Deutsche Umwelthilfe warnt: Brisanter Start für Monitoring zur Energiewende

Der von Wirtschaftsministerin Katharina Reiche angekündigte Realitätscheck der Energiewende sorgt weiter für Irritation und Kritik. Die deutsche Umwelthilfe sieht in der Auftragsbeschreibung für das EWI bereits Einflussnahme auf das Ergebnis.
01.07.2025 – Der zukünftige Strombedarf ist eine zentrale Größe für die Planung zum Ausbau Erneuerbarer Energien und der Stromnetze. Die Strombedarfs-Prognosen wichen schon in der Vergangenheit je nach Verfasser stark voneinander ab, zu viele Annahmen fließen in solche eine Rechnung ein und beeinflussen das Ergebnis. Infolgedessen wurden auch die im EEG formulierten Ausbauzahlen nicht von allen Akteuren mitgetragen.
Neuen Schwung bekam dieser Streit mit dem Regierungsantritt von Schwarz-Rot. Im Koalitionsvertrag kündigte die Koalition ein Energiewende-Monitoring an, das die Grundlage für die energiepolitische Agenda der Koalition bilden soll. Im Raum steht ein weniger ambitionierter Erneuerbaren Ausbau, aufgrund geringerer Strombedarfe und fehlendem Netzausbau.
DUH urteilt: Strombedarf soll kleingerechnet werden
Letzte Woche wurde bekannt, dass das Bundeswirtschaftsministerium den Auftrag zur Erstellung des Monitorings an das Energiewirtschaftliche Institut der Universität zu Köln (EWI) vergeben hat. Die Deutsche Umwelthilfe berichtet nun davon, dass der Auftrag so verfasst ist, dass der Stromverbrauch 2030 und damit der Ausbaubedarf für Erneuerbare Energien kleingerechnet werden soll.
Die DUH berichtet, dass ihr die Leistungsbeschreibung für den „Realtitätscheck der Energiewende“ vorliegt. Sie kommt zu dem Schluss, dass Katherina Reiche Klimaschutz, Erneuerbare Energien und Innovationen blockieren will. Demnach wurden die Studiennehmer beauftragt, den Strombedarf für 2030 und somit den Bedarf für Netzausbau und Erneuerbare Energien de facto kleinzurechnen. So sollen zur Abschätzung des Strombedarfs ausschließlich bestehende Entwicklungen analysiert werden. Wie innovative Technologien wie E-Mobilität, Rechenzentren, Speicher und Wärmepumpen sowie die Modernisierung des Wirtschaftsstandorts weiter ausgebaut werden können, spielt hingegen keine Rolle.
Nach Meinung von Sascha Müller-Kraenner, Geschäftsführer der DUH, sei die beauftragte Studie „eine Verschwendung von Zeit und Steuergeld“. Ideologische Scheuklappen hinderten Katharina Reiche daran, Innovationen in Schlüsselbereichen voranzubringen, stattdessen setze sie auf Stillstand und Stagnation.
CCS als Alternative zur Elektrifizierung
Aus der Leistungsbeschreibung werde deutlich, dass Wirtschaftsministerin Reiche den Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht der Dynamik des Marktes überlassen will: Die Studie soll Vorgaben für Wind an Land und See, Dach- und Freiflächenphotovoltaik sowie Biogas und -methan entwickeln. Die Abscheidung und Speicherung von CO2 (CCS) soll als Alternative zu Elektrifizierung betrachtet werden. Bei den Energieeffizienzzielen im Gebäudesektor sollen die Auftragnehmer von vorneherein mit einer Verfehlung rechnen. Für die Erzeugung von Wasserstoff sollen statt der Klimafolgen die Kosten maßgeblich sein, womit Wasserstoff aus fossilem Gas in Stellung gebracht wird. Unklar bleibt zudem, wie Kosten durch das Ausbremsen von Erneuerbaren eingespart werden sollen, wenn für die gesetzlichen Klimaziele ab 2030 umso schneller ausgebaut werden muss.
Aussagen von Katharina Reiche lassen Rückschlag für Energiewende befürchten
Für Aufsehen sorgte letzte Woche auch ein Interview von Katharina Reiche, das sie zum „Tag der Industrie“ des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) gegeben hatte. Darin konstatierte sie unter anderem, dass der massive Ausbau der Erneuerbaren zu einem drastischen Netzausbau geführt hat – was auch stimmt. Allerdings ist ihre daraus abgeleitete Schlussfolgerung nicht die einzige Lesart: Der Ausbau der Erneuerbaren müsse sich am Netzausbau orientieren und nicht länger umgekehrt.
Eine weitere Aussage von Reihe befremdet die Erneuerbaren Branche: „Die Verantwortung muss auch auf diejenigen (übergehen), die vom erneuerbaren System profitieren: Wir müssen über Baukostenzuschüsse sprechen. Das wird den Business-Case nochmal nach unten bringen.“ Ein Ausschnitt des Interviews ist auf LinkedIn zu finden. Sven Giegold, stellvertretender Bundesvorsitzender der Grünen und zuvor beamteter Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium und EU-Abgeordneter hat den Ausschnitt gepostet. pf
Kommentare
Juri Hertel vor 1 Woche
Betr. DUH Stellungsnahme:
"Die DUH berichtet, dass ihr die Leistungsbeschreibung für den „Realtitätscheck der Energiewende“ vorliegt. Sie kommt zu dem Schluss, dass Katherina Reiche Klimaschutz, Erneuerbare Energien und Innovationen blockieren will. Demnach wurden die Studiennehmer beauftragt, den Strombedarf für 2030 und somit den Bedarf für Netzausbau und Erneuerbare Energien de facto kleinzurechnen."
Es gibt nichts kleinzurechnen,der Strombedarf in der EU(und in ganz Europa) nimmt de facto ab.
Sehr grosszuegig betrachtet stagniert der Strombedarf - trotz stark zunehmender Elektrifizierung.
Fraunhofer hat die Statistiken dazu,peak war 2018:
https://www.energy-charts.info/charts/energy/chart.htm?l=en&c=EU&interval=year&year=-1&legendItems=ow1
Und die meist dezentrale Solarstromerzeugung nimmt zu,hier ist kein peak absehbar:
https://www.energy-charts.info/charts/energy/chart.htm?l=en&c=EU&interval=year&legendItems=pyn&year=-1
Warum also mehr Kabel?!
Absurd.