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Landwirtschaft und UmweltschutzWarum die milliardenschwere Agrarindustrie eine Sackgasse ist

Hände, die einen Bund Karotten mit Erde behaftet halten
Bio-Gemüse aus gutem Boden schmeckt besser. (Foto: Markus Spiske on Unsplash / Unsplash License)

Nahrung aus lebendigen Landschaften statt toten Böden – während Europas industrielle Landwirtschaft jährlich mit zig Milliarden Euro Steuergeldern subventioniert wird, zeigen Projekte, dass es längst bessere Alternativen gibt.

30.06.2025 – Der Nahrungswald am Hof Hoffrogge in Spelle (Deutschland) und der Food Forest Ketelbroek (Niederlande) sind zwei dieser Projekte, die eindrucksvoll vor Augen führen, dass eine nachhaltige und umweltfreundliche Landwirtschaft ein Gewinn auf ökologischer, ökonomischer und gesellschaftlicher Ebene ist.

Eine bunt gemischte Gruppe von Wissenschaftlern, Landwirten, Forstwirten und Naturschützern aus Deutschland und den Niederlanden besuchten im April 2025 die beiden Pionierprojekte, die zukunftsfähige Landwirtschaft bereits heute leben. Sie erlebten Systeme, die ohne Pestizide, ohne chemische Düngemittel und ohne fossile Energieeinsätze auskommen können– und dabei langfristig produktiver, stabiler und resilienter sind als herkömmliche Agrarbetriebe. Die richtige Bewirtschaftung der knappen Ressource nützt allen – Mensch, Tier, Natur und Umwelt. Ausgelaugte Böden liefern weniger Ernten, sind anfälliger für Extremwetter und können von CO2-Speichern zu CO2-Emittenten werden.

Industrielle Landwirtschaft – eine staatlich geförderte Umweltkatastrophe

Bodendegeneration, Artensterben und Klimawandel wirken sich immer stärker auf die Fähigkeit von Ökosystemen aus, Lebensmittel zu produzieren. Dazu kommt noch, dass die EU-Agrarförderung mit rund 60 Milliarden Euro jährlich den Landwirten weiterhin hauptsächlich Spielraum in oberflächlicher Massenproduktion gibt, berichtet Runder Tisch – Erneuerbare Energien. Diese Parameter kurzfristiger Prozessführung förderten den jährlichen Verlust von 24 Milliarden Tonnen fruchtbaren Boden weltweit und führten auch in Europa zu Verwüstungen.

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Der Food Forest Ketelbroek in den Niederlanden zeigt, wie eine agrarische Fläche zur biodiversen Kulturlandschaft wird. Seit 2009 wächst dort auf ehemals intensiv genutztem Ackerboden ein vielfältiges System aus essbaren, mehrjährigen Pflanzen. Es produziert nicht nur Lebensmittel, sondern speichert CO₂, fördert Artenvielfalt, verbessert die Wasserspeicherung und benötigt keinerlei externe Betriebsmittel, berichten die Akteure. Forschungen der Van Hall Larenstein Hochschule belegten: Die Biodiversität dort ist höher als im benachbarten Natura-2000-Gebiet

Am Hof Hoffrogge in Spelle in Niedersachsen wird mit einem Nahrungswald ein ähnlicher Weg eingeschlagen. Der Aufbau lebendiger Böden, die Förderung natürlicher Kreisläufe und das Arbeiten im Einklang mit der Natur stehen im Zentrum. Solche Systeme erfüllen nicht nur ökologische Anforderungen – sie eröffnen auch ökonomisch tragfähige Perspektiven für regionale Landwirtschaftsbetriebe, sind sich die Akteure sicher.

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Aus dem 100 Milliarden schweren Klimatransformationsfonds sollen 100 Millionen Euro in den naturnahen klimaresilienten Waldumbau fließen. Das scheint viel Geld zu sein, doch es fehlt an klaren Leitlinien, wofür es eingesetzt werden soll.

Peter Naumann, Förster und Vorstand Wald- und Umweltpolitik des Bergwaldprojekt e.V.

Zeit für einen Paradigmenwechsel

„Es ist nicht nur ein ökologischer, sondern ein kultureller Wandel, den wir brauchen“, sagt Organisator Emil Underberg. „Wir müssen die Beziehung zwischen Mensch und Natur neu denken – als Kooperation statt Ausbeutung.“ Die Exkursion hat den Teilnehmern gezeigt: Landwirtschaft kann Teil der Lösung sein – wenn sie sich an natürlichen Prinzipien orientiert und Vielfalt statt Monokultur fördert. Doch dafür braucht es nicht nur den Mut einzelner, sondern auch ein radikales Umdenken in Politik und Förderpraxis.

Forderung an die Politik

Subventionen müssten an ökologische Wirksamkeit und Gemeinwohlorientierung gekoppelt werden, fordern deshalb die Akteure. Statt industrieller Landwirtschaft sollte die öffentliche Hand regenerative, multifunktionale, langfristig stabile und postfossile Systeme fördern – und zwar jetzt. na

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