höchsten aus, während sie in der Mitte der Allee (18–24 Meter) signifikant zurückgingen. Dabei hingen die Einflüsse stark vom Typ der Gehölzreihe ab.
Weiden – Einbußen in unmittelbarer Nähe
Insbesondere bei den Weidenpflanzungen waren demnach die Einbußen in unmittelbarer Nähe zur Baumreihe besonders ausgeprägt. „Der Grund könnte eine intensive Konkurrenz um Licht, Wasser und vor allem Nährstoffe sein“, vermutet Koch. Denn mit jeder Ernte der Weidenruten werden auch Nährstoffe vom Feld entfernt. Erst in größerer Entfernung überwiegen dann die Vorteile wie ein ausgeglichenes Mikroklima.
Hecken – mikroklimatische Schutzwirkung
Bei Hecken hingegen zeigte sich ein gegenteiliger Effekt: Die niedrigsten Erträge waren nicht direkt an den Gehölzen zu finden, sondern in der Alleemitte. „Hier scheint die mikroklimatische Schutzwirkung der Hecken eine Rolle zu spielen, die den angrenzenden Pflanzenstandort begünstigt.
Walnussbäume – gleichmäßige Entwicklung
Bei den Walnussbaumreihen fanden die Forschenden keine signifikanten Unterschiede in den Erträgen innerhalb der Parzellen. Der späte Blattaustrieb und die hohen Baumkronen führen zu weniger Lichtkonkurrenz, wodurch sich die Nutzpflanzenkulturen auf der ganzen Fläche gleichmäßig entwickeln konnten, vermuten die Forschenden.
Gehölzreihen als natürliche Schutzschilde bei Trockenheit
Besonders bemerkenswert: Die Baumreihen stabilisieren die Erträge selbst bei Trockenheit – unabhängig vom Gehölztyp. Auf der windzugewandten Seite zeigte sich zwar ein Rückgang der Erträge bei Wassermangel, doch in der Nähe der Baumreihen und auf der windabgewandten Seite blieben die Erträge stabil.
Der Grund dafür: Die Gehölzreihen fungieren wie natürliche Schutzschilde. Sie schaffen ein mikroklimatisches Gefälle, das auf der windabgewandten Seite die Verdunstung reduziert, die Bodenfeuchtigkeit erhält und die Lufttemperaturen senkt. Dadurch verringert sich die Transpiration der Pflanzen – ein wesentlicher Vorteil an heißen Sommertagen. pf
Kommentare
Markus Kühn am 17.06.2025
Die europäische Politik will doch gar keine Lebensmittelerzeugung. Alles soll extensiv werden. Bei uns sind dermaßen viele extensive Grünlandflächen so ausgehungert, daß sich Humus abbaut, der Regen somit nicht mehr gespeichert werden kann und auf diesen hageren trockenen Böden Giftpflanzen wie Jakobskreuzkraut und Bitterlupine wachsen. Wo keine Pflanzen und Blüten sind, sind auch keine Insekten und Vögel. Lebensmittel werden auch keine mehr erzeugt. Das ist das Ergebnis einer ideologiebasierten Politik.