Globales PlastikabkommenWeniger Plastikmüll produzieren

Mülldeponie
Die letzte Verhandlungsrunde für ein internationales Plastikabkommen läuft schleppend (Bild: Getty Images / Unsplash+ Lizenz).

Die letzte Verhandlungsrunde für ein UN-Plastikabkommen tagt in Südkorea. Wie auch bei der Klimakonferenz sind zahlreiche Lobbyisten vor Ort. Während ein Abkommen Plastikmüll reduzieren soll, wollen sie die Produktion ausbauen.

29.11.2024 – Seit Anfang der Woche treffen sich die UN-Staaten in Südkorea zur finalen Verhandlungsrunde für ein globales Plastikabkommen. Der Plastikgipfel soll Vorgaben beschließen, um die globale Plastikflut einzuschränken. Fast 200 UN-Staaten hatten sich im März 2022 geeinigt, bis Ende 2024 einen gemeinsamen Beschluss zur Eindämmung von Plastik zu fassen. Insgesamt wurde das Abkommen über fast zehn Jahre vorbereitet.

Plastikflut eindämmen

Die Plastikproduktion ist in den vergangenen Jahrzehnten explodiert. Weltweit werden derzeit jährlich etwa 460 Millionen Tonnen Plastik produziert, recycelt werden davon nur etwa zehn Prozent. Die Produktion – und damit auch der Müll – werde sich bis 2060 fast verdreifachen, prognostiziert die OECD.

Der Müll verschmutzt Seen, Meere, Land und Luft. Auch im menschlichen Körper wird immer mehr Mikroplastik nachgewiesen, was ein erhebliches Gesundheitsrisiko für den Menschen darstellt. Zu direkten Gesundheitsschäden und Umweltverschmutzung kommen die Treibhausgasemissionen und folglich Klimaschäden, die die Plastikproduktion verursacht.

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Europas Plastikproblem ist größer, als es aussieht. Zwar gibt es seit Jahren Recyclingprogramme. Tatsächlich wird aber deutlich mehr Plastikmüll verbrannt oder auf Halden gelagert als recycelt. Kreislaufwirtschaft sieht anders aus.

Die bisherigen fünf Verhandlungsrunden gingen nur langsam voran und auch das Endresultat der Konferenz bleibt fraglich. Das Abschlussdokument enthält derzeit noch so viele Änderungswünsche, dass es nahezu unmöglich scheint, alle Diskussionspunkte bis zum Ende der Konferenz auszuräumen.

Eine Bühne für die Fossilindustrie

Die großen Differenzen könnten auch mit dem Schwarm an Plastiklobbyisten zusammenhängen, die an der letzten Verhandlungsrunde in Busan anwesend sind. Mehr als 220 Fossil- und Chemielobbyisten nehmen an den aktuellen Verhandlungen teil, zeigt eine Analyse des Center for International Environmental Law (CIEL). Als einzelne Gruppe gesehen stellen sie somit mehr Repräsentanten bei den Verhandlungen als alle anderen Vertreter – mehr als alle EU-Staaten zusammen (191), mehr als ganz Lateinamerika und die Karibik (165), mehr als die kleinen Inselstaaten im Pazifik (89), mehr als das Ausrichtungsland Südkorea (140). Es sind dreimal mehr Fossil- und Chemielobbyisten bei den Verhandlungen als Wissenschaftler für ein effektives Plastikabkommen und neunmal mehr als Vertreter des Internationalen Forums der indigenen Völker für Kunststoffe.

„Deutsche Unternehmen wie BASF, Lanxess und Convestro entsenden ebenfalls Lobbyist:innen nach Busan“, erläutert Moritz Jäger-Roschko, Experte für Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschutz von Greenpeace, der an den UN-Verhandlungen teilnimmt. Alle großen Firmen der deutschen Plastikindustrie finanzierten diese destruktiven Lobbyaktivitäten mit, knapp die Hälfte habe sogar eigene Lobbyist:innen zu den Verhandlungen geschickt.

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Die UN will die Plastikflut einschränken. Die zweite Verhandlungsrunde über ein weltweites Abkommen verlief jedoch schleppend. Recycling allein wird nicht reichen, es muss auch weniger produziert werden.

„Ihre Strategie - die direkt aus dem Spielbuch der Klimaverhandlungen übernommen wurde - zielt darauf ab, die finanziellen Interessen von Ländern und Unternehmen zu wahren, die ihre mit fossilen Brennstoffen erzielten Gewinne über die Gesundheit der Menschen, die Menschenrechte und die Zukunft des Planeten stellen“, warnt Delphine Levi Alvares, Global Petrochemical Campaign Manager beim CIEL. Das Mandat für diesen Vertrag sei klar: die Beendigung der Plastikverschmutzung. Immer mehr Beweise von unabhängigen Wissenschaftlern, Gemeinschaften an vorderster Front und indigenen Völkern zeigten deutlich, dass dies ohne eine Verringerung der Plastikproduktion nicht erreicht werden könne.

Weniger Plastik produzieren

Die EU und Deutschland haben sich der High-Ambition-Coalition angeschlossen, die unter anderem fordert, in Zukunft weniger Plastik zu produzieren. Auch über 900 Wissenschaftler haben einen Appell für ein umfassendes Plastikabkommen unterzeichnet. Der Appell betont, dass es nicht reiche, nur besseres Abfallmanagement zu betreiben. Stattdessen müsse Plastik zu deutlich größeren Anteilen recycelt, die Plastikproduktion reguliert und eben weniger Plastik produziert werden. Hinzu komme, dass Plastikmärkte bereits überversorgt und sinkende Gewinnspannen absehbar seien, fügt Daniela Duran Gonzalez, Senior Legal Campaigner beim CIEL hinzu.

„Die Lobby will die Plastikproduktion massiv ausbauen“, ist sich Jäger-Roschko sicher. „Damit stellen sie ihre Interessen über den Schutz von Umwelt, Klima und Gesundheit. Dabei verursacht diese Industrie die riesigen Mengen an Plastikmüll in unserer Umwelt. Die Lobby-Meute darf mit ihrem selbstsüchtigen Interesse an den Verhandlungen teilnehmen, obwohl ihre Pläne dem UN-Auftrag des Abkommens völlig widersprechen. Die Welt braucht klare Vorgaben, um die Plastikproduktion zu verringern, und ein Verbot von vermeidbarem Einwegplastik”, fordert Jäger-Roschko. Eine Forderung, die in vielen Statements von NGOs widerhallt. jb

 

02.12.2024 – Die fünfte Verhandlungsrunde des UN-Plastikabkommens ging in der Nacht zum Sonntag ohne finales Abkommen zu Ende. Eine weitere Verhandlungsrunde soll angesetzt werden. Klima- und Umweltschützer hoffen weiterhin auf verbindliche globale Ziele und Maßnahmen, um die Plastikproduktion zu senken, Einwegplastik zu verbieten, und Mehrwegquoten einzuführen.  jb

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