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„Netzbetreiber müssen Anforderungen für Speicher definieren“

Johannes Weniger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter von Professor Volker Quaschning an der HTW Berlin. (Foto: © HTW Berlin)
Johannes Weniger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter von Professor Volker Quaschning an der HTW Berlin. (Foto: © HTW Berlin)

Dem Markt für Heimspeicher fehlt es an Transparenz. Wissenschaftler der HTW Berlin haben deshalb den SPI-Index entwickelt. Der Index soll Produkte vergleichbar machen, erklärt Johannes Weniger. Zudem sollten Netzbetreiber künftig Anforderungen festlegen, damit Batteriespeicher netzdienlich arbeiten.

28.08.2017 – Herr Weniger, wie hat sich der Markt für Heimspeicher in den vergangenen drei Jahren entwickelt?

Vor drei Jahren war der Anteil von Photovoltaikanlagen, der mit Batteriespeicher gebaut wurde, noch relativ gering. Mittlerweile wird mehr als die Hälfte aller neu installierten Solarstromanlagen mit Speicher installiert. Tendenz steigend. Die Verknüpfung von Photovoltaikanlagen mit Batteriespeichern hat sich zum Standard entwickelt. Das liegt natürlich auch an der rasanten Kostenentwicklung der Akkus. Fertig installierte Speichersysteme bekommt man heute schon für unter 1.000 Euro pro Kilowattstunde. Vor einigen Jahren hat das noch drei oder dreieinhalb tausend Euro gekostet. Bei privaten Wohngebäuden sind Speicher nun der Treiber, um Photovoltaik zu installieren. Hier steht oft der Autarkiewunsch im Vordergrund.

Wo liegen noch Hemmnisse und wie können diese beseitigt werden?

Die künstliche Beschränkung des Photovoltaikausbaus begrenzt auch den Speichermarkt. Um die Pariser Klimaschutzziele und eine entsprechende Dekarbonisierung des gesamten Energiesektors zu erreichen, brauchen wir eine installierte Solarstromleistung von mindestens 200 Gigawatt. Das bedeutet einen jährlichen Zubau von mindestens zehn Gigawatt. Als Ausbauziel der Bundesregierung sind derzeit lediglich 2,5 Gigawatt festgehalten – und die wurden in den letzten drei Jahren nicht einmal erreicht. Wichtig ist auch, dass der Aufwand für den Netzanschluss der Photovoltaikanlagen sowie die Bürokratie gerade für Privatpersonen künftig vereinfacht werden.

Wie hat sich die Qualität der Produkte entwickelt?

Die Hersteller sind professioneller geworden, die Sicherheit sowie die Effizienz und Langlebigkeit der Produkte sind besser. Das ist sicherlich auch auf das Marktanreizprogramm 275 der KfW zurückzuführen. Für Speicherinteressierte ist es jedoch aktuell noch schwierig, Unterschiede in der Effizienz und Langlebigkeit zwischen den Produkten festzustellen. Die Einführung eines Labels könnte die Lage künftig verbessern.

Brauchen Speicher weiterhin die staatliche KfW-Förderung?

Die Förderung war als Markteinführungsprogramm gedacht. Und in der Tat war die staatliche Unterstützung auch die beste Werbung. Denn sie hat unterstrichen, dass die Technologie von der Bundesregierung gewollt ist. Die Einspeisebegrenzung der Photovoltaikanlage, die von der KfW-Speicherförderung verlangt wird, war wichtig, damit sich die Branche mit der Kappung der PV-Erzeugungsspitzen frühzeitig auseinandersetzt. Es muss aber auch vorausschauend gedacht werden, was mit den Systemen künftig passiert, die nicht an eine Einspeisebegrenzung gebunden sind. Derzeit ist das jede zweite Anlage. Eine Lenkungswirkung wäre aus Sicht der Politik wünschenswert und richtig. Die Umwandlung der Förderung in einen Investitionskostenzuschuss könnte eine Lösung sein. Bei anderen Gebäudetechnologien wie Wärmepumpen wird das bereits so gemacht.

Was muss bei den Bedingungen für die Installation der Heimspeicher plus Photovoltaik-Anlage beachtet werden?

Eine Einspeisebegrenzung von 50 Prozent der Leistung der Solarstromanlage ist sinnvoll. Das KfW-Programm hat in der Vergangenheit jedoch nicht vorgeben, wie das in der Praxis realisiert wird. Wenn der Speicher früh volllädt, kann er die Einspeisespitzen nicht reduzieren. Für den Speicherbetreiber ist die Abregelung der PV-Erzeugung zur Mittagszeit mit Einnahmeverlusten verbunden. Ein intelligentes Lademanagement, das die Speicherladung in die Mittagsstunden verlegt, kann jedoch Abhilfe verschaffen. Zudem ist denkbar, dass die Netzbetreiber zukünftig Anforderungen an die Betriebsweise der Systeme definieren. Wenn wir einmal drei Millionen Batteriespeichersysteme in Deutschland haben, können aus Sicht der Netzbetreiber einheitliche Betriebsweisen vorteilhaft sein.

Was besagt der von Ihnen mitentwickelte System-Performance-Index (SPI) für Speichersysteme?

Der SPI setzt die erzielte Kosteneinsparung eines PV-Batteriesystems ins Verhältnis zu einem errechneten Einsparungspotenzial eines theoretisch verlustfreien Systems. Mit anderen Worten beschreibt der SPI, wie sehr die Energieverluste die finanziellen Erlöse verringern. Denn wir haben feststellt, dass es derzeit keine Kennzahl gibt, die alle Verluste berücksichtigt. Mit dem SPI wollen wir Produkte wirklich vergleichbar machen. Der Index soll zudem zeigen, wie groß die Wirkung der einzelnen Stellschrauben ist: Zuerst müssen die Umwandlungsverluste minimiert werden.

