Bodendegradation: Wo sich Wüsten bilden
Bodengesundheit und -fruchtbarkeit nehmen weltweit ab, immer mehr Flächen trocknen aus. Auf der COP16 diskutieren die Mitglieder der UN Maßnahmen, um die Wüstenbildung zu bekämpfen. Lösungen gibt es viele, doch mehr politischer Wille muss her.
09.12.2024 – Noch bis Ende der Woche tagt die COP16 der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD) in Riad, Saudi-Arabien. Die Konferenz mit dem Motto „Unser Land. Unsere Zukunft“ zur Degeneration von Böden weltweit erhält deutlich weniger mediale Aufmerksamkeit als viele andere, ist jedoch kaum weniger wichtig.
Ein Viertel aller nicht von Eis bedeckten Landflächen gilt bereits als degradiert. Wüsten breiten sich aus und rauben der Welt fruchtbaren Boden. Bereits heute lebt jeder sechste Mensch in einem Gebiet, dessen Böden degradiert sind. Auch Europas Böden sind ausgelaugt. Laut der Europäischen Umweltagentur sind bereits über 60 Prozent der europäischen Böden durch physikalische, chemische oder biologische Prozesse degradiert. Dürren und Hitzewellen treten als Folge steigender Temperaturen immer häufiger auf und trocknen Böden besonders im Mittelmeerraum aus.
Böden trocknen aus
„Wüsten sind auf dem Vormarsch – auch in Europa“, warnt Juliane Wiesenhütter, Projektleiterin im Sektorvorhaben Internationaler Bodenschutz bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, die an der UNCCD-COP16 teilnimmt. „In Portugal, Spanien und Süditalien machen geringere Niederschläge das Land viel anfälliger. Auch Griechenland, Malta und Länder am Schwarzen Meer wie Bulgarien und Rumänien erleben, dass ihre Böden unfruchtbarer werden.“ In Deutschland sei die Hauptursache für Bodendegradierung die Versiegelung: Etwa alle halbe Stunde werde laut Umweltbundesamt ein Hektar Boden in Siedlung und Verkehrsfläche umgewandelt. „Dadurch können die Böden Wasser schlechter speichern.“
Die Gründe dafür, dass der Boden immer unfruchtbarer wird und degeneriert, sind größtenteils menschengemacht. Degradierte Böden setzen wiederum Kohlenstoff frei; der Effekt verstärkt sich selbst. Neben Versiegelung und Wetterextremen in Folge der Klimakrise ist besonders die Landwirtschaft für die schlechter werdende Bodengesundheit verantwortlich. Überweidung, intensive Bewirtschaftung, Abholzung und Überbewässerung machen den Boden anfällig für Erosion.
„Die wachsende Weltbevölkerung breitet sich aus, und mit ihr Acker- und Weideflächen, Straßen und Städte. Wenn Wälder gerodet, Böden versiegelt, Äcker falsch bewässert oder Pestizide übermäßig versprüht werden, senkt das die Bodenqualität. Böden werden so abgetragen, sie laugen aus, versalzen und versanden. Ihre wertvolle organische Masse – der Humus – nimmt ab. Der Boden kann dann seinen Job nicht richtig machen. Degradierte Böden können keine Nährstoffe für das Pflanzenwachstum mehr bereitstellen, keinen Kohlenstoff speichern, kein Wasser filtern“, erklärt Wiesenhütter.
Zum Auftakt der Konferenz veröffentlichte die UN ihren bisher umfassendsten Dürre-Atlas. Darin wird aufgezeigt, in welchen Gebieten sich Trockenheit und Wüstenbildung verstärken, was sie verstärkt und was dagegen getan werden kann.
Boden wieder fruchtbar machen
Die gute Nachricht ist, dass laut Experten zahlreiche Maßnahmen die Bodengesundheit verbessern könnten. „Um Desertifikation zu bekämpfen, sind verschiedene Ansätze notwendig, die sowohl auf praktischen als auch politischen und technologischen Lösungen basieren“, erläutert Kathleen Hermans, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien in Halle/Saale. Auf der landwirtschaftlichen Seite könnten nachhaltige Anbaumethoden, wie Agroforstwirtschaft, die Bäume mit Pflanzen kombiniert und so den Boden schützt, und der Fruchtwechsel, bei dem regelmäßig die angebauten Kulturen wechseln, helfen, die Bodengesundheit zu erhalten. Zusätzlich könnten bodenschonende Techniken wie minimaler Pflug oder Mulchen den Boden stabil halten und Erosion verhindern.
„Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Ressourcenmanagement, insbesondere der Umgang mit Wasser“, sagt Hermans. Methoden wie Tröpfchenbewässerung seien nicht nur effizienter, sondern sorgten auch dafür, dass das Wasser gezielt und nachhaltig genutzt werde. „Zudem können Aufforstung und die Renaturierung von degradiertem Land die Lebensfähigkeit der Böden wiederherstellen und die Ökosysteme stabilisieren.“
Die weniger gute Nachricht ist, dass ein politischer Rahmen geschaffen werden muss, um Maßnahmen für Bodengesundheit durchzusetzen. In der EU wurden Nachhaltigkeitsmaßnahmen im Landwirtschaftssektor zuletzt zurückgeschraubt, um protestierende Bauern zu besänftigen. Auch das EU-Mercosur-Abkommen, dass wegen Nachhaltigkeits- und Klimaschutzbedenken besonders im Landwirtschaftssektor auf Eis gelegt wurde, ist wieder auf dem Tisch. Ohne entschiedenes politisches Handeln für Bodengesundheit sieht es schlecht aus für den Boden, auf dem wir stehen. jb