Können Sie das konkreter beschreiben?

Der Autarkiegrad beispielsweise sagt nichts darüber aus, wie viel Strom zwischen dem Speicher und dem Netz fließt. Ein Systemwirkungsgrad des Speichers berücksichtigt nicht, woher der Strom kommt, also ob er aus der eigenen Solarstromanlage stammt oder doch aus dem Stromnetz. Aber für den Betreiber ist es ein ökonomischer Unterschied, ob er den Strom beim Versorger für rund 28 Cent pro Kilowattstunde oder aus der eigenen Anlage bezieht.

Was haben sie also gemacht?

Wir wollten verschiedene Systeme vergleichbar machen. Deshalb haben wir den Netzanschlusspunkt als Referenzpunkt ausgewählt. Im Fokus liegt so der Einfluss der Systeme auf die Netzeinspeisung und den Netzbezug. Wir definieren zum Vergleich einen Referenzfall mit einer bestimmten Größe der Photovoltaikanlage und einem Lastprofil. Ein verlustfreies System unter optimalen Bedingungen mit einem Wirkungsgrad von 100 Prozent dient als Vergleichsmaßstab. Voraussetzung für einen Vergleich mit einem realen Speicher ist, dass die Nutzkapazität des verlustfreien Systems identisch ist. So werden die Betriebsergebnisse des Speichers vergleichbar. Wenn der optimale Speicher nun 1.000 Euro pro Jahr einsparen kann und der Strompuffer im Feld auf 900 Euro pro Jahr kommt, dann ergibt sich ein SPI von 90 Prozent. Die Simulation eines Systems ist in anderen Bereichen, wie auch bei rein netzeinspeisenden PV-Anlagen, längst Standard.

Wie kann bei einem Speichertest im Labor verhindert werden, dass sich wie bei Abgas- und Verbrauchstest der Autobauer unrealistische oder manipulierte Werte ergeben?

Die veröffentlichten Ergebnisse der Hersteller können zunächst mit den Messergebnissen von unabhängigen Institutionen verglichen werden. Allerdings ist kein Labortest 100-prozentig sicher gegen Manipulationen. Dennoch gibt es nicht viele Stellschrauben, um Effizienzwerte zu verfälschen, ohne die komplette Hardware zu tauschen. Dieselben Manipulationsanreize wie beim Dieselmotor sehe ich deshalb nicht.

Das Gespräch führte Niels H. Petersen.

Johannes Weniger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter von Professor Volker Quaschning an der HTW Berlin. Er arbeitet in der Forschungsgruppe Solarspeichersysteme und hat zusammen mit Kollegen im Rahmen des Forschungsprojekts Laura eine neue Effizienzkennzahl für Heimspeicher, den System Performance Index (SPI), entwickelt. Die neue Kennzahl könnte Standard in der Produktauswahl und Anlagenplanung werden.


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Kommentare

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Eitel Heck 04.09.2017, 14:10:25

+293 Gut Antworten

Der Artikel ist aus meiner Sicht unkonkret.

Photpholtaik sollte unterteilt werden in:

1.Photopholtaki-Dachanlagen zur Stromeigenversorgung

Für diese Dachanlagen gibt es bereits leistungsfähige Batterien zur Speicherung des überschüssigen Stroms.

Deutsche Photovoltaikanlagen haben ein gutes Entwicklungsniveau.

2.Photovoltaik-Parks

Der Artikel sagt nicht aus, wie die gewünschten 10 Gigawatt pro Jahr Solarstromleistung realisierbar sind .

Unter Beachtung der diffusen Sonneneinstrahlung in Deutschland von 120W pro m² ist die Stromvolllast von Photovoltaikanlagen ca.1.000 Stunden/a.

Zum Vergleich:

-große Windkraftanlagen 3.500 Stunden/a.

-Windfluganlagen( in großtechnischer Erprobung) 6.000Stunden/a.

Anfang 2017 gab es in Deutschland ca. 400 Photovoltaikparks.

Der leistungsmäßig mit 54MWp größte Photovoltaikpark befindet sich in Straßkirchen.

Die großflächige Speicherung für überschüssigen Strom als Voraussetzung für die künftige geplante Solarstomproduktion von 200 GW ist noch nicht gelöst.

Zur Kompensation wetterbedingter Leistungsschwankungen von Photovoltaikparks werden gegenwärtig Schwungmassenspeicher mit einem supraleitenden Lager

(- 200° C) mit einem Energieinhalt von 3kWh bis 6kWh entwickelt. Bei dieser Speichertechnologie wird der zu speichernde Strom durch ein Schwungrad mit hoher Drehzahl in mechanische Energie umgewandelt.

Durch Kopplung des Schwungrades mit einem Elektro-Generator kann die mechanische Energie wieder in elektrische Energie umgewandelt werden.Diese Speichertechnologie soll im Kurzzeitbereich attraktiv sein.

Rudolf Tarantik 07.09.2017, 08:45:01

+279 Gut Antworten

Die grössten Solarparks in Deutschland stehen in Senftenberg und Neuhardenberg mit 166 bzw,.145 MWp.

In Dubai wird ein 800 MWp Solarpark errichtet für 2,6 Ct/KWh.

Die Angabe der Vollaststunden ist absolut unbrauchbar, was wirklich zählt ist die jährlich produzierte Menge in KWh oder MWh, und die Kosten in Ct/KWh.

Und natürlich weiss jedes Kleinkind, dass Solarkraftwerke einen flexiblen Ausgleich brauchen, wenn die Sonne nicht scheint.


